Veröffentlicht inFussball

Der liebste Gegner der Deutschen

Der liebste Gegner der Deutschen

niederlande deutschland 1990.jpg
Beim Zusammentreffen der deutschen und der niederländischen Fußballnationalmannschaft kam es häufig zu brisanten Duellen die Geschichte schrieben. Meistens mit einem guten Ende für die Deutschen. Ein Rückblick.

1974 – wir waren die Besten: Wenn einer mit diesem Buchtitel einen Bestseller landet, dann muss vor 37 Jahren eine Menge geschehen sein. Ist es auch: Holland erlebte ein nationales Trauma. Und die Schuldigen waren wieder einmal die Deutschen.

Auke Kok heißt der Schriftsteller, der die Geschichte des WM-Finales von 1974 aufgearbeitet hat. Das 1:2 gegen Deutschland ist in Holland wohl nie richtig verwunden worden: „Sie glaubten, sich an den Kindern der deutschen Besatzer rächen zu müssen“, schrieb Kok. So waren die Zeiten: Während die nationalen Eigenarten heute zum Glück nur noch als Folklore taugen, waren Krieg und Besatzung damals bei vielen Nachbarn nicht vergessen.

Der Rest ist Fußball-Legende: Holland und der ungekrönte König Johan spielten den besten Fußball, scheiterten im Finale aber an der eigenen Überheblichkeit und den verflixten Deutschen. Weil, wie immer, Gerd Müller traf. Der Bomber der Nation. Ausgerechnet. Armes Holland.

1980 kam es bei der Europameisterschaft in Italien schon in der Gruppe zum Duell der Nachbarn. Zwei deutsche Fußballer spielten dabei die Hauptrollen.

Der eine hieß Klaus Allofs. Der Stürmer hatte einen Sahnetag erwischt und traf gleich dreimal – nach 66 Minuten schienen die Niederländer erledigt zu sein. Diese Annahme veranlasste Bundestrainer Jupp Derwall dazu, in der 73. Minuten einen Debütanten namens Lothar Matthäus einzusetzen. Sechs Minuten später verursachte der junge Heißsporn aus Mönchengladbach einen Foulelfmeter, am Ende waren die Deutschen froh, einen 3:2-Sieg über die Zeit gerettet zu haben. Und wenige Tage später mussten die Niederländer erneut zuschauen, wie die Deutschen einen Titel gewannen.

Lothar Matthäus hat der kleine Aussetzer von damals schließlich auch nicht geschadet. Tatsächliche Peinlichkeiten leistete er sich erst später. Ohne Ball.

1988 war das Jahr, in dem die deutsch-niederländische Fußballrivalität ausartete. Dabei spielte ein deutsches Nationaltrikot eine nicht unwesentliche Rolle.

Ronald Koeman, rustikales Abwehr-Ass des Oranje-Teams, hatte nach dem EM-Halbfinale von Hamburg beim üblichen Tausch das Trikot von Olaf Thon bekommen – und wischte sich damit demonstrativ das Hinterteil ab. Der seit 1974 tief sitzende Frust hatte sich auf hässliche Art entladen.

Dabei hätten die Niederländer rein fußballerisch eine solche Entgleisung nicht nötig gehabt. Ein traumhaft starkes Team um Ruud Gullit, Marco van Basten und Frank Rijkaard zauberte sich in Deutschland endlich zu einem großen Titel, der 2:1-Halbfinalsieg über Gastgeber Deutschland war der dramaturgische Höhepunkt einer überragenden Turnierleistung.

Ausgerechnet die letztlich gescheiterten Stars von 1974 hatten ihre Nachfolger gereizt und damit angetrieben. „Sie haben uns lächerlich gemacht“, erzählte Torhüter Hans van Breukelen. „Sie nannten uns die Patat-Generation. Die Jungs, die nur an der Pommesbude rumhängen.“

1990 war ein WM-Jahr – es war also im Grunde traditionell vorher klar, dass Deutschland das Achtelfinale von Mailand gegen die Niederlande nicht verlieren konnte. Und obwohl er das doch hätte wissen müssen, hatte wieder ein niederländischer Profi seine Nerven nicht im Griff. Frank Rijkaard befeuchtete die Tante-Käthe-Frisur von Rudi Völler mit seinem Speichel – den größten Skandal aber löste danach der argentinische Schiedsrichter Juan Loustau aus, als er auch Völler vom Platz stellte. Den frei geworden Raum nutzte dann Völlers Sturmpartner Jürgen Klinsmann, der das Spiel seines Lebens machte – am Ende triumphierten die Deutschen mit 2:1, und Weltmeister wurden sie auch noch. Rudi Völler hat sich danach noch oft die Haare gewaschen, Frank Rijkaards Spucke wurde er dennoch nicht mehr los.

Übrigens: Was macht ein niederländischer Fußball-Fan, wenn seine Nationalelf Weltmeister geworden ist? Er schaltet die Spielkonsole ab und geht schlafen.