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Mit dem VW Käfer auf Nostalgie-Rundfahrt durch Oberbayern

Mit dem VW Käfer auf Nostalgie-Rundfahrt durch Oberbayern

Gert Pichler und Walter Laimer kaufen VW Käfer in den USA auf. Dort stehen die Chancen gut, dass die Klassiker noch im Originalzustand sind. Mit ihrer Agentur bieten sie Rundfahrten durch Oberbayern an. Die Touren in den nostalgischen Käfern wecken Erinnerungen.

Welche Farben! Wer die heutigen Autolackierungen satt hat, kommt beim Anblick der VW-Käfer-Flotte in dem Parkhaus in München ins schwelgen. Leuchtend und bunt! Brasilbraun, Diamantsilber, Kolibrigrün, Riverblau, Indianarot, Platin und perlmetallic taufte der Hersteller diese Farben und sämtliche Originallackierungen damals. Ist es in den 70ern tatsächlich so bunt auf deutschen Straßen zugegangen? Gert Pichler und Walter Laimer haben die Käfer in den USA zugekauft und bieten mit ihrer Agentur Nostalgic Classic Car Travel Rundfahrten durch Oberbayern an. Natürlich ist Pichler Käfer-Experte: „Schon 1945 gab es erste Gespräche mit der Firma Hebmüller in Wülfrath über den Bau eines Cabrios, später auch mit Karmann in Osnabrück. Bis 1980 baute Karmann die Oben-Ohne-Käfer. Der Neupreis lag 1955 bereits bei 6525 DM und damit deutlich über dem „normalen“ Käfer.“

Eine historische Verbindung zwischen Bayern und Käfer

Historisch gesehen gibt es eine Verbindung zwischen Bayern und dem Käfer, weiß Pichler: „Ferdinand Porsche und seine Mitarbeiter fuhren viele Tausend Testkilometer mit dem Käfer von Stuttgart Richtung Bayern, durch das Voralpenland, durch Südtirol und die Schweiz.“ Mein Exemplar, ein VW Käfer Cabriolet 1303, ist Baujahr 1979 und wurde als einer der letzten Cabrios bei Karmann in Osnabrück gebaut.

Dass Pichler die Käfer lieber in den USA kauft, hat einen guten Grund: „Weil wir dort noch unrestaurierte Exemplare teilweise im Erstlack, vor allem aber mit geringen Kilometerständen finden.“ Pichler kennt die „Biografien“ der Käfer genau. „Mein“ Käfer wurde 1979 vom Zahnarztehepaar Brocklehurst aus Ohio erworben. Die Familie nutzte den Wagen über 25 Jahre, aber nur als Sommer- und Drittfahrzeug. So zeigte der Tacho nur rund 20 000 Meilen an, als Douglas Hostermann aus Ohio den Wagen erwarb. Er schenkte ihn seiner Frau Debbie zum 40. Geburtstag und brachte das gute Stück nach Naples, Florida. Dort kaufte Pichler den Wagen mit rund 40 000 Meilen auf dem Tacho. Nach Umrüstung der Lichtanlage und Vollinspektion wurde das sogenannte H-Kennzeichen erteilt, das Oldtimer erhalten, die älter als 30 Jahre sind.

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Innen erwartet mich der Geruch, den ich auch mit den Käfer-Fahrten mit meinem Opa in den 70er Jahren verband: eine Mischung aus muffiger Tiefgarage und erwärmtem Gummi, die Übelkeitsgefühle erzeugen kann. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Heizung die Warmluft direkt aus dem Motor zieht, was heute wegen der Giftigkeit nicht mehr der Fall ist. Die Gurte sind, wie ich bald merke, nachgerüstet – 1979 konnte man noch frei sitzend fahren. Das Autoradio ist ebenfalls noch original und mit viel Kurbeln erwischt man einen Sender. Die Musikkassette hat es aber gerade zerlegt.

Der Wagen springt an wie eine Eins und die Sicht durch die großen und hohen Fenster ist 1a. Nur Lenkung und Bremse sind etwas behäbig. Im flinken Münchener Stadtverkehr heißt es also aufpassen. Auf der Autobahn schnurrt der Motor dann aber wie geölt, Tempo 100 im vierten Gang ist kein Problem. In der Mittagspause parkt das Schmuckstück vor dem Kloster Benediktbeuern. In der Klosterschänke gibt es bayerische Schmankerl und ein alkoholfreies Bier. Hochprozentiger wird es beim zweiten Stopp, der Whiskybrennerei Slyrs am Schliersee. Auf den ersten Blick wirkt eine Brennerei in den bayerischen Bergen so passend wie eine Milchbar auf dem Oktoberfest, doch das Endprodukt überzeugt. Florian Stetter, der die Brennerei 1994 gründete, fand, dass die schottischen Highlands der oberbayrischen Landschaft mit den Tannenwäldern, Bergen, klaren Seen und rauschenden Flüssen sehr ähnlich sähen. Zudem, vielleicht noch wichtiger, besäßen Bayern ebenso wie die Schotten einen Hang zur Freistaaterei. Warum also immer nur Weißbier trinken?

Regen, Schnee und Sonne

Hat es bis zum Schliersee in Strömen geregnet, geht der Niederschlag auf der steilen Stichstraße hinauf zum Spitzingsee in Schnee über. Die Heizung im Käfer funktioniert – nur wie? Neben der Handbremse sind zwei kleine Hebel versenkt, die man im richtigen Verhältnis justieren muss, um Warmluft zu bekommen. Außerdem ist da noch das Gebläse, das sich in zwei Stufen regulieren lässt. Der Scheibenwischer hat ebenfalls zwei Stufen, kraucht aber in beiden Stellungen so langsam über die schmale Windschutzscheibe, dass man denkt, er arbeite in Zeitlupe. Sogar mit einer beheizbaren Heckscheibe hat man den Käfer schon serienmäßig ausgestattet. Die ist aber wohl eher kosmetischer Natur ist, wie sich herausstellt.

Am Spitzingsee auf 1085 Metern Höhe ist der Käfer das einzige Auto, das wirklich zu dieser nostalgisch-bayrischen Naturkulisse passt. Wegen des starken Schneefalls bekommt das Cabrio aber einen Platz in der Tiefgarage des Hotels. Der Spitzingsee als Zielpunkt für diese besondere Spritztour ist von Pichler gut ausgewählt. Der einsame Alpensee mit dem winzigen Dorf ist eine Naturschönheit.

Am nächsten Tag lässt der Schneefall nach und Sonne taucht die weiße Landschaft in blendendes Licht. Zum Glück ist es einfach, das Verdeck abzunehmen. Bei der Rückfahrt nach München über wenig befahrene Landstraßen haben sich der Käfer und ich bereits angefreundet.