Dortmund.
Große Corona-Sorgen in Dortmund.
Die Pandemie hat Deutschland weiter im Griff, wenngleich die Inzidenzen vielerorts sinken. Denkt man aber an den Frühling 2020 zurück, an die allererste Corona-Welle samt politisch verordnetem Lockdown, graut es einem noch immer. Neben der Furcht vor der damals unbekannten Infektionskrankheit haben vor allem Bilder von geschlossenen Schulen, Kitas und Spielplätzen das Pandemie-Geschehen symbolisch geprägt.
Plötzlich mussten Eltern von zuhause aus arbeiten, nebenbei die Kinder unterrichten. Viele Menschen in Dortmund und überall sind schnell an ihre Grenzen gestoßen. Besonders prekär ist die Situation für Familien aus bildungsfernen Schichten sowie neu zugewanderte Familien, die wenig bis gar keine Deutsch-Kenntnisse vorweisen. Jetzt warnt eine Elternverein-Vorsitzende aus Dortmund: Diese Kinder hätten besonders gelitten, sogar viele Monate, wenn nicht Jahre in ihrer Entwicklung verloren!
Dortmund: Zweifach-Mutter schlägt Corona-Alarm
Die „Föderation Türkischer Elternvereine“ ist 1999 gegründet worden, hat sich aus Bedürfnissen türkischstämmiger Eltern entwickelt, die damals Sprachprobleme hatten und das deutsche Schulsystem nicht verstanden. Inzwischen sind rund 50 Vereine unter dem Dach der „Föderation Türkischer Elternvereine in NRW“ (FÖTEV NRW) organisiert, in der sich Eltern gegenseitig unterstützen und austauschen. In Deutschland gibt es u.a. auch spanische und russische Elternvereine, die Türken stellen also keine Ausnahme dar.
Dr. Aysun Aydemir (53) ist NRW-Landesvorsitzende des Verbands, kennt zahlreiche Eltern persönlich, ist selbst Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Sie erinnert sich an die Ängste, die ausländische Eltern zu Beginn der Corona-Pandemie hatten. Aydemir zu DER WESTEN: „Es gab wenig Wissen über Corona, die Kitas und Schulen waren geschlossen, die Hygienemaßnahmen und die Maskenpflicht sind eingeführt worden – ich glaube, da hatten generell sehr viele Menschen Angst. Das hat sich schnell auf die Kinder übertragen, die das Ganze einfach nicht verstehen konnten. Plötzlich durften sie nicht mehr ihre Freunde treffen, die Sportvereine wurden geschlossen, der gewohnte Besuch von Großeltern, von Onkel und Tante fiel weg.“
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Das ist die Stadt Dortmund:
- wurde 880 erstmals schriftlich erwähnt (als ‚Throtmanni‘)
- hat 588.250 Einwohner (Stand: Dezember 2019) und ist damit die neuntgrößte Stadt Deutschlands
- nach Fläche und Einwohnerzahl die größte Stadt im Ruhrgebiet
- der Signal-Iduna-Park (Heimstadion von Borussia Dortmund) ist mit über 81.000 Plätzen das größte Fußballstadion Deutschlands
- weitere Sehenswürdigkeiten: Westfalenpark, Dortmunder U, Deutsches Fußballmuseum
- Oberbürgermeister ist Thomas Westphal (SPD)
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Dortmund: Ausländische Familien hätten laut Elternvertreterin besonders gelitten
Eine Besonderheit bei ausländischen Eltern sei die vergleichsweise hohe Kinderanzahl, so Aydemir: „Natürlich gilt das nicht für alle. Aber im Schnitt haben Eltern, die nach Deutschland eingewandert sind, mehrere Kinder. Dazu sind ihre Wohnungen vergleichsweise klein, das hängt mit ihren Berufen und dem Einkommen zusammen. Dadurch, dass dann plötzlich drei oder mehr Kinder den ganzen Tag zuhause sitzen, ist die Belastung groß geworden. Wenn beide Elternteile berufstätig oder schlicht nicht in der Lage sind, aus dem Home-Office zu arbeiten, wird ganz schnell die Schmerzgrenze erreicht. Zudem sind die Deutschkenntnisse grundsätzlich weniger ausgeprägt. Das sind gravierende Mängel.“
Erschwerend ist dann auch noch hinzugekommen, dass sich im Laufe der Pandemie Regeln und Auflagen (bis heute) relativ oft ändern, viele Eltern die Beschlüsse gar nicht mitbekommen und so nicht umsetzen können. Die 53-Jährige nennt ein Beispiel: „Wie oft haben sich schon die Testverfahren für Schüler geändert? Das Elternhaus ist überlastet, wenn heute Ali mit einem positiven Coronatest kommt und in drei Wochen dann Ayşe.“
Dortmund: Wichtiger Appell an Eltern! „Kindern mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen“
Gerade Kinder mit Migrationshintergrund, die im Sommer 2020 eingeschult worden sind, hätten zumindest bis heute fast zwei ganze Schuljahre verloren. Die Eltern-Vertreterin erklärt: „In Dortmund gibt es beispielsweise viele Kinder, deren Eltern aus Rumänien oder Bulgarien kommen. Diese Kinder haben zwar mehr oder weniger die Kita besucht, das aber meist nicht so lange, dass sie gut Deutsch sprechen. Mit der Einschulung und des erneuten Lockdown folgte dann die nächste Stufe, sie konnten sich nicht mehr mit Gleichaltrigen unterhalten und voneinander lernen. Der fehlende Austausch unter den Kindern war alles andere als förderlich für ihre Entwicklung, diese verlorene Zeit könnte ihnen bis heute und auch noch später Probleme bereiten.“
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Letztlich hat sie einen Rat an alle betroffenen Eltern: „Die körperliche und seelische Gesundheit der Kinder ist das Wichtigste. Eltern sollen ihren Kindern mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Sie sollen wissen, dass Mama und Papa hinter ihnen stehen. Mehr Verständnis bei Fehlern der Kinder und mehr Zuneigung und Liebe ihnen gegenüber zeigen. Denn gerade in Krisenzeiten waren und sind Eltern eine immense Stütze für ihre Kinder. Es gilt, den Kindern und Jugendlichen Mut zu machen, damit sie hoffnungsvoll in die Zukunft blicken und sich bestens entwickeln können.“
Es bleibt zu hoffen, dass die Kinder niemals wieder eine ähnliche Zeit erleben brauchen…