Veröffentlicht inRegion

Mudia Art, Delta und Co.: Wie wir in den legendären Großraum-Discos im Ruhrpott gefeiert haben

Mudia Art, Delta
und Co.: Wie wir in den legendären Großraum-Discos im Ruhrpott gefeiert haben

mudia art (6).jpg

Das Mudia Art war vor allem für zwei Dinge bekannt: seine dekadenten Partys und knallharte Türsteher.

Soundgarden: Rein kam jeder, der sich nicht daneben benahm und über 18 war.

Während bei uns zu Hause DJ Andre bei der Stoppelfeldparty am Plattenteller stand, legte Tarm Center eben ATB auf.

Die Großraum-Disko ist tot! Lang lebe die Großraum-Disse. Spätestens nach dem Aus des Bochumer Tentoriums ist die Zeit legendärer Riesen-Tanz-Schuppen vorbei. Vorbei die siebzig Dance-Floors mit ihren einhundert Musikrichtungen, vorbei das Ein-Euro-Saufen und das Fummeln auf der Schaumparty.

Doch bevor wir uns von den Hallen des schlechten (Musik-)Geschmacks endgültig verabschieden, sagen dir unsere Autoren, warum die Großraum-Disko damals doch schon richtig geil war.

Mudia Art in Essen

Geöffnet von… bis …?

Mitte der 90er Jahre wurde aus der alten Krupp-Ruine auf der Frohnhauser Straße eine der Szene-Discos in Deutschland. 2006 war dann Schluss. Aus Mudia wurde der Delta Musik Park Essen. Und mit dem Namen ging auch die Legende.

Wer kam rein?

Das Mudia Art war vor allem für zwei Dinge bekannt: seine dekadenten Partys und die knallharte Türsteher. Rein kam nur, wer schick aussah und reichlich Knete mitbrachte. Das änderte sich 2001, als Inhaber Franz Norkus seinen Club an den Betreiber des Duisburger Delta Musik Parks verkaufte.

Zwar blieben der Name und das Konzept zunächst erhalten, doch die Einlasspolitik wwurde eine andere: Und damit perfekt für den ersten echten Disco-Besuch meines 15 Jahre alten Ichs.

Darum war ich da!

Ich muss gestehen: Für meinen Disco-Plan brauchte ich Hilfe. Schließlich war der Einlass für Männer immer noch ab 21. Mein Cousin bot sich an. Das Sakko vom Vater stibitzt, dazu das feine Konfirmations-Hemd aus dem Jahr zuvor übergeworfen – und schon ging ich für bestimmt siebzehneinhalb durch.

Die fehlenden Jahre machte mein Cousin durch geschickte Ablenkung der Türsteher wett. Einmal drin, eröffnete sich für mich eine Welt des Erwachsenseins: die Frauen oben-ohne, die Männer im feinen Zwirrn. Und ich selbst nach einem Getränk mittellos. Gut, dass mein Cousin dann immer ausgeholfen hat.

Das hat genervt!

Feiern in der Welt der Erwachsenen ist nur so lange lustig, wie die Erwachsenen Unbekannte sind. Als diese plötzlich zu den Eltern meine Freunde wurden, war der Spaß vorbei – zunächst.

Denn je betrunkener die wurden, umso besser verstand ich mich mit ihnen. Und hatte in der nächsten Schulwoche immer reichlich zu erzählen. Pleite war ich nach den Besuchen trotzdem. Und so feierte ich schnell wieder mit der eigenen Alterklasse. Doch dann nicht mehr im Mudia Art, sondern in den kleineren Clubs der Stadt. Das schonte vor allem meinen Geldbeutel.

(Daniel, 28)

Soundgarden in Dortmund

Geöffnet von… bis … ?

Der Soundgarden existierte von 1993 bis 2006. Danach gab es statt Disco noch zwei Jahre lang Konzerte auf die Ohren.

Wer kam rein?

Rein kam jeder, der sich nicht daneben benahm und über 18 war. Ob in HipHop-Hose oder mit Heavy-Metal-Mähne – in den Soundgarden durfte jeder rein. Und das mit dem Einlass ab 18 Jahren wurde auch nicht so ernst genommen.

