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Immer öfter schlagen Kirchendiebe in NRW zu

Immer öfter schlagen Kirchendiebe in NRW zu

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Foto: Kai Kitschenberg
Marienbilder, Statuen, Opferstöcke und sogar Kupferdächer – nichts ist den Dieben, die in Kirchen einbrechen, mehr heilig. Die Zahl der Einbrüche in Gotteshäuser ist seit Jahren erschreckend hoch, sagt die Polizei. Doch mit dem Schutz tun sich die Gemeinden schwer. Schließlich sollen die Kirchen offen für Gläubige sein.

An Rhein und Ruhr. 

„Die Religiosität der Menschen wird leider mit Füßen getreten“, stellt Stefan Sühling fest. Ein Diebstahl und ein Einbruch – innerhalb eines Jahres in zwei katholische Kirchen in Wesel – das ärgert den Pfarrer und macht ihn traurig. Auch andere Gemeinden sind von Kirchendiebstählen betroffen und müssen sich fragen: Müssen wir unsere Kirchen besser schützen?

Wenn Pfarrer Stefan Sühling sonntags den Kelch zur Messe aus dem Tresor holen will, erinnert der ihn immer wieder an den Einbruch in die Herz Jesu Kirche, Ende August. Gewaltsam hatten die Täter erst die Kirchentür, dann den Tresor aufgebrochen. Dort befand sich neben Kelch und Hostienschale auch die Kollekte. Aber: „Nur das Geld hat der Täter mitgenommen. Das waren aber bestimmt nicht mal 100 Euro. Die anderen Sachen hat er stehen gelassen. Für mich ist es aber ein unbehagliches Gefühl zu wissen, dass er sich am Tresor zu schaffen gemacht hat“, erzählt Pfarrer Sühling.

Ein Provisorium

Es ist nicht der erste Fall, der die katholische Kirchengemeinde in Wesel beschäftigt. Schon kurz vor Weihnachten hatte jemand in der Sankt Johannes Kirche Bislich ein 20 x 30 Zentimeter großes Marienbild von der Wand entfernt. „Man hat damit vielen Menschen ihren Gebetsort geraubt. Jetzt hängt dort erstmal ein Provisorium“, sagt Sühling.

Kirchenraub ist nicht nur in Wesel ein Problem. Anfang August verschwanden Kelche und Opferstöcke aus der Sakristei der Kirche Sankt Barbara in Essen-Kray. In Duisburg war es laut Angaben der Polizei seit Anfang des Jahres zu fünf Einbrüchen in Gotteshäuser gekommen. In den meisten Fällen nahmen die Täter Bargeld mit. Aber auch Regenrinnen, Kupferdächer und sogar ein Defibrillator sollen gestohlen worden sein. Es zeichnet sich zwar keine Zunahme ab, generell aber ist die Zahl der Einbrüche beunruhigend hoch. Laut Landeskriminalamt gab es 2012 in NRW 1537 Fälle. 2013 waren es 1297 Einbrüche. Für 2014 kann LKA-Sprecherin Claudia Franken keine Zahlen nennen, sie seien wohl aber ähnlich wie in den Vorjahren. „Respekt vor Kirche und Religiosität ist nicht mehr selbstverständlich“, bedauert Pfarrer Stefan Sühling.

Glastür könnte helfen

Das Ruhrbistum Essen steht Kirchen beratend zur Seite, wenn es darum geht, Einbrüche zu verhindern. Pressesprecher Thomas Rünker kann verstehen, dass viele Gemeinden ihre Kirchen gerne offen stehen lassen wollen: „Es ist ja schließlich die Idealvorstellung, dass jeder Christ immer Zugang zur Kirche hat.“ Im Dom in Essen hat die Alfrid-Bruderschaft daher einen Präsenzdienst eingerichtet, der Diebe abhalten soll. Rünker rät in manchen Fällen, lediglich den Vorraum der Kirche zu öffnen und das Gotteshaus selbst mit einer Glastür zu sichern, die den Blick ins Innere ermöglicht. „Eine Kirche lebt zudem von einer guten Nachbarschaft, die bemerkt, wenn etwas nicht stimmt“, sagt er. Die Herz Jesu Kirche in Wesel hatte dieses Glück nicht. „Sie liegt ziemlich einsam. Da konnte sich der Täter gut unbemerkt bewegen“, mutmaßt Pfarrer Stefan Sühling.

Diese Gefahr sieht auch Uwe Gärtner von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Duisburg. „Der Täter weiß oft, dass die Kirche nicht besetzt sind und hat genug Zeit einzubrechen.“ Höchstens Fingerabdrücke könnten ihn hinterher ausfindig machen.

Auch Touristen kommen

Im Gegensatz zu Wohnhäusern seien Kirchen wie Gewerbeobjekte schwer zu schützen, bedauert Uwe Gärtner. Eine Alarmanlage sei zwar sinnvoll, verursache für die Kirchen aber auch erhebliche Kosten. Wer zu große Angst um seine Statuen, Opferstöcke oder Wandgemälde hat, muss die Kirche im Zweifel dann doch abschließen.

Für die Sankt Johannes Kirche in Bislich kann sich Pfarrer Stefan Sühling das nicht vorstellen: „Die Gemeinde muss die Möglichkeit zum Gebet haben und auch viele Touristen am Rhein kommen gerne hierhin.“ Ein neues Marienbild soll den Diebstahl schon bald vergessen machen. Sühling will es dann noch besser sichern – in der Hoffnung, dass es was nützt.