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Warum Kanada „besser“ ist als die USA – und warum nicht

Warum Kanada „besser“ ist als die USA – und warum nicht

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Im Jahr 2017 ist der Eintritt in die NAtionalparks frei. Foto: Chris Melzer
Ahornblatt oder Sternenbanner? Wer Nordamerika als Tourist besucht, dürfte schon so manchen Vergleich zwischen Kanada und den USA kennen.

Ottawa. 

Weniger Waffen. Weniger Morde. Eine viel breitere Gesundheitsversorgung. Die unfassbare Natur – es fällt leicht, Kanada als irgendwie „bessere“ Version der Vereinigten Staaten zu sehen, als heilere, friedlichere und gelassenere Kopie der oft so verworrenen und widersprüchlichen Weltmacht USA. 150 Jahre nach der Gründung Kanadas am 1. Juli 1867 lohnt ein Blick auf beide Seiten der Grenze, die sich von Maine bis Vancouver und hoch nach Alaska durch Nordamerika zieht.

Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten dürfte so mancher Amerikaner den Gedanken, ein neues Leben im nördlichen Nachbarland zu beginnen, wieder aufgegriffen haben. Als Trump bei der Wahl im November überraschend siegte, nahm die Zahl der Google-Suchanfragen für die Begriffe „Kanada Einwanderung“, „Kanada“ und „nach Kanada ziehen“ stark zu. Die Internetseite der kanadischen Regierung zu Einwanderungsfragen stürzte ab. Und tatsächlich sprechen für die Behauptung, ein Leben in Kanada sei besser, einige Gründe:

Höhere Lebenserwartung in Kanada

Die Lebenserwartung in Kanada ist höher. Die Menschen dort werden der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge im Schnitt 82 Jahre alt, in den USA dagegen nur etwa 79 Jahre.

Die Gesundheitsversorgung ist in Kanada billiger, dort betrugen die Gesundheitskosten pro Kopf im Jahr 2016 umgerechnet etwa 4270 Euro, wie das unabhängige Canadian Institute for Health Information (CIHI) berechnete. In den USA überschritten die Kosten pro Person vergangenes Jahr erstmals 10.000 Dollar (etwa 8960 Euro) und betrugen damit mehr als das doppelte der Kosten in Kanada.

In Sachen Schulbildung schneidet Kanada im Vergleich mit seinem Nachbarn sowie international ebenfalls gut ab. Mit einem durchschnittlichen Testergebnis von 522 Punkten in Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften lagen kanadische Schüler in der jüngsten Pisa-Studie deutlich über die OECD-Durchschnitt von 497. Die Schüler in den USA brachten es auf 492 Punkte.

Günstigere Hochschulen in Kanada

Kanadische Hochschulen sind in der Regel auch günstiger als Hochschulen in den USA: Daten der OECD zufolge kostete das Studium in Kanada im Jahr 2012 pro Jahr umgerechnet etwa 19 700 Euro, in den USA dagegen 23 800 Euro.

Glück lässt sich schwer messen, und nackte Zahlen rund um Gesundheit und Bildung sagen längst nicht alles darüber, wie zufrieden Menschen leben. Wer etwa die unvergleichliche Masse an Kultur aus den USA zugrunde legt – in Film, Musik, Kunst, Literatur, Mode oder auch im Sport -, könnte in Kanada viel vermissen. Dennoch: Einige Spitzen-Schauspieler wie Michael J. Fox, Ryan Gosling und Keanu Reeves und Musiker wie Justin Bieber, Celine Dion, Leonard Cohen und Bryan Adams stamm(t)en aus Kanada. In Wintersportarten wie Eishockey, Eisschnelllauf und Curling feiern Kanadier regelmäßig Erfolge. Kulturell sind beide Länder eng miteinander verflochten.

Dass Kanada für gewöhnlich als friedlicher empfunden wird, mag mit Waffenkultur zusammenhängen. Pistolen, Revolver, Gewehre und Flinten gehören zum Selbstverständnis vieler US-Amerikaner – mit 89 Waffen pro 100 Einwohner führen sie auch die globale Pro-Kopf-Statistik an. In Kanada zählt die „Small Arms Survey“ dagegen nur 31 Waffen pro 100 Einwohner. Und während die Mordquote in den USA bei 5,2 pro 100 000 Einwohner im Jahr liegt, sind es in Kanada der OECD zufolge gerade einmal 1,5 Morde. 82 Prozent der Kanadier fühlen sich nachts auf der Straße sicher, in den USA sind es nur 74 Prozent.

Kanada auf Platz zwei hinter Schweden

Es mag reichlich Gründe geben, ein Leben in den USA dem in Kanada vorzuziehen, seien es das höhere Pro-Kopf-Einkommen oder die geringere Arbeitslosigkeit (4,4 Prozent in den USA versus 6,5 Prozent in Kanada). Und nicht jede Statistik lässt sich eindeutig lesen: So könnte die höhere Scheidungsquote in den USA beispielsweise ein Zeichen für größeres Leid in Beziehungen und mehr gescheiterte Ehen sein – oder auch ein Indiz dafür, dass Menschen es in den USA häufiger wagen, sich aus solch unglücklichen Lagen zu befreien und einen Neuanfang zu machen.

In anderen Ländern der Welt scheint sich der teilweise Vorsprung der Kanadier jedenfalls herumgesprochen zu haben: Den Marktforschern des „Reputation Institute“ zufolge landete Kanada in einem Ranking aus 70 Staaten mit dem besten Ruf auf dem zweiten Platz hinter Schweden. Die USA schafften lediglich Platz 28 (Deutschland holte immerhin Platz 18). Zumindest in dieser Umfrage schien das rote Ahornblatt dem Sternenbanner ein paar Dinge voraus zu haben.