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Essen: Ein Leben lang im Kloster – Nonne gibt erstaunliche Einblicke: „Manchmal echt hart“

Regina Greefrath ist mit 25 Jahren ins Kloster in Essen eingetreten. DER WESTEN gewährt die Nonne Einblicke hinter die Klostermauern.

Essen Nonne Schwester Regina
© Chaleen Goehrke/ DER WESTEN

Darum hat sich Schwester Regina für ein Leben als Nonne entschieden

Niemals einen Partner und niemals Kinder haben – dazu hat sich Regina Greefrath freiwillig verpflichtet. Ihre ganze Liebe widmet sie Gott, denn die 39-Jährige ist Nonne bei den Augustiner Chorfrauen in Essen.  

Vor 14 Jahren hat Schwester Regina Maria, wie sie heute jeder nennt, diese lebensverändernde Entscheidung getroffen. Ihr Weg dahin war anders als der vieler ihrer Schwestern im Kloster. Mir hat die Nonne einen exklusiven Blick hinter die Klostermauern in Essen und in ihr Seelenleben gewährt.

Essen: DAS war der Wendepunkt

Heiraten, eine Familie gründen und einen Hund haben – so sah der Lebensplan von Regina Greefrath in ihrer Teenagerzeit auch noch aus. Doch nach einer „Ora et labora“-Woche in der Oberstufe änderte sich das langsam: „Man bekommt einen Einblick in den Alltag der Schwestern, davon kriegt man als Schüler sonst nichts mit. Und ich fand das irgendwie spannend, allerdings noch nicht mit dem Gedanken, dass ich hier mal leben würde“, verrät Schwester Regina mir.

Ein Tag im Leben von … ist der Titel unserer Reportage-Reihe bei DER WESTEN. Wir durften über einen bestimmten Zeitraum für einen Tag verschiedene Persönlichkeiten in ihrem (beruflichen) Alltag begleiten. Dabei haben wir erstaunliche Einblicke in den Job, die damit verbundenen Aufgaben, Schwierigkeiten und Chancen bekommen. Hier findest du alle Beiträge.

Deshalb entschied sie sich nach dem Abitur für ein Studium an der Uni Münster. Sie hatte die Fächer Religion und Spanisch und ging während ihrer Studienzeit für ein Jahr nach Madrid. Als sie den Jakobsweg lief, dachte sie über ihre Berufung im Leben nach und ein Wunsch reifte in der gläubigen, jungen Frau heran: „Da habe ich mir gedacht, ich könnte ein Leben als Nonne doch mal ausprobieren. Dann habe ich den Schritt gewagt und bis heute nicht bereut.“

Eine Woche im Kloster reichte für sie aus, um sich für ein Leben als Nonne zu entscheiden. Mir wurde ein Tag gewährt. Früh morgens gegen 6.45 Uhr beginnt der Tag für Schwester Regina. Zusammen mit den anderen Nonnen wird gebetet und gesungen – diesen Vorgang wiederholen sie noch fünf Mal pro Tag. Ich schaue in das kleine Gesangsbuch vor mir. Das Prozedere und die Reihenfolge sind klar festgelegt. Mir sind die Lieder nicht bekannt, somit lausche ich eine Stunde lang nur dem Gesang der Nonnen. Während der 60 Minuten fange ich nach langer Zeit mal wieder an, über Gott und seinen Platz in dieser Welt nachzudenken.

DARÜBER kann Schwester Regina nur lachen

Ich war immer gläubig, doch wäre mir nie die Idee gekommen, mein ganzes Leben Gott und der Kirche zu widmen. In meinem Kopf hatte sich ein sehr konservatives Bild einer Nonne, die den ganzen Tag betet und ansonsten in ihrem kleinen Zimmer sitzt, manifestiert. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Schwester Regina kann darüber nur lachen. „Ich finde es so faszinierend, dass viele Menschen mit einem Bild einer Nonne von vorgestern rumlaufen. Als wäre es etwas total abgefahrenes, dass Ordensleute Smartphones oder einen Fernseher haben.“


Der Werdegang einer Nonne:

  • Mehrere Stationen nötig.
  • Postulat (1 Jahr): Lernt die Ordensregel und den Alltag im Kloster näherkennen.
  • Noviziat (1-2 Jahre): Erhält ein Ordenskleid und auf Wunsch einen Ordensnamen. Intensive Auseinandersetzung mit der klösterlichen Lebensform.
  • Zeitliche Profess (3 Jahre): Nach dieser Zeit sollte sich der Glaube und die Überzeugung im Kloster leben zu wollen so sehr gefestigt haben, dass der letzte Schritt folgt.
  • Ewige Profess: Dabei gibt die Anwärterin das Versprechen ab, bis zum Tod in der Klostergemeinschaft zu bleiben.
  • Die ganzen Stationen dienen als Probezeit für die angehende Nonne, aber auch die Gemeinschaft, um zu prüfen, ob die Person wirklich für das Klosterleben gemacht ist.
  • Bei jeder Station erfolgt eine Abstimmung der Gemeinschaft. Zweidrittelmehrheit erforderlich zum „Bestehen“.

