Veröffentlicht inDuisburg

Duisburg: „Abschaum“, „komplette Opfer“ – was die Drogensucht mit dir macht

In Duisburg gibt es eine zentrale Beratungsstelle für Suchtkranke. Die Berater wissen, wie schwer es ist, aus dem Teufelskreis auszubrechen.

Duisburg Drogen Spritze Blut
© IMAGO / Emmanuele Contini

Drogenkonsum - So schlecht ist er für unsere Umwelt

Diese Auswirkungen hat die Drogenproduktion auf unsere Umwelt.

„Abschaum“, „komplette Opfer der Konsumgesellschaft“, „letztes Glied der Kette“ – so fühlen sich viele Drogenabhängige. Und so werden sie häufig auch behandelt. Wenn man selbst nicht mehr aus der Szene und aus dem Teufelskreis der Sucht herauskommt, dann hilft nur noch eines: die Suchthilfe. In Duisburg-Hamborn gibt es eine zentrale Drogenberatungsstelle.

+++ Duisburg: Obdachlosen-Hilfe geschockt – „Kann man sich nicht vorstellen“ +++

Hier können Betroffene über ihre Probleme sprechen und erhalten ganzheitliche Hilfe. DER WESTEN war im Norden von Duisburg und hat mit den Beratern und Sozialarbeitern vor Ort gesprochen.

Drogenabhängig in Duisburg: „Das Schlimmste, was einem passieren kann“

Die Drogenberatungsstelle in Hamborn an der Rathausstraße ist eine Anlaufstelle für alle, die aus dem Teufelskreis der Drogensucht rauskommen wollen. Und das ist alles andere als einfach weiß Emel Schröder. Die Sozialpädagogin und -arbeiterin und systemische Beraterin ist seit drei Jahren im Suchthilfezentrum als Drogenberaterin tätig. Drogenabhängigkeit? „Das Schlimmste, was einem passieren kann“, sagt Schröder. „Da rauszukommen ist schwierig“, stellt ihr Kollege Bastian Blömers klar. Laut dem Politologen und ausgebildeten Sozialarbeiter sei die Droge der „Lebensinhalt“ der Abhängigen.


Mehr zum Thema: Duisburg: Drogen-Problem! Experte deutlich: „Ermüdend“


Und wie sieht so eine Beratung aus? „Wir fragen erst einmal nach dem Anliegen“, klärt Blömers auf. Wobei brauchen die Menschen Unterstützung? „Und dann sagen wir, was wir anbieten können.“ Manche hätten konkrete Wünsche, andere würden einfach nur reden wollen. Wieder andere müssen unter Auflagen einmal im Quartal vorbeikommen – ob sie nun wollen oder nicht. Doch Zwang ist es nicht. „Wir haben keine Mechanismen zum Zwingen“, sagt Mustafa Arslan, Geschäftsführer des Suchthilfeverbundes. Hier sei alles nur auf freiwilliger Basis. „Der Wunsch soll schließlich auch von der Klienten-Seite kommen“, ergänzt Schröder.

Duisburg: Hier wird Suchtkranken geholfen

Im Suchthilfezentrum läuft grundsätzlich alles nach Termin. Neue Klienten können aber zur offenen Sprechstunde kommen oder auch zum Spritzentausch. Das Telefon ist täglich bis 16.00 Uhr besetzt, außer freitags, dann nur bis 13.00 Uhr. In Ausnahmefällen gibt es auch Termine nach Wunsch. Die wichtigste Regel? „Beikonsum geht nicht“, setzt Blömers voraus. Außerdem beraten die Mitarbeiter nur bei illegalen Drogen, nicht bei Alkohol. Das Angebot gilt grundsätzlich ab 21 Jahren, für Heroinabhängige aber auch darunter.

Emel Schröder und Bastian Blömers (v. links n. rechts). Foto: Suchthilfeverbund Duisburg

Die Arbeit mit Suchtkranken braucht viel Zeit und Vertrauen. Es ist „Beziehungsarbeit“ und der Erfolg schwer nachvollziehbar, so Aslan. Besonders der Respekt und die Akzeptanz der Lebenslage der Suchtkranken sei wichtig. „Sonst können wir nicht zusammenarbeiten“, stellt Blömers klar. Es gehe darum, Ziele zu definieren, Erwartungen zu sammeln und auch die komplette Familiengeschichte aufzunehmen. „Da richten wir uns ganz nach dem Klienten.“

Wieso das Suchthilfezentrum in Hamborn so wichtig ist

Das regelmäßige Erscheinen zu den Terminen sei essenziell für die Zusammenarbeit. „Das gibt denen eine Struktur, hierhin zu kommen“, aber auch „hier angenommen zu werden“, erklärt Blömers. Das Besondere an der Beratungsstelle: „Hier werden sie ohne Vorurteile empfangen“, betont Schröder. Das würden sie sonst kaum erleben – weder an den Ausgabestellen noch beim Amt und erst recht nicht im Alltag. „Man muss sich die ganze Zeit verstecken“, weiß Blömers. „Die finden Akzeptanz nur in der Szene“, schildert Arslan die Situation. Dadurch würde auch ihr Lebensraum immer kleiner.

Für alle anderen seien Drogenabhängige „das letzte Glied der Kette“, „Abschaum“ und „komplette Opfer der Kapitalgesellschaft“, zählt Blömers auf. Und genau damit müsse man sich als Beraterin erst einmal identifizieren. Und wenn sich diese Menschen dann einem gegenüber öffnen, wäre das schon ein großer Schritt.

„Das sind sensible, sehr emotionale Menschen“

Leider würden manche Klienten irgendwann einfach nicht mehr auftauchen. Das sei mitunter „frustrierend“ für die Berater, aber auch schade. „Manche Klienten hängen einem schon am Herzen“, gibt Blömers zu. Schröder kennt den häufigsten Grund für die Abgängigkeit der Klienten. Die meisten würden beichten, dass sie nicht kommen wollen, wenn sie rückfällig geworden sind. „Denen ist das peinlich, sie schämen sich dafür“, erzählt die Drogenberaterin. „Das sind sensible, sehr emotionale Menschen. Die wollen uns nicht enttäuschen.“


Mehr News:


Sie selbst sei behütet aufgewachsen und hätte immer alles gehabt, was sie brauche. Doch genau aus diesem Grund wolle sie nun anderen etwas zurückgeben. Ihr Kollege hat im privaten Umfeld zwar schon Erfahrungen mit Drogenabhängigen gesammelt, doch die Biografien der Menschen seien immer unterschiedlich. Das mache den Job als Drogenberater zu einem besonders abwechslungsreichen. Und er bekäme auch immer etwas zurück von den Klienten. „Die Resonanz macht mich glücklich.“