Darum war ich da:

… weil es die einzige Disse war, in die ich schon mit 15 Jahren reinkam. Da haben uns unsere volljährigen Begleiter einfach an die Hand genommen und uns als ihre Freundin reingeschmuggelt. Und wenn man einmal drin war, war es einfach nur cool. eine abgesperrte Halfpipe, der berühmte Soundgarden-Countdown, der um Mitternacht aus den Boxen dröhnte und legendäre Beach-Partys…

Okay, in dem Moment, in dem ich 18 Jahre alt geworden bin, habe ich den Soundgarden nicht mehr betreten. Denn die 15-Jährigen kamen auch dann immer noch rein.

Das hat genervt!

Absolut nervig war der Parkplatz, der eigentlich eine reine Kraterlandschaft war. Hohe Schuhe haben mir hier mehr als einen Abend fast die Knöchel gebrochen. Und aufgrund der günstigen Preise für Korn-Fanta (in meiner Erinnerung waren das 2 Euro) musste ich auch oft Kotze-Pfützen überspringen. Im Laden. Die nicht weggewischt wurden. Nicht so geil.

(Franziska, 29)

Fun Park in Hagen

Geöffnet von… bis…?

Herbst 2004 bis Juli 2016.

Wer kam rein?

Nahezu jeder, der noch einigermaßen geradeaus laufen konnte und in der Lage war, seinen Namen fehlerfrei auf den sogenannten Raucherausweis zu setzen. No-Go: Kappen und Jogginghosen. Dass es auch mal Ausnahmen gab, zeigt unser Foto.

Darum war ich da!

Wegen der legendären 1-Euro-Partys jeden Donnerstag. Nach 10 bis 15 Getränken konnte ich dann auch wunderbar im Alpenmaxx die Hits von Wendler, Reim und Co. mitgrölen. Ab 4 Uhr morgens freute ich mich dann nur noch auf den „Döner danach“, der mir mehr als einmal das Leben gerettet hat.

Das hat genervt!

Die Qualität der Drinks entsprach in der Regel den Preisen, die man für sie gezahlt hat. Die Kopfschmerzen setzten dementsprechend schon ein, bevor ich überhaupt zu Hause war.

Das Niveau der Gäste war zu den besten Zeiten leider mehr als flexibel. Hagen halt.

(Florian, 27)

Delta Musik Park in Duisburg

Geöffnet von… bis…?

Von 1996 bis 2015.

Wer kam rein?

In den ersten Jahren sollen nur Schicki-Mickis in Abendgarderobe reingekommen sein. Seit ich den Laden kenne, also ab ca. 2000, schaffte es aber (gefühlt) jeder durch die Zelttür, der sich ordentlich Schminke ins Gesicht geklatscht hat. Oder die Türsteher bezirzen konnte. Jungs hatten es da naturgemäß schwerer.

Darum war ich da?

Legendär und dementsprechend immer gerappelt voll waren die Beach Partys. Tonnenweise Sand, Wasserspiele, Cocktails und ein Pool: der Traumspielplatz für Heranwachsende. Ich selber bin gern ins Rockzelt gegangen. Mittwochs war Ladies Night mit freiem Eintritt, Gratis-Sekt und Buffet. Hab ich gerne mitgenommen – als Schülerin ist man ja immer abgebrannt.

Das hat genervt!

Die Neon-Netzshirt-Träger. Die 15-Jährigen. Die Mädchenrudel, die im Kreis um ihre Handtaschen herum getanzt haben. Das Spülwasser-Bier, von dem ich grundsätzlich schon nach einem Glas übelste Kopfschmerzen bekommen habe. Und natürlich: das Schlagerzelt.

(Linda, 32)

Tarm Center in Bochum

Geöffnet von … bis… ?

Geöffnet von 1986 bis zum 30. April 2003

Darum war ich da!

Es gab genau zwei Gründe, warum ich Anfang der 2000er als Landei ein Mal im Monat (auch damals war Benzin teuer) die Weltreise von Heinsberg ins Tarm Center angetreten habe: Warst du einmal drin, dann war die Atmosphäre war einfach der Hammer!

Während bei uns zu Hause DJ Andre bei der Stoppelfeldparty am Plattenteller stand, legte im Tarm Center ATB auf. Außerdem gab’s da diese unglaublich geile Lasershow. Als ich die zum ersten Mal gesehen habe, ist mir wirklich die Kinnlade runtergefallen.

Das hat genervt!

Gut, die Türpolitik nervte extrem. Ohne eine ausgefuchste Taktik und das richtige Outfit (Turnschuhe und T-Shirt waren ein absolutes No go), brauchtest du dich gar nicht erst ins Auto setzen. Da hat auch kein Betteln geholfen.

(Miriam, 33)