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BVB engagiert offenbar ungeprüfte Ordner für 30 Euro

BVB engagiert offenbar ungeprüfte Ordner für 30 Euro

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Foto: Franz Luthe/WR
30 Euro auf die Hand und fertig: Der BVB setzt offenbar systematisch auf Billig-Sicherheitskräfte, die auch mal erst kurz vor dem Spiel rekrutiert werden. Mindestlohn, Schulungen, polizeiliche Führungszeugnisse? Alles Fehlanzeige. In der Reportage „Sport Inside“ deckte der WDR die Verstöße auf.

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Wenn ein Verein Ordner für die Sicherheit im eigenen Stadion einstellt, hat er gewisse Auflagen zu erfüllen. Auflagen der DFL und Gesetze des deutschen Staates. Anwärter auf einen Ordner-Job müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, eine Sozialversicherungsnummer abgeben und entsprechend geschult werden – mindestens zehn Ausbildungs-Stunden. Und man muss den vereinbarten Mindestlohn zahlen. Die Realität sieht zumindest bei Borussia Dortmund anders aus.

Die „Sport-Inside“-Journalisten des WDR schickten nur wenige Stunden vor Beginn des Schlagerspiels des BVB gegen Bayern München die Versuchsperson „Julian“ vor das Stadion. Kurze Zeit später wurde er von außen als Teil der Einlass-Kontrolleure gefilmt. „Julian“ war weder durchsucht worden, noch konnte er Vorkenntnisse im Sicherheitsdienst vorweisen. Er sollte nur nach vier Stunden einen Personalfragebogen ausfüllen, bekam nach Ende des Dienstes 30 Euro in die Hand gedrückt und wurde für das Champions-League-Spiel gegen den SSC Neapel wieder eingeladen, mitzuarbeiten.

Bis zu 750 Billig-Sicherheitsleute

WDR-Vorabrecherchen unter den Sicherheitsleuten der Borussia ergaben, dass ein solcher Fall keine Seltenheit im Signal-Iduna-Park ist. Bis zu 750 schlecht bis nicht ausgebildete Personen können nach den Ergebnissen der Reportage sofort eingestellt werden – entgegen DFL-Lizenzierungsverfahren und deutschen Gesetzen, denn den vereinbarten Mindestlohn von 8,23 Euro erhalten die Billig-Sicherheitsleute nicht.

Der Grund dafür ist einfach: Anstatt einen teuren, aber professionellen Sicherheitsdienst anzuheuern, der Ordner für 15 Euro in der Stunde stellt, zahlt der BVB fünf Euro pro Stunde und 1,50 Euro Lohnnebenkosten. Insgesamt spart der Stadionbetreiber damit rund 743.000 Euro pro Saison. Und lässt Leute sein Sicherheitskonzept ausführen, die man möglicherweise nicht im Stadion haben möchte. Der einfachste Weg, ohne Ticket in die Arena zu gelangen.

„Damit kommen Leute ins Stadion, die wir da nicht haben möchten“

Hier setzt auch die Kritik von NRW-Innenminister Ralf Jäger an: „Damit kommen solche Leute ins Stadion, die wir da gar nicht haben möchten“, gibt er vor den Kameras der Reporter zu Protokoll. Auch ein Sprecher der Polizei zeigte sich entsetzt und vermutet, dass diese Praxis an jedem Spieltag so gehandhabt wird.

Christian Hockenjos ist Geschäftsführer der Dortmunder Stadion Gmbh. „Das ist ein Problem. Dagegen müssen wir etwas tun“, sagt er „Sport Inside“. Von der Einstellungspraxis für die Sicherheitsleute in seinem Stadion gibt er vor, nichts zu wissen. Für das Gehalt der Ordner übernimmt er allerdings die volle Verantwortung. Nur für die Angestellten von Sicherheitsfirmen gelte der Mindestlohn, sagt er und erntet Widerspruch der Dienstleister-Gewerkschaft Verdi. Der BVB müsse auch für die eigens angestellten Sicherheitsleute den Mindestlohn zahlen, der Tarifvertrag gelte für alle.

Sicherheitsleute werden auch an Bayer Leverkusen abgegeben

Das bestätigt sich vor allem dadurch, dass die Borussia die eigenen Sicherheitsleute auch an Bundesliga-Konkurrent Bayer Leverkusen abgibt. Filmaufnahmen von „Sport-Inside“ bestätigen das.

Hockenjos verspricht gegen Ende des Films, zu reagieren. Zumindest in Teilen tat der BVB das dann auch. Für Januar sind gleich zwei Schulungen für die Sicherheitsleute im Dortmunder Stadion angekündigt.

Die Dokumentation legt mit den Ergebnissen der Recherche zudem den Finger in eine noch nicht ganz alte Wunde. Im letzten Jahr wurden Vorwürfe laut, der BVB beschäftige zum Teil rechtsradikale Ordnungskräfte. Und auch wenn man dem Verein nicht den Willen absprechen kann, derlei Personen aus dem Stadion zu verbannen, bleibt dennoch die Frage, ob die im Film beschriebene Praxis der richtige Weg zu diesem Ziel ist.