Im Gemeinschaftsraum steht ein Fernseher und auf Instagram ist Schwester Regina schon fast ein Star. Für die Augustiner Chorfrauen hat sie einen Account erstellt, auf dem sie regelmäßig Beiträge postet. Dabei gibt sie auf kreative und zum Teil humorvolle Art Einblicke in das Klosterleben. „Instagram ist wichtig, um die Nähe zu den Menschen zu haben. Da ist der Austausch einfacher und du kannst so zeigen, dass man als Nonne nicht hinter Gittern lebt und keinen Spaß hat, sondern dass es eine schöne Lebensform ist“, erklärt sie.

Ihre offene und lockere Art behält sie auch im Umgang mit ihren Schülern bei. Neben ihrem Dasein als Nonne ist Schwester Regina auch Lehrerin am BMV-Gymnasium. Direkt nach dem Gebet am Morgen geht es deshalb in die Schule. An das Gymnasium, wo sie einst selbst Schülerin war – jetzt unterrichtet die 39-Jährige in erster Linie Religion. Wenn die Schüler fragen, warum sie immer ein schwarzes Gewand trägt, zieht sie zur Erklärung gerne die Fußball-Karte. „Durch das Trikot, sei es der BVB oder der FC Köln, drückt man seine Begeisterung für die Mannschaft aus. Und ich drücke mit dem Ordenskleid eben meine Begeisterung für meinen Glauben und für Gott aus.“

Ein Leben als Nonne oder Mönch zu führen, kommt für die meisten ihrer Schüler dennoch nicht infrage. „Ich könnte mir nicht vorstellen im Kloster zu leben, weil ich mal einen Job haben möchte, bei dem ich viel Geld verdiene und mir ein großes Haus kaufen kann“, verrät der Fünftklässler Eyan mir. Die 16-Jährige Lana aus der Oberstufe überlegt, zumindest wie Schwester Regina mal eine Woche hinter die Kulissen der Klostermauern zu blicken. Dass sie dann in die Fußstapfen einer Nonne tritt, bezweifelt die Teenagerin zwar – aber das dachte Schwester Regina aus Essen in dem Alter schließlich auch noch. 

Nonne war bereits verliebt

Mit 25 Jahren trat Regina Greefrath verhältnismäßig spät ins Kloster ein. Im Gegensatz zu ihren Schwestern im Kloster war die Nonne deshalb auch schon verliebt: „Es war keine langfristige Beziehung und ich habe sie auch nicht wegen des Klosters beendet – das wäre mir auch schwergefallen. Ich finde es auch gut, dass jemand, der ins Kloster geht, weiß, worauf er verzichtet und Liebe schon mal erfahren hat.“

Ich habe nie verstanden, warum der Glaube es katholischen Geistlichen verbietet, ihre Gefühle für andere Menschen auszuleben – und tue es auch nach diesem Gespräch nicht. Dass sie sich auch heute noch verlieben könnte, will die 39-Jährige zumindest nicht ausschließen: „Im Grunde genommen ist es so, als ob ich in einer Beziehung mit einem Mann wäre. Wenn ich einen anderen sehe, muss ich ja auch sagen, dass ich schon einen Mann habe. Letztlich würde ich dann aber gucken, was für mich gut ist.“ Die Möglichkeit aus dem Kloster auch nach Ablegung der ewigen Profess noch auszutreten, sei theoretisch jederzeit möglich.


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„Ich habe jetzt aber dieses Versprechen abgegeben und habe auch vor, das zu halten. Ich würde jetzt nicht nur wegen einem gutaussehenden Mann alles hinschmeißen“, betont die verantwortungsbewusste Nonne. Gesteht jedoch: „Natürlich schließt das Klosterleben eine Familie aus und das ist auch manchmal echt hart. Aber ich sage immer: ‚Die Schwestern sind ein bisschen wie meine Familie‘.“

Was Schwester Regina am meisten vermisst

Selbstverständlich hat auch eine Nonne mal Freizeit und Urlaub. Ihre freie Zeit verbringt Schwester Regina am liebsten bei ihrer Familie oder in den Bergen – beim Wandern legt sie ihr Klostergewand auch mal ab. Eines vermisse sie jedoch: „Samstags im Schlafanzug zu frühstücken und dabei in Ruhe Zeitung zu lesen.“ Deshalb besuche sie auch an jedem freien Samstag ihre Familie, um mit ihnen am Frühstückstisch zu sitzen.

Auch wenn ich am Ende des Tages lieber Gast als Bewohner eines Klosters bin, bin ich dankbar diese Erfahrung gemacht zu haben. Ich bin beeindruckt von der lockeren und weltoffenen Art von Schwester Regina und auch etwas erschrocken von meinem eigenen stupiden Bild einer Nonne nur wenige Stunden zuvor. Ich denke mit ihrem Instagram-Account hat Schwester Regina eine gute Möglichkeit geschaffen, um eine Brücke zwischen Kloster und „Außenwelt zu schaffen. Dann werde ich sicherlich nicht die Einzige sein, die überrascht wird.