Veröffentlicht inBVB

Michael Meier: „Wir haben mit dem BVB Großes erreicht“

Michael Meier: „Wir haben mit dem BVB Großes erreicht“

Meier BVB Borussia Dortmund.jpg
Foto: Andreas Mangen
  • Michael Meier zeigt sich bis heute wehmütig
  • Er möchte nicht nur an der Beinahe-Insolvenz gemessen werden
  • Heute arbeitet er als Berater in der Finanzbranche

Dortmund. 

Um Michael Meier ist es ruhig geworden, seit er im Jahr 2010 beim 1. FC Köln aufhörte. Zurückgezogen aber hat sich der 67-Jährige nicht.

Der Mann, der 1997 als Manager maßgeblich mitverantwortlich für Borussia Dortmunds Champions-League-Triumph war, zieht heute eher im Hintergrund Strippen.

Meier bist heute wehmütig

Beim Interview in einem Dortmunder Hotel erzählt er gern von jener erfolgreichen Zeit. Aber er verbirgt auch seine Wehmut nicht. Denn für ihn persönlich wirkt sein erzwungener Abschied vom BVB nach der Finanzmisere von 2005 bis heute nach.

Gab es beim Champions-League-Sieg von 1997 etwas, das sie nachhaltig beeindruckt hat?

Michael Meier: Die Euphorie im Ruhrgebiet. Schalke hatte den Uefa-Cup gewonnen, der VfL Bochum den Uefa-Cup erreicht – in dieser Zeit entstand durch den Fußball ein Geist des Zusammenhalts, die Region hatte ja auch durch eine hohe Arbeitslosenquote an Selbstbewusstsein verloren.

Ich habe selten so viel Rührung erlebt wie damals, als sich fremde Leute bei mir dafür bedankten, dass wir das hinbekommen hatten. Schon ’95 und ’96 hatten wir bewiesen, dass man mit einer Ruhrgebietsmannschaft Deutscher Meister werden kann.

Mehrere Trainer hatten mir vorher versichert, dass das unmöglich wäre. Und dann kamen immer mehr große Spieler zu uns, und die identifizierten sich auch noch mit dem BVB und mit der Region. Leute, die die Mentalität des Ruhrgebiets nicht kennen, haben das nie verstanden.

Als wir Kalle Riedle verpflichtet haben, wurde ein Fan im Fernsehen gefragt, ob so ein teures Geschäft zu dieser Stadt passt. Er sagte: Ich bin mit Riedle arbeitslos und ohne Riedle arbeitslos – dann lieber mit Riedle.

Quiz: Welcher BVB-Star vom Champions League Finale 1997 bist du?

Der 3:1-Finalsieg gegen Juventus Turin übertünchte damals viele Probleme. In der Bundesliga hatte der BVB als Meister neunmal verloren und landete auf Platz drei. Die Mannschaft war an ihre Grenzen gegangen.

Michael Meier: Die Abwertung eines dritten Tabellenplatzes ist aber auch nur vor dem Hintergrund zweier Meisterschaften in den Vorjahren zu entschuldigen.

Man muss allerdings auch klar sagen: Die damalige Mannschaft hatte einen roten Faden, sie wollte Titel holen. Viele Spieler waren schon älter, die wollten ihre Karriere unbedingt krönen. Aufs Wesentliche konnten die sich fokussieren.

Es rumorte auch im Verein, Ottmar Hitzfeld war als Trainer in Teilen der Führung und in der Mannschaft umstritten. Die Süddeutsche Zeitung schrieb damals vor dem Finale: Zum größten Spiel des Jahres kommen etliche Beteiligte in Trauerkleidung.

Michael Meier: Es gab Abnutzungserscheinungen, das ist unbestritten. Ich vergleiche das mit dem letzten Jahr von Jürgen Klopp beim BVB. Man sieht aber auch rückblickend, wie professionell damals mit der Situation umgegangen wurde.

Das war Ottmars Stärke: Er konnte die Mannschaft perfekt auf so ein wichtiges Spiel einstellen und alles andere ausblenden. Daran, dass er damals im Finale Feiersinger auf die Tribüne setzte und Sammer spielen ließ, erkennt man, wie er seinen Beruf als Fußballlehrer interpretiert hat.

Sein Motto war: Ich muss das tun, was für den Erfolg der Mannschaft am wichtigsten ist. Auch wenn ihm manche Entscheidung in der Seele wehtat.

War die Mannschaft zum Erfolg verpflichtet, weil sie zu teuer war?

Michael Meier: Ja, es war eine teure Mannschaft. Aber Qualität kostet, wir waren ambitioniert und wollten nach vorne. Die Mannschaft von 1997 war nicht vorfinanziert, sondern sie hat das Geld auch wieder eingespielt. Stars wie Sammer, Kohler, Cesar, Reuter, Möller, Sousa, Chapuisat und Riedle hatten einen großen Gegenwert.

Und es war damals finanziell machbar, Topspieler aus Italien zu holen. Für die Bundesliga und Dortmund war das eine neue Dimension.

Wirtschaftlich kam der große Knall ein paar Jahre später. Nachdem unter größten Anstrengungen die Insolvenz des BVB abgewendet wurde, mussten Sie im Sommer 2005 gehen.

