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Leiharbeit fürs Weihnachtsgeschäft

Leiharbeit bei Amazon

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Foto: WAZ FotoPool
Der Internet-Versandhändler Amazon, der auch Logistik-Zentren in Werne und Rheinberg betreibt, steht erneut im Fokus der Gewerkschaft: Nach Kritik an Arbeitsbedingungen und fehlenden Betriebsräten geht es nun um den Einsatz von Leiharbeitern.

Dortmund. 

Der Internet-Riese Amazon, der im vergangenen Jahr wegen unbezahlter Praktika in der Kritik stand, setzt in seinen Logistikzentren Werne und Rheinberg offenbar verstärkt auf Leiharbeit. In Anzeigen bietet ein Personaldienstleister aus Süddeutschland „4000 Vollzeitjobs“ für Verpacker und Kommissionierer „für ein Großprojekt“ in den beiden Städten an. Ein Anruf bei der Hotline-Nummer ergab: Bei dem Kunden handelt es sich tatsächlich um Amazon, die Jobs seien bis zum Jahresende begrenzt.

Ein Sprecher der Leihunternehmens bestätigte, dass pro Werk rund 1000 Beschäftigte als Leiharbeiter eingestellt werden – unter anderem auch mit Hilfe von Jobcentern und Arbeitsagenturen, „in dreistelliger Höhe“. Beim Jobcenter Kreis Unna hat man damit keine Probleme und findet „nichts Verwerfliches“ an der Praxis: „Wir können oft im Einzelfall nicht nachvollziehen, wo die einzelnen Bewerber landen, aber natürlich vermitteln wir auch an Zeitarbeitsfirmen“, sagte Sprecherin Katja Pfeifer. „Wir behandeln diese genauso wie andere Unternehmen auch, weil es genauso Arbeitgeber sind wie andere auch.“

Bei der Gewerkschaft Verdi stieß die Information, dass für das aktuell laufende Weihnachtsgeschäft Hunderte Leiharbeiter bei Amazon eingesetzt werden, indes auf Protest. „Das ist schlimm“, sagte Sabine Busch, Gewerkschaftssekretärin für den Bereich Handel in NRW. „Leiharbeit in dem Maße, wie sie hier stattfindet, ist abzulehnen. Die Beschäftigten bekommen eh schon so wenig Geld, jetzt haben sie noch weniger Rechte und weniger Lohn als die Direkt-Angestellten.“

Verdi-Arbeitsmarktexperte Bernhard Jirku kritisierte, dass auch Jobcenter und Arbeitsagenturen an Leiharbeitsfirmen vermitteln. „Das ist ziemlich merkwürdig, um nicht zu sagen übel. Aber denen geht es erstmal um einen Vermittlungsvorgang und dass sie einen Strich machen können – egal, wo und wie lange die Betroffenen überhaupt arbeiten.“ Im Kritik des Gewerkschafters steht jedoch auch Amazon selbst und die „Geschäftsmasche, anständige Löhne nach unten zu ziehen“: „Letztes Jahr haben sie den Beschäftigten in den ersten zwei Wochen gar keinen Lohn gezahlt, mittlerweile gibt es Leiharbeitstarif. Wer weiß, was ihnen sonst noch einfällt an Lohnunterbietungskonkurrenz“, so Jirku.

Sein größter Vorwurf richte sich jedoch nicht an die Jobcenter und Arbeitsagenturen („die stehen selbst zwischen Baum und Borke“), sondern an die Politik: „Sie muss die Rahmenbedingungen ändern: Erst wenn es in der Leiharbeit gleiche Behandlung und gleiche Bezahlung gibt, werden die Leute auch direkt eingestellt.“

Minister fordert faire Bedingungen und Betriebsräte

Den Einsatz von Leiharbeitern missbilligt die Landesregierung beziehungsweise das NRW-Arbeitsministerium NRW nicht grundsätzlich: „Wir fordern aber, dass die Zeitarbeit zu fairen Bedingungen erfolgt“, sagte Ministeriums-Sprecherin Daniela Milutin. „Wir fordern vor allem ‘Equal Pay’, also gleiche Bezahlung dieser Leiharbeiter wie der Stammbeschäftigten für gleiche Arbeit.“ Diese Forderung sei aber bisher noch nicht Gesetz, daher arbeite man aber auf Bundesebene daran, den Tarifvorbehalt im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu streichen und so „Equal Pay“ gesetzlich festzulegen. Ebenso fordere man auf Bundesebene die Stärkung der Rechte der Betriebsräte beim Einsatz von Zeitarbeitnehmern.

Solange dies im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz noch nicht gesetzlich geregelt ist, fordert NRW-Arbeits- und Sozialminister Guntram Schneider (SPD) Amazon auf: „Als Arbeitsminister würde ich es begrüßen, wenn Amazon die Bildung eigener Betriebsräte unterstützt und mit diesen über das Erfordernis, Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeitnehmer zu beschäftigen, und auch über die Arbeitsbedingungen dieser Kollegen Vereinbarungen trifft.“

Amazon selbst hat auf schriftliche und mündliche Nachfragen der WR innerhalb einer Woche nicht reagiert.