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Nordsee-Insel Spiekeroog bietet reichlich Ruhe ohne Räder

Nordsee-Insel Spiekeroog bietet reichlich Ruhe ohne Räder

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Wer im Urlaub auf Entschleunigung setzt, findet diese garantiert auf der ostfriesischen Insel Spiekeroog. Denn dort sind jegliche Fahrzeuge tabu – einschließlich Fahrrädern. Das Eiland gehört zum Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer und setzt neben dem Tourismus auch auf Forschung.

Spiekeroog. 

Gut zu Fuß sollte man sein, wenn es nach Spiekeroog geht. Nicht nur, weil das Auto in Neuharlingersiel auf dem Festland bleibt, sondern auch weil Fahrräder auf der gut 18 Quadratkilometer großen ostfriesischen Insel nicht gern gesehen werden. Einen Fahrradverleih gibt es deshalb gar nicht erst, vom Mitbringen des eigenen Drahtesels ganz zu schweigen. Für Tourismuschef Patrick Kösters, der vor fünf Jahren mit seiner Familie auf die Insel kam, ist die Sache klar: Auf Spiekeroog kann man so richtig entschleunigen. Keine nervenden Radler, die sich klingelnd Platz verschaffen – nein, hier ist Ruhe angesagt, gepaart mit vielen Fußwegen.

Über Spiekeroog gibt es viel zu erzählen. Zum Beispiel, dass der große Bereich der Ostplate während der Brutzeit nicht betreten werden darf. Dann würden Touristen die Tiere nur stören. Edgar Schonart muss ganz schön aufpassen, damit sich alle an die Regeln halten. Er ist der erste, den das Land Niedersachsen für die Nationalparkwacht eingestellt hat und der immer barfuß oder zumindest ohne Socken in Trekkingsandalen angetroffen wird. Die Seeluft hat den Rentner gestählt, der sich in der Vogelwelt auskennt wie kaum ein anderer. Stolz erzählt er von den Sumpfohreulen, die es hier gibt. Nur 50 Paare sind es noch in Deutschland, 15 davon auf Spiekeroog. Und auch die Kornweihe, von der deutschlandweit lediglich vier Paare existieren sollen, wurde hier schon gesichtet.

Die Insel, die zwischen Wangerooge und Langeoog liegt, gehört zum Unesco-WeltnaturerbeWattenmeer, das schon am sechs Kilometer entfernten Festland beginnt.

Forschung im Nationalparkhaus

Wer durch die Dünen spaziert, spürt dies förmlich, hört die Schreie der Möwen und den Gesang vieler Vögel und hat dabei so manche Begegnung mit einem farbenprächtigen Fasan.

Und wenn das Wetter mal nicht mitspielt, kann all dies im Nationalpark-Haus Wittbülten vertieft werden. Ein riesiges Pottwalskelett schwebt über dem Grundriss der Insel, daneben sind Seesterne und Krebse in einem Aquarium zu finden, und es gibt jede Menge Wissenswertes zur Entstehung der Insel, zum Leben mit den Gezeiten und anderem mehr. Auch die Uni Oldenburg hat hier eine Niederlassung. Forscher können vor Ort wohnen und das gut ausgestattete Labor nutzen, zum Beispiel zu der Frage: „Wie wirkt sich der Wellenschlag auf den Strand aus?“ Biologin Swantje Fock, deren Mann die unmittelbar angrenzende Hermann Lietz-Schule leitet, lobt diesen Dreiklang von Tourismus, Schule und Forschung im Nationalparkhaus.

Bauwerke als logistische Herausforderung

Derweil sinniert Jan Lemon vom Alten Inselhaus in der Dorfmitte zwischen dem Servieren von Heringsstipp und hausgemachter Sülze darüber, ob denn alles stimmt, was so über die Insel erzählt wird. Das älteste Gebäude am Platz, das ein Café und Restaurant beherbergt, stammt aus dem Jahr 1705 und soll ein Schwimmdach besitzen. Sprich: Bei einer Sturmflut kann aufs Dach geklettert werden, das dann zum Floß wird. Lemon hat viel mit seinem Großvater darüber gesprochen und ist sich sicher, dass dieses Dach nicht die Rettung, sondern der Untergang wäre.

Doch auch wenn die Nordsee am Westen der Insel nagt, so richtig Land unter hat es im Dorf zum Glück ewig nicht gegeben. An der Hermann Lietz-Schule wurde erst kürzlich ein neuer Deich gebaut, damit Spiekeroog geschützt ist. Auf einer Insel sind solche Bauwerke genau wie die Umwandlung des alten Hallenbades in ein Inselbad und Dünenspa eine logistische Herausforderung. Denn alles dazu Notwendige muss vom Festland gebracht werden, Lkw für Lkw per Schiff und dann weiter mit dem Elektroauto.

Immer mehr Gäste im Winter

Das letzte Projekt hat sich besonders gelohnt, zumal es jetzt eine ansprechende Saunalandschaft mit Wellnessbereich gibt, die mit originellen und inseltypischen Details überrascht. In der Strandsauna darf in hölzernen Körben geschwitzt werden, unter denen natürlich auch der Sand nicht fehlt. Brillenhalter sowie Hinweisschilder sind aus Treibgut gefertigt. Das Schwimmbad erfreut die Gäste mit 30 Grad warmem Meerwasser und bietet einen Kinderbereich mit Rutsche.

Die klassische Saison auf Spiekeroog dauert mittlerweile von März bis Oktober. Doch immer mehr trauten sich auch im November und Dezember her, sagt Patrick Kösters. Dann kann es schon mal sein, dass der Tourismuschef auf Langlaufskiern unterwegs ist – ein seltenes, aber umso reizvolleres Vergnügen.