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Meine Omi ist Au-pair – Senioren zieht's öfter ins Ausland

Meine Omi ist Au-pair – Senioren zieht's öfter ins Ausland

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Foto: Thinkstock
Als Oma auf Zeit gehen immer häufiger Frauen über 50 ins Ausland. Die Senioren-Au-pairs leben für mehrere Monate in einer neuen Familie, in einem fremden Land und lernen so die Kultur kennen. Für manche ist noch mal ein richtig großes Abenteuer, für die Vermittlungsagenturen ein gutes Geschäft.

Essen. 

Sie fühlen sich fit, sind unternehmungslustig – warum also nicht auch jenseits der 60 Jahre noch ein Abenteuer wagen? Als Au-pair ins Ausland – bisher war das eher ein Modell für Schüler und Studenten, um die Welt kennenzulernen. Doch seit einiger Zeit zieht es auch immer mehr Senioren auf diesem Weg in die Ferne. Sie werden Omi auf Zeit, in einer Familie irgendwo auf der Welt.

Neue Menschen treffen, Kulturen entdecken – Dagmar Mäsing-Steiner kann gar nicht genug davon bekommen. Weil ihre Söhne und Enkelkinder im Ausland leben, ihr Mann bereits verstorben ist, macht es für die Leverkusenerin keinen Unterschied, wo sie sich aufhält. Im Frühjahr 2013 fliegt sie deshalb nach Jekaterinburg in Russland. Zu dem Zeitpunkt ist sie 68 Jahre alt.

„An Jekaterinburg hat mich ,das Fremde’ gelockt“, sagt Dagmar Mäsing-Steiner. In ihrem Leben war sie bereits viel gereist: Japan, China, die Philippinen oder auch die USA. Sie wollte was Neues entdecken, Europa kam nicht in Frage.

„Granny Aupair“ vermittelte mehrere hundert Frauen in 40 Länder

Für die Mehrzahl der Kunden von Michaela Hansen ist hingegen das nähere Ausland die erste Wahl. Auch innerhalb Deutschlands vermittelt die Hamburgerin mit ihrer Agentur „Granny Aupair“ seit 2010 Frauen in Familien. Seitdem sind neben Dagmar Mäsing-Steiner nach eigenen Angaben weit mehr als 300 Senioren mithilfe ihrer Agentur in 40 Länder der Welt gegangen.

Es sind fast ausschließlich Frauen, die diesen Schritt wagen. Die seien einfach unternehmungslustiger, vermutet Hansen. Als Leih-Omi geeignet sei jeder, der sich das Abenteuer zutraut. Bei einem sollte sich jede Bewerberin aber im Klaren sein, betont die Agentur-Chefin: „Das ist keine Pauschalreise, die man bucht. Es ist schon eine kleine Herausforderung.“

Eine gewisse Offenheit dem Land und der Familie gegenüber sowie Neugier auf das, was geschieht, sind für Simone Weber von der Seniorenbildungsmesse zentrale Voraussetzungen. „Auch als älteres Au-pair muss man sich an die Familienstrukturen anpassen“, sagt sie. „Man hat nicht immer eine eigene Wohnung, manchmal nur ein Zimmer.“

In Deutschland entwickelt sich der Markt der Senioren-Au-pairs erst

Der Vermittlungsmarkt von Senioren-Au-pairs entwickele sich gerade erst in Deutschland, so Simone Weber. Die Nachfrage steige jedoch. „Die Leute sind einfach auch im Alter immer fitter“, begründet Hansen den Trend zu Senioren-Au-pairs. „Sie wollen auch in der letzten Lebensphase noch ein Abenteuer erleben.“

Neben „Granny Aupair“ vermitteln auch Agenturen wie „Madame Grand-Mère“ oder „Good Age Aupiar 50+“ Senioren als Au-pair ins Ausland. Bei der Auswahl der Agentur rät Simone Weber „auf das Bauchgefühl“ zu achten.

Studien zu den Au-pair-Angeboten gibt es – anders als bei Jugendlichen – etwa von der Stiftung Warentest noch nicht. Eine gewisse Vorsicht und Skepsis bei der Auswahl der Agentur ist deshalb angebracht. Beschwerden über eine Agentur liegen bei der Verbraucherzentrale jedoch nicht vor, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage.

Die Kosten für die Au-pair-Vermittlung sind je nach Agentur unterschiedlich 

Die Kosten für die Vermittlung sind je nach Agentur verschieden. Wer bei „Granny Aupair“ vermittelt werden möchte, kann zwischen Mitgliedschaften verschiedener Laufzeiten wählen (mindestens drei Monate). Pro Monat liegt der Beitrag dann zwischen 29,90 Euro und 59,90 Euro. „Madame Grand-Mère“ hingegen berechnet 100 Euro, wenn der Kundin Angebote zugeschickt werden und weitere 100 Euro bei Abschluss einer Vermittlung.

Beim Aufenthalt gilt zumeist: Hilfe gegen Kost und Logis. Die An- und Abreise muss dabei von der „Granny“ selbst bezahlt werden. Über die Bedingungen wie Arbeitszeiten, Taschengeld oder sonstige Aufgaben müssen sich die Frauen mit den Familien im Vorfeld einigen.

Vor Ort gibt es für die „Grannys“ von Michaela Hansen keine Anlaufstelle. Wenn etwas schief geht, müssen die Frauen die Situation selbst regeln oder die telefonische Beratung bei der Vermittlungsagentur suchen. „Häufig gibt es Anlaufschwierigkeiten“, räumt Hansen ein. Aber die würden sich dann auch schnell wieder legen. Schließlich müssten sich erst alle aneinander gewöhnen.

Erst Au-pair in Russland, dann in Dubai

Doch bei den meisten dauert die Eingewöhnungsphase laut Hansen nicht so lange. Auch Dagmar Mäsing-Steiner hat bisher Glück gehabt mit ihren Gastfamilien. Sie lebt in Jekaterinburg bei einer Familie mit drei Kindern. Der Vater arbeitet beim Deutschen Konsulat – Sprachprobleme gibt es deshalb nicht, obwohl die Leverkusenerin kein Russisch spricht. „Ich konnte ganz schnell ein vertrautes Verhältnis zu den Kindern aufbauen“, sagt die Leih-Oma. Als „billige Haushaltshilfe“ habe sie sich nie gefühlt.

Auch nicht bei ihrer Familie in Brüssel. Da war Dagmar Mäsing-Steiner nämlich bereits vor einem Jahr für einige Wochen. Sie ist eine Wiederholungstäterin, und so stand für die Leverkusenerin auch schon vor der Rückkehr aus Russland ihr nächster Wunsch fest: möglichst bald als Au-pair-Omi nach Dubai zu gehen.