Veröffentlicht inRegion

Mann wollte mit Giftschlangen Geschäfte machen

Mann wollte mit Giftschlangen Geschäfte machen

Giftschlange.jpg
Foto: Getty Images
Der Stadt Bad Lippspringe droht, auf Unterbringungskosten für 77 teilweise hochgiftige Reptilien sitzen zu bleiben. Der Ex-Besitzer wollte offenbar mit der Pharmaindustrie ins Geschäft kommen. „Ein Schwachsinnsplan“, kommentiert der Kurator des Terrazoos das Geschäftsmodell.

An Rhein und Ruhr. 

Die Rechnung kommt zum Schluss. 77 Reptilien, darunter 61 giftige bis sehr giftige Schlangen, hat die Stadt Bad Lippspringe (Kreis Paderborn) im April 2013 in einer kleinen Wohnung sichergestellt. Das Ordnungsamt brachte die Tiere zum Rheinberger Terrazoo als offizielle Auffangstelle für Nordrhein-Westfalen. Einzelne übernahm der Zoo in seine Ausstellung, andere wurden in kundige Hände vermittelt und weiterverkauft. Doch, wie sich nun zeigt: Die Erlöse decken die zwischenzeitlichen Unterbringungskosten in der Auffangstation nicht. Es fehlt ein Betrag von über 10.000 Euro – und auf dem bleibt die Stadt womöglich sitzen. Der frühere Eigentümer will nicht zahlen, klagt gegen einen Kostenbescheid der Kommune.

Ein bizarrer Fall. Unter den Schlangen waren Sandrasselottern (hochgiftig, beißfreudig), Puffottern und sogar die zu den giftigsten Schlangen der Welt zählenden Diamantklapperschlangen (Opfer sterben in kurzer Zeit qualvoll). Wie es heißt, wollte der frühere Besitzer (41) das Gift an Arzneifirmen verkaufen. Geparkt hatte der Hartz-IV-Empfänger die Reptilien in der Wohnung seines Bruders, wo sie in Holzkisten deponiert waren. Besorgte Nachbarn hatten die Stadt informiert.

„Ein Schwachsinnsplan“

Laut Bernhard Marschalkowski, konnte die Geschäftsidee des Ostwestfalen gar nicht aufgehen. „Wegen strenger Auflagen werden von der Pharmaindustrie in Deutschland gar keine Gegenseren erstellt“, sagt der 47-jährige Kurator des Terrazoo. Die nächste Produktion finde in der Schweiz statt – „ein Schwachsinnsplan“, meint Marschalkowski.

Jahr für Jahr durchlaufen mehr als 2000 Reptilien (giftig und ungiftig) die Auffangstation am Niederrhein. Häufig sind es ausgesetzte Tiere, die dann gefunden und abgegeben wurden. Sicherstellungen wie in Bad Lippspringe sind aber auch gar nicht so selten. Das zeigt der Blick in die vergangenen Wochen: Da brachten die Behörden in einem Fall über 90 Reptilien aus Borken, in einem anderen 79 Tiere aus Gelsenkirchen nach Rheinberg. Die Ämter schreiten ein, wenn „eine mögliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ abgewendet werden muss.

Im Internet sind Reptilien billig zu haben

Nach Ansicht von Fachleuten sorgt der ausufernde Internethandel dafür, dass Reptilien allzu leicht, allzu billig zu haben sind. „Giftschlangen gibt es ab 20 Euro“, berichtet Terrazoo-Kurator Marshalkowski. Ungefütterte Babys von ungiftigen Kornnattern gebe es sogar schon für fünf Euro. Diese verendeten aber rasch, wenn sie in überforderte Hände kommen.

Der Verkauf via Internet ist legal, er erfolgt oft ohne Beratung. Angemeldet werden müssen die Tiere bei den Behörden nur, wenn es geschützte Arten sind; dann ist auch ein Zuchtnachweis fällig, wie Peter Schütz vom Landesumweltamt (Lanuv) erläutert. Dass man was von den Tieren versteht, müssen nur gewerbliche Halter nachweisen. Schütz: „Bei Privaten ist das nicht erforderlich.“ Bislang nicht.

Giftschlangenhaltung soll verboten werden

Im Düsseldorfer Umweltministerium hat man schon länger das Gefühl, dass bei der Haltung von Exoten allgemein und von gefährlichen Tieren wie Giftschlangen im Besonderen einiges im Argen liegt. Minister Johannes Remmel (Grüne) plant Verbote und Beschränkungen. Die Haltung von sehr gefährlichen Tieren wie Giftschlangen soll grundsätzlich verboten und nur im Rahmen von sehr engen Ausnahmeregelungen möglich sein.

„Ein entsprechender Gesetzentwurf des Umweltministeriums wird in Kürze dem Kabinett vorgelegt“, kündigte eine Sprecherin auf NRZ-Nachfrage an. Gefährliche Tiere, die in einer umfangreichen Liste als Arten kategorisiert werden, sollen nur gehalten werden dürfen, wenn der Halter im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens seine Sachkunde, Zuverlässigkeit und die sichere Unterbringung der Tiere nachweisen kann.

Haltungsverbote? Bernhard Marschalkowski vom Terrazoo hat kein gutes Gefühl: „Da rutscht alles nur in die Illegalität ab.“ Seine Prognose: Wir werden dann noch mehr Tiere in der Station haben.“