- Seit Dezember nimmt die Tafel in Essen nur noch Menschen mit deutschem Pass neu auf
- Kunden der Tafel freuen sich darüber
- Es habe viele Probleme gegeben
Essen.
Am Freitagmittag um halb eins öffnet die Tafel in Essen ihre Türen für die Bedürftigen. Viele Rentner stehen hier, warten darauf, dass die Lebensmittelausgabe losgeht. Alle gesittet in der Schlange.
Was sofort auffällt: Kein Mensch mit offensichtlichem Migrationshintergrund steht an. Die Tafel in Essen hat bekannt gegeben, dass sie nur noch Menschen mit deutschem Pass in die Kartei aufnehmen.
Doch das gilt nur für Neuanmeldungen. Wer bereits eine Karte hat, darf weiterhin zur Tafel kommen und sich seine Lebensmittel abholen.
Für die Menschen in der Schlange liegt auf der Hand: „Ja die haben sich jetzt abgesprochen. Weil das nun bekannt wurde und die Blöße wollen sie sich nicht geben hier trotzdem aufzutauchen“, erzählt eine Frau.
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Schlimme Zustände habe es teilweise vor der Lebensmittelausgabe gegeben. Der Vorsitzende der Tafel, Jörg Sartor, erzählt von Schubsereien, Gedrängel, sogar ältere Menschen seien einfach weggeschubst worden.
„Ja, genauso war es auch. Meine Frau und ich wurden auch mal weggeschubst und haben dann noch Ellbogen in die Rippen bekommen. Es ging den Leuten dann einfach nicht schnell genug. Die haben einfach keinen Anstand.“ Seinen Namen möchte der ältere Herr nicht nennen. Er muss seine mickrige Rente aufstocken, kommt seit drei Jahren – weil er muss, weil es sonst nicht zum Leben reicht.
„Und seit zwei Jahren hat sich die Stimmung hier echt geändert. Alles ist viel aggressiver geworden“, sagt der Senior.
Jeder hat ein Zeitfenster
Ob die Bedürftigen mit Migrationshintergrund es vielleicht einfach nicht besser wissen, nicht wissen, dass sie sich anstellen müssen? Dass sie denken, wer zuerst kommt, bekommt noch was?
„Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Das wird ja kommuniziert, es gibt ja bestimmte Zeitfenster, wann man dran ist. Das wissen alle.“
Da das auch die Tafel-Mitarbeiter mitbekommen haben, wurde diese Maßnahme ergiffen. Man wolle wieder ein Gleichgewicht herstellen, man wolle die Oma, die seit sieben Jahren kommt und sich nun nicht mehr traut, wieder bei sich wissen, so Sartor.
Nicht alle sind so
Für jeden Kunden der Tafel, der am Freitagmittag auf die Ausgabe der Lebensmittel wartet, ist diese Entscheidung richtig. Für manch einen tut es ihnen dann aber auch leid.
„Oft steht eine junge Mutter aus Syrien neben mir, sie hat drei Kinder, die sie versorgen muss. Ihr Mann ist tot. Sie war immer höflich, freundlich. Ich hoffe sie kommt auch weiterhin“, sagt einer der älteren Herren in der Schlange.
Dann ist es endlich 12.30 Uhr. Die ersten dürfen hineingehen. Gesittet, nacheinander.