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Essener Clubs fürchten neue Gema-Gebührenordnung

Essener Clubs fürchten neue Gema-Gebührenordnung

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Foto: WAZ FotoPool
Essener Clubbetreiber müssen sich ab 2013 der neuen Gebührenordnung der Gema beugen und einen deutlich höheren Preis zahlen. Für die rund 100 Quadratmeter Tanzfläche im Rüttenscheider „Goethebunker“ würden sich die Gebühren verdoppeln, schätzt Betreiber Carsten Wegmann.

Essen. 

Eine neue Gebührenordnung der Gema bringt Diskotheken in Nöte. Die Betreiber müssen demnach ab Januar 2012 einiges draufzahlen – vielleicht sogar schließen. Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband kritisiert die Tarifänderung. Was Essener Clubbetreiber dazu sagen, wie viel sie draufzahlen und wie sie es auffangen wollen.

Sollte der Getränkelieferant einer Diskothek so mir nichts, dir nichts seine Bierpreise erhöhen, wechselt man eben zum günstigeren Händler. Kündigt allerdings, wie jetzt geschehen, die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) kurzerhand eine neue Gebührenregelung an, hat der Clubbetreiber erst mal keine Wahl: Er zahlt – und zwar ab 2013 einen hohen Preis.

„Gema ignoriert die Argumente der Musiknutzer“

Für die rund 100 Quadratmeter Tanzfläche im Rüttenscheider „Goethebunker“ würden sich die Gebühren verdoppeln, schätzt Betreiber Carsten Wegmann. Wo er die rund 1000 Euro extra pro Quartal hernehmen soll, weiß er nicht. Fest steht: „Ich will weder die Getränke- noch die Eintrittspreise erhöhen.“ Zehn Euro Eintritt und drei fürs Bier an Samstagen – mehr wolle er dem studentischen Publikum auf keinen Fall zumuten.

Unterstützung findet Wegmann beim Deutschen Hotel und Gaststättenverband (Dehoga), der seinem Ärger über die Gema-Reform bereits öffentlich Luft machte: „Die Gema nutzt ihre Monopolstellung für diese radikale Tarifreform und ignoriert die Argumente der Musiknutzer.“

Anstieg bis zu 1400 Prozent

Dabei preist die Gema ihre neue Gebührenstruktur als besonders einfach an: Zwei Tarife sollen die bisherigen elf ersetzen, kleine Veranstaltungen so „deutlich entlastet werden“. Doch was die Veranstalter von Schützenfesten freuen dürfte, bringt Diskothekenbetreiber argen Verdruss, sie zahlen erheblich drauf – „bis zu 1400 Prozent“, schätzt der Dehoga. Nach der neuen Regelung gilt grundsätzlich: Je größer die Veranstaltung und je höher der Eintrittspreis, desto teurer wird’s für Veranstalter.

Das ist eine schlechte Nachricht für den Delta Musikpark an der Frohnhauser Straße, Essens größte Diskothek: Die müsste im Jahr 160.000 Euro mehr an Gebühren zahlen. „Das ist ein Unding“, kommentiert Geschäftsführer Roman Weiler die Summe, die er für die insgesamt 2268 relevanten Quadratmeter anhand der neuen Tariftabelle ausgerechnet hat.

Dabei werden die sechs Hallen der Großraumdiskothek je einzeln abgerechnet. „Ich habe aber keine Alternative“, schiebt er hinterher. Dass die Gema sich in ihrer Monopolstellung „so einiges erlaubt“, habe er auch nicht erst jetzt zu bemängeln. Eine „Anpassung der Gebühren um drei bis vier Prozent nach oben“ gebe es ohnehin jedes Jahr. Weiler hält ein solches Schreiben in der Hand: „Dagegen kann sich kein Clubbetreiber wehren.“ Ebenso wenig wie gegen die Mehrkosten, die ab Januar auf jede Disco zukommen.

Angebote kürzen, weniger Hallen öffnen 

Wie Weiler 160.000 Euro im Jahr auffangen will? „Ich habe noch keine Ahnung“, antwortet der 40-Jährige. Eintritts- oder Getränkepreise zu erhöhen, sei keine Option, sondern eine Milchmädchenrechnung: „Wenn ich wüsste, die Gäste verzeihen mir, dass ich statt der jetzigen fünf, sieben Euro Eintritt nehme, hätte ich das längst getan“, erklärt er.

Das Kernpublikum im Delta Musikpark, 18- bis 25-Jährige, habe „abgezähltes Geld dabei“, weiß Weiler, der die Disco am Westrand der Innenstadt seit sechs Jahren führt. Steigen die Preise, geben sie nach seiner Überzeugung nicht mehr Geld aus, sondern trinken eben weniger. Also bleibt nur: Angebote kürzen, weniger Hallen öffnen.

„Angebote kürzen? Das wäre für uns fatal“, sagt Micha Selders, Geschäftsführer des „Essence“. Der Club an der Viehofer Straße legt Wert auf Service und Show, rund 70 Mitarbeiter beschäftigt er pro Abend. Bisher zahlen Gäste keinen Eintritt, sondern Frauen 10, Männer 15 Euro Mindestverzehr, den die Gema allerdings als Eintritt bewertet.

Wie viel er künftig mehr zahlen müsse? „Ich steig da nicht mehr durch“, sagt Selders. Bei 160.000 Euro für 2000 Quadratmeter im „Delta“, wären es für die 1000 Quadratmeter „Essence“ 80.000 Euro. Ob er dann Eintritt nehmen wolle? „Preissteigerungen sind kontraproduktiv, wir leben in einer Schnäppchengesellschaft.“

Reform für Studio existenzbedrohend

Nicht kontraproduktiv, sondern existenzbedrohend sieht Andrej Buhonov, Geschäftsführer im „Studio Essen“, die Gema-Reform. Für seine 600 Quadratmeter müsse er dann das Neunfache an Gebühren zahlen. Die Preise (Eintritt zwölf, Mindestverzehr fünf Euro) mag der 28-Jährige nicht weiter erhöhen. „Wenn es soweit kommt, müssen wir über eine Schließung nachdenken. Oder über eine Klage zusammen mit anderen Clubs.“

Zwei neue Tarife sollen ab Januar 2013 gelten: Die Aufführungsgebühr als Rechenspiel: So war es bisher, und so bleibt es auch mit der neuen Gebührenstruktur, die ab Januar 2013 gelten soll. Die Vergütungen „sollen an der wirtschaftlichen Größe der Veranstaltungen ausgerichtet werden“. Tarife richten sich nach Größe des Veranstaltungsraumes (je 100 qm) und Höhe des Eintritts (je Euro). Musikaufführungen, die länger als 5 Stunden dauern, kosten 50 Prozent mehr je weitere drei Stunden. Alle Details hat die Gema auf ihrer Homepage veröffentlicht.