- Nach Anschlag auf Sikh-Tempel: Ermittler werten auch Videomaterial aus der Assalam-Moschee aus
- Mutmaßliche Tempelbomber sollen kurz vor Anschlag im Gebetshaus gewesen sein
- Arabisch-islamischen Moscheeverein rückt damit abermals in ein obskures Licht
Essen.
Welche Rolle spielt die Assalam-Moschee auf der Altenessener Straße 6 beim Sikh-Attentat vom 16. April? Offenbar keine gute. Denn dass sich die 16 Jahre alten Tempelbomber nach Erkenntnissen der Fahnder kurz vor dem Anschlag in dem Gebetshaus im Nordviertel aufhielten, rückt diesen arabisch-islamischen Moscheeverein abermals in ein obskures Licht.
Wie diese Zeitung erfuhr, werten die unter Hochdruck arbeitenden Ermittler auch Videomaterial aus, das von der Problem-Moschee selbst mitgeschnitten wurde. Überwachungskameras gibt’s nicht nur am Eingang der Moschee, sondern auch reichlich in ihrem Inneren: angeblich ein halbes Dutzend.
„Ein beliebter Treffpunkt für gefährliche Islamisten“
Der Essener Realschüler Mohammed B. und der Gelsenkirchener Yussuf T. sollen am Sikh-Tempel um 19 Uhr den selbstgebastelten Sprengsatz gezündet haben. Drei Menschen wurden verletzt, einer schwer.
Schon wieder die Assalam-Moschee – das ARD-Politmagazin Report München zitiert einen LKA-Beamten so: „Die Einrichtung ist eine einschlägige Adresse, ein beliebter Treffpunkt für gefährliche Islamisten.“ Schon vor einem halben Jahr hatte diese Zeitung über die auffällige Präsenz von Islamisten in der Moschee berichtet: IS-Terrorist Silvio K. etwa war einst Stammgast in dieser Moschee. Auch der ehemalige Frida-Levy-Gesamtschüler Abdullah („Miqdad“), der im März 2011 als Dschihadist nach Afghanistan ging und dort als „Märtyrer“ ums Leben kam, soll sich dort radikalisiert haben. Bei Ali Rehan, einem ehemaligen, 2009 abgeschobenen Vorbeter der Assalam-Moschee, entdeckte man nicht nur ein Abschiedsvideo von Miqdad, sondern auch El Kaida-DVDs und eine Anleitung zur Herstellung von Bomben. Die vier Mitglieder der mutmaßlichen Terrorzelle um Marco G., die sich zurzeit in einem Staatsschutzprozess in Düsseldorf für den geplanten Anschlag auf den Pro-NRW-Vorsitzenden verantworten müssen, verkehrten ebenfalls in der Assalam-Moschee. Einer von ihnen, Tayfun S. (26) aus Essen, soll sogar einen Schlüssel besessen haben. Und jetzt die beiden Sikh-Attentäter Yussuf T. und Mohammed B., ein Schüler, der sich damit brüstete, „Killer der Ungläubigen“ zu sein.
Mögliche Hintermänner
Was hatten die beiden Teenager-Terroristen wenige Stunden vor dem Sikh-Attentat in der Moschee verloren? Haben sie sich dort gar den Segen für ihre feige Tat geholt?
„Report München“ berichtet unterdessen über mögliche Hintermänner. Der eine soll in Duisburg ein Reisebüro betreiben, Imam sein und über beste Kontakte zu Salafisten in Syrien verfügen. Der Mann streitet jedoch ab, das Terror-Duo radikalisiert zu haben. Eine Duisburger Polizeisprecherin bestätigt derweil, dass der Staatsschutz wachsam sei: „Wir haben das Büro seit längerer Zeit im Blick und dort auch schon öfter Gefährderansprachen durchgeführt.“
Als zweiten Hintermann nennt Report Tolga I. (17), der aus der Nähe von Wesel stammt. Mit ihm, dem „Befehlshaber“, soll das Duo eine zwölfköpfige Whatsapp-Gruppe gebildet haben. Tolga I. werden Verbindungen zu Dinslakener IS-Dschihadisten und zur Lohberger Brigade nachgesagt.
Laut eines Bericht des Tageszeitung „Die Welt“ sollen der Whatsapp-Gruppe zeitweise bis zu acht Personen angehört haben. Dabei soll es sich mehrheitlich um minderjährige Deutsch-Türken handeln. Die Jugendlichen würden von Ermittlern als „augenscheinliche IS-Fans“ bezeichnet, schreibt die Zeitung.
Und wie steht die Kommission Islam und Moscheen in Essen (KIM) zur Assalam-Moschee, die zu den meistfrequentierten der Stadt zählt, aber mit dem Dachverband praktisch nichts am Hut hat? „Ich war noch nie dort und kenne sie nicht“, sagt der Vorsitzende Balaban auf Anfrage. „Wir wollen aber auf die Moschee zugehen und fragen, was dort los ist .“
Bundesanwaltschaft prüft Übernahme des Verfahrens
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe prüft den Angaben nach außerdem, ob sie das Ermittlungsverfahren zum Bombenanschlag von Essen übernimmt. Ein möglicher Grund für eine Übernahme von der Essener Staatsanwaltschaft könnte der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegen die Tatverdächtigen sein.
Die 16-Jährigen sollen sich in den vergangenen Monaten in sozialen Netzwerken und auch gegenüber Mitschülern mit der Terrormiliz IS solidarisiert haben. Einer der Jugendlichen befand sich bereits seit anderthalb Jahren im „Wegweiser“- Aussteigerprogramm für Salafisten des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. (mit epd)