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Wenn Familien kein Geld für den Urlaub haben

Wenn Familien kein Geld für den Urlaub haben

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Zum Themendienst-Bericht von Denise Peikert vom 26. Mai 2017: Für Kinder ist ab und zu eine Woche Urlaub sehr wichtig - besonders, wenn sie aus schwierigen Verhältnissen kommen. Foto: Bader-Butowski/Westend61/dpa-tmn
Viele Familien können sich keinen Urlaub mit ihren Kindern leisten. Angebote gemeinnütziger Vereine können den Eltern und ihren Kindern helfen.

Berlin. 

Als die Mutter in einem Internetforum um Rat fragte, hatte sie sich günstige Reisetipps erwartet. Eine Woche lang wollte sie mit ihrer Familie wegfahren, Geld gab es allerdings kaum. Statt der erhofften Tipps bekam die Frau erst einmal eine Standpauke. „Ein Urlaub für vier Personen kostet nun mal Geld“, schrieb ihr eine Forumsnutzerin, und dass man besser zu Hause bleiben solle, wenn die Kasse leer sei.

Solche Reaktionen kennt auch Claudia Keul vom Deutschen Kinderhilfswerk. Sie kümmert sich bei der Organisation um geförderte Ferienfahrten für bedürftige Kinder. Wie viele mitfahren können, hängt davon ab, wie viele Spenden es gibt. Meistens kann das Kinderhilfswerk im Sommer zwischen 100 und 300 Kinder in die Ferien schicken, und meistens kommen die Spenden von Unternehmen. „Privatpersonen sind oft der Meinung, dass es Wichtigeres gebe als Urlaub“, sagt Keul.

Kinder müssen sich erholen

Dabei ist die eine Woche im Jahr, die Kinder mit dem Geld des Hilfswerk in die Ferien fahren können, alles andere als Luxus. „Die Kinder müssen sich auch einmal erholen“, sagt Keul. Das gilt ihren Worten nach erst recht, wenn sie in schwierigen Verhältnissen aufwachsen und zu Hause ständig die Sorgen der Eltern mitbekommen. Und gerade die Älteren aus Familien mit vielen Kindern hätten kaum Zeit für sich. „Die müssen das ganze Jahr lang mithelfen und auf die jüngeren Geschwister aufpassen“, sagt Keul. „Für sie ist das die einzige Zeit im Jahr, in der sie sich einmal erholen können.

Bedürftige Familien können die geförderten Reisen für ihre Kinder nicht selbst beim Kinderhilfswerk beantragen. Das Geld, meistens zwischen 100 und 150 Euro pro Kind, bekommen Vereine, die sich darum bewerben. „Welcher Verein in der Region solche Ferienfahrten organisiert, wissen die Jugendämter am besten“, erläutert Keul. Mitfahren können nicht nur Kinder von Eltern, die von Hartz IV leben. Neben Alleinerziehenden werden Keul zufolge auch Eltern unterstützt, die besonders viele Kinder haben.

Selbstversorgung

Neben den Ferienfahrten des Kinderhilfswerks gibt es in Deutschland rund 90 gemeinnützige Familienferienstätten, die erschwinglichen Urlaub für die ganze Familie anbieten. Die Feriencamps werden beispielsweise von Kirchen und Sozialverbänden gefördert und bieten je nach Lage und Ausstattung verschiedene Freizeitaktivitäten an.

Familien können sich in den Ferienstätten selbst versorgen, es gibt aber auch Modelle mit Halb- oder Vollpensionen. Die Preise sind niedrig – und besonders Bedürftige können außerdem staatliche Zuschüsse beantragen.

Unterschiede beim Bundesland

Wer das Geld bekommt und wie viel, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. So gibt es zum Beispiel in Berlin für Menschen mit geringem Einkommen zwischen 50 Cent und zehn Euro pro Ferientag und Person sowie einen Fahrgeld-Zuschuss. Familien können sich auf der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung über die Regeln in ihrem Bundesland informieren. Sie finden dort auch die Adressen der Ämter, an die die Anträge gerichtet werden müssen.

Es lohnt aber auch, bei der Kommune nachzufragen. Teilweise bieten kleinere Vereine eigene Programme an. Und auch in den Bundesländern, in denen die direkte Ferienförderung inzwischen abgeschafft worden ist, gibt es teils besondere Programme, um auch Familien mit wenig Geld einen schönen Sommer zu ermöglichen.

Offenheit den Kindern gegenüber

Wenn das Geld trotz aller Hilfen nicht zum Wegfahren reicht, sollten Eltern ihren Kindern das offen sagen. Das empfiehlt der Familientherapeut Axel Dubinski, der Eltern zusammen mit seiner Partnerin Sabine Moosburger berät. Auch im Leben der beiden Therapeuten gab es eine Phase, in der das Geld knapper war. „Wir sind damals 30 Kilometer von zu Hause weg zum Camping gefahren“, erzählt Moosburger. Die Kinder, sagt sie, haben heute gute Erinnerungen an diese Zeit. „Ihnen war wichtig, dass wir etwas zusammen machen.“

Die Familie lebte damals in einem der guten Stadtteile in München. Deshalb seien die Kinder schon manchmal neidisch gewesen, wenn die Mitschüler vom Skifahren in den Rocky Mountains und den Reisen in die Karibik erzählt haben. „Wir haben dann einfach erklärt, dass Familien unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten haben“, sagt Dubinski. „Ohne Neid und ohne Anklage.“ Seiner Beobachtung nach ist ein kleinerer oder ausgefallener Urlaub aber meistens eher ein Problem für die Eltern, weil sie sich schlecht gegenüber den Kindern fühlen – und für die ist es meist gar nicht schlimm. (dpa)