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Anpacken statt Ärgern – Wie Dortmunds Nordstadt schöner werden soll

Anpacken statt Ärgern – damit die Nordstadt schöner wird

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Foto: WAZ FotoPool

Dortmund. 

Nein, sie will es nicht hinnehmen, dass ihr Viertel verdreckt und vermüllt. Edeltraut Pohl lebt seit 53 Jahren im Brunnenstraßenviertel, in der Gronaustraße, direkt gegenüber dem Bahndamm. Der verkam immer mehr zu einer wilden Müllkippe.

Viele Nationen helfen

„Die Leute kamen mit dem Auto und schmissen ihr Wohnzimmer hin“, beobachtete die 75jährige, „und die Bahn machte nicht sauber“. Edeltraut Pohl schlug vor, ein Stück des Bahndamms in Eigenregie zu begrünen, in der Hoffnung, dass dann dort weniger Abfall hingeworfen wird. Über das Quartiersmanagement bekam sie von der Stadt 400 Euro für Pflanzen. Gemeinsam mit zwei Helfern aus ihrem Haus machte sie sich ans Werk.

Das war im Jahr 2006 . Jetzt kümmert sich Edeltraut Pohl um die vielen Baumscheiben im Viertel. 94 eingefasste Bereiche um Baumstämme am Straßenrand gibt es. Weil die Stadt kein Geld für die Pflege mehr hat, verkamen viele zu Hundeklos. „Vielen Leuten ist es anscheinend egal, wie es vor ihrer Haustür aussieht“, glaubt Edeltraut Pohl. Ihr nicht.

Halbherzigkeit geht gar nicht

Im vorigen Jahr suchte sie sich ein paar Mitstreiter und fing mit Genehmigung der Stadt an, Baumscheiben zu bepflanzen. Unterstützung bekam sie von der EDG und dem Tiefbauamt. Bei der Aktion mitmachen wollten viele Anwohner, aber dann kam oft direkt die Frage „Was kriege ich dafür“, ärgert sich die energische 75-Jährige. Diese Halbherzigkeit kann sie gar nicht leiden.

Das Wichtigste sei aber, dass die Leute dabei blieben und sich weiterhin um „ihre“ Baumscheibe kümmerten, auch wenn Pflanzen herausgerissen würden und immer wieder Müll darin liege. Eine ganze Menge Idealismus und Kampfgeist gehört eben dazu. Vor kurzem wurden wieder Baumscheiben bepflanzt. 22 Baumpaten pflegen 26 Baumscheiben. Die Paten haben viele Nationalitäten. Darunter sind neben Deutschen Türken, Portugiesen und Roma ungarischer Herkunft – eine Vielfalt, die die Bewohner der Nordstadt widerspiegelt.

In der Nordstadt ist nicht alles schlecht

Wer mit Edeltraut Pohl durchs Viertel geht, merkt, wie sehr es ihr am Herzen liegt. Zu vielen der Häuser erzählt sie Geschichten und regt sich auf über Hausbesitzer, die ihre Immobilie nicht in Schuss halten und marode Wohnungen an Menschen in Not vermieten. Es ärgert sie, wenn ein Haus aufwändig saniert und dann nicht an Platz für Mülltonnen gedacht wurde, die auf dem Bürgersteig überquellen.

Was die streitbare Rentnerin auch stört, ist das schlechte Image der Nordstadt: „Bei uns leben auch ganz normale Leute, es werden weniger Autos zerkratzt als im Kreuzviertel. Es gibt viel Grün, den Hoeschpark und den Nordmarkt.“ In der Nordstadt sei nicht alles schlecht, auch wenn viele glauben, hier dürfte man alles tun. Dealer vor der Haustür hat Edeltraut Pohl mit Hilfe der Polizei erfolgreich vertrieben. „Ich lasse mir das nicht bieten“, meint die 75-jährige. Manchmal ist sie vom ständigen Kampf auch müde: „Wenn wir hier nicht das Haus hätten, vielleicht wären wir dann doch schon weggezogen.“