Michael Meier: Ich spreche nur ungern darüber. Nicht, weil ich etwas zu verbergen hätte, sondern weil die erfolgreiche Zeit zuvor oft völlig außen vor bleibt. Ich werde vor allem mit der so genannten Beinahe-Insolvenz in Verbindung gebracht. Schon den Begriff finde ich diskreditierend.

Beinahe insolvent waren im Laufe der Jahre schon viele Bundesligisten. Außerdem möchte ich betonen, dass ich als damaliger Geschäftsführer den Sanierungsprozess initiiert hatte und bis zum 30. Juni 2005 an der Sanierung von Borussia Dortmund noch entscheidend beteiligt war.

Es schmerzt Sie offenbar, an diese Zeit zu denken.

Michael Meier: Bin ich überempfindlich, weil man von dem Bild von Michael Meier oft nur eine Facette sehen will? Es geht selten um das, was wir geschaffen haben. Wir wollten Großes erreichen, wir haben Großes erreicht.

Als ich im November 1989 in Dortmund anfing, stand der BVB im unteren Drittel der Liga und war finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wir waren dann der erste Verein, der von der Kommune ein Stadion übernommen und es in Eigenregie ausgebaut hat – von der britischen Times ist es als bestes Stadion der Welt prämiert worden.

Wir haben mit Ausgliederung und Börsengang Strukturen in den Verein gebracht, mit denen wir Trendsetter waren und die dem BVB bis heute mehrere enorm wichtige Kapitalmaßnahmen ermöglicht haben. Ganz nebenbei wurde der BVB in dieser Zeit dreimal Deutscher Meister und gewann die Champions League und den Weltpokal.

Und dann werden alle Erfolge nicht anerkannt, und du wirst auf nur einen Punkt in all den Jahren reduziert. Aber das kann ich leider nicht mehr ändern. Wenn du das Mikro nicht mehr in der Hand hast, hast du auch kein Echo mehr.

Vor Ihrem Abschied 2005 haben Sie gesagt: „Das letzte Jahr war die Hölle – dass man versucht hat, Präsident Gerd Niebaum und mich zu kriminalisieren, war eine neue Dimension.“

Michael Meier: Ein profilsüchtiger Anwalt aus München hat uns angeklagt, von Bilanzfälschung bis Kursmanipulation war alles dabei, was das Gesetzbuch so hergab.

Zuerst habe ich das gar nicht so ernst genommen, aber dann rief ein Freund an und sagte: „Es läuft eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft – von diesem Moment an ändert sich dein Leben.“

Der Freund hatte Recht, es haben sich Menschen von mir abgewendet. Dabei wurde das ganze Verfahren begraben, das war ein Witz. Aber all diese Dinge blieben hängen. Als Fans gefordert haben „Wenn der Vertrag mit Meier verlängert wird, sperren wir die B1“, war für mich eine rote Linie überschritten.

Was machen Sie heute?

Michael Meier: Ich arbeite mit einer Bank zusammen, dabei geht es um Finanzierungen im Fußball. Die Bank hat mich angesprochen – mich, den Mann mit der Beinahe-Insolvenz (lacht).

Ich bin vor allem im Ausland beschäftigt und noch mal als Kaufmann gefordert, das macht einen Riesenspaß.

Aber Sie sind auch als Berater in der Fußballbranche tätig?

Michael Meier: Ja, ich bin Personalberater. Ich wollte das zuerst nicht, aber mich hat jemand überzeugt, der mir gesagt hat: Du hast in deinem Leben so viele Teams zusammengestellt – wenn du das nicht kannst, wer dann?

Ich sehe mich vor allem als jemand, mit dem sich Trainer, Vorstand oder Manager austauschen können. Ich denke, es ist wichtig für Leute, die früher kurze Hosen getragen haben und jetzt lange tragen, dass sie einen ungebundenen Ansprechpartner außerhalb ihres Vereins haben.

Es hat sich herumgesprochen, dass man mich kontaktieren kann, wenn Bedarf besteht. Ich bin noch stärker vernetzt als in meiner aktiven Zeit, das hätte ich selbst nicht gedacht. Dadurch bin ich noch in dem mir lieb gewordenen Geschäft, ohne mich mit den Alltagsfragen im Detail befassen zu müssen.

Mit wem arbeiten Sie zusammen?

Michael Meier: Das möchte ich Ihnen nicht verraten. In diesem Geschäft ist aus meiner Sicht Diskretion wichtig. Das schützt beide Partner. Nach meinem Empfinden gehört sich das so.

Beratung ist etwas sehr Persönliches, weil man mit seinem Klienten sehr offen und ehrlich sprechen muss. Manchmal muss man auch unangenehme Dinge sagen, wenn es der Sache dient.

Weitere Themen rund um den BVB:

Beginnt jetzt der Wechsel-Poker um Tuchel? Dieser Klub hat angeblich schon angeklopft beim BVB

Thomas Müller macht Borussia Dortmund eine klare Ansage – findet aber auch Grund für Lob

„You’ll never walk alone“: Diese BVB-Fußballlegenden kannst du heute Abend bei der Premiere in der Essener Lichtburg treffen