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Düsseldorf will mehr Starts und Landungen

Düsseldorf will mehr Starts und Landungen

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Foto: dpa
Bis zum 8. Juli können Bürger Einwände gegen die geplante Kapazitätserweiterung des Airports geltend machen. Und sie werden es sicherlich auch tun.

An Rhein und Ruhr. 

Der Flughafen Düsseldorf will seine maximale Zahl von Starts und Landungen vergrößern. Die bereits beantragte Kapazitätserweiterung muss das NRW-Verkehrsministerium genehmigen. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat seit dem 25. Mai alle Unterlagen in den vom Fluglärm betroffenen Städten öffentlich ausgelegt. Bis 8. Juli können Bürger Einwände geltend machen. Die NRZ stellt die Positionen aller Beteiligten gegenüber.

Was plant der Flughafen?

In den acht „Spitzenstunden über Tage“ will der Flughafen künftig statt 47 maximal 60 Starts und Landungen stündlich abwickeln dürfen, das wären im Jahr rechnerisch etwa 38 000 mehr. 2015 schloss Düsseldorf mit rund 210 000 Flugbewegungen (Slots) ab. Schon jetzt wären 256 000 Starts und Landungen erlaubt, doch die Zahl wird unterschritten, weil die Nachfrage zum Beispiel an Feiertagen oder in der Mittagszeit geringer ist. Mit der neuen Genehmigung läge die Obergrenze theoretisch bei 318 000 Slots, praktisch rechnet der Airport mit etwa 254 000. Er begründet seinen Antrag damit, dass die Nachfrage in den „verkehrsstarken Tageszeiten“ seit Jahren größer sei als die Zahl der Genehmigungen.

Welche Bedeutung hat der Flughafen für die Region?

Düsseldorf ist mit mehr als 20 Millionen Passagieren im Jahr der bedeutendste Airport in NRW mit seinen 18 Millionen Einwohnern und weltweites Drehkreuz. Mit fast 20 000 Beschäftigten ist er größter Arbeitgeber in Düsseldorf. Rund 40 Prozent der Mitarbeiter kommen laut Flughafen aus dem Ruhrgebiet – vor allem aus Duisburg, Essen, Oberhausen, Mülheim.

Welche Städte sind betroffen?

Die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Behörde legt die Antragsunterlagen des Flughafens noch bis 8. Juli offen. Während dieser Zeit haben Bürger in Düsseldorf, Duisburg, Essen, Meerbusch, Kaarst, Heiligenhaus, Krefeld, Mülheim, Neuss, Ratingen, Tönisvorst und Willingen die Möglichkeit, in die Pläne zu schauen und Einwände zu äußern. Bis auf Heiligenhaus haben die betroffenen Kommunen ein Bündnis geschmiedet, um gemeinsam Gegengutachten einzuholen. Die Stadträte von Essen und Mülheim haben sich gegen die Kapazitätserweiterung ausgesprochen. Ein Sprecher der Stadt Duisburg erklärte: „Grundsätzlich stehen wir den Planungen des Düsseldorfer Flughafens offen gegenüber – eine stärkere Belastung der Bevölkerung durch Fluglärm ist aus unserer Sicht jedoch unbedingt zu vermeiden.“

Wie verhält sich die Fluglärmkommission?

Thomas Goßen (CDU) ist Bürgermeister im niederrheinischen Tönisvorst und Vorsitzender der Lärmschutzkommission, in der alle Anliegergemeinden des Düsseldorfer Flughafens vertreten sind. Im Namen aller lehnt Goßen die aktuellen Pläne ab: „Ein Mehr an Lärm ist durch Kapazitätsausweitung unvermeidlich. Das können die Anlieger-Städte im Ruhrgebiet und am Niederrhein nicht akzeptieren.“

Im NRZ-Gespräch betont der Bürgermeister, dass die Städte den Flughafen nicht blockieren wollten. „Wir sehen aber auch keinen Ausgleich für die Bürger, die unter dem Lärm leiden.“ Für den Fall, dass die Erweiterung nicht zu verhindern sein sollte, fordert die Fluglärmkommission „als Gegenleistung“ des Flughafens „eine signifikante Verbesserung für die Bürger, vor allem durch strikt eingehaltene Betriebszeiten“, die Aufhebung des Heimbasis-Prinzips, „damit die Anwohner mehr Ruhe in den späten Abendstunden haben.“ Der CDU-Politiker erwartet ein langwieriges Verfahren. „Meine nüchterne Einschätzung lautet: Wenn sich die verschiedenen Seiten nicht aufeinander zubewegen, wird der Fall am Ende vor den Gerichten landen.“

Mögliche Auswirkungender Kapazitätserweiterung

Eines von 17 Gutachten, das der Flughafen in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass bei maximal 60 Starts und Landungen pro Stunde tagsüber „Pegelerhöhungen von bis zu 1,0 dB(A)“ in angrenzenden Wohngebieten zu erwarten seien. Beim Flughafen geht man davon aus, dass sich die erhöhten Flugbewegungen vor allem im Essener Süden bemerkbar machen werden.

Der Mülheimer Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf ordnet die Zahlen ein: „Auch ein Dezibel ist eine deutliche Lärmsteigerung. Bei drei Dezibel geht man davon aus, dass sich der Lärm verdoppelt.“ Da Fluglärm nicht kon­tinuierlich sei, nähmen ihn Anwohner stärker wahr als etwa Autobahn-Krach, an den sich das menschliche Ohr gewöhne.

Was sagen Bürgerinitiativen?

In den Städten rund um den Flughafen haben sich schon vor Jahren Bürgerinitiativen gegründet. Sie alle fordern einen besseren Schutz vor Fluglärm. Sabine Knipping-Paff hat in Essen rund 300 Unterschriften gesammelt und diese mit einem Begleitschreiben an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geschickt. Knipping-Paff argumentiert, dass schon jetzt zwischen 22 und 23 Uhr, wenn die Nachtruhe beginnt, „der Flughafen nahezu im Minutentakt angeflogen“ werde. Sie kritisiert zudem „die zu großzügige Vergabe von Landegenehmigungen durch die Bezirksregierung“ zwischen Mitternacht und vor sechs Uhr früh. Schon nach der letzten Betriebserweiterung litten Essener Stadtteile, auch wenn sie über 30 Kilometer vom Airport entfernt liegen, unter Fluglärm. Kraft antwortete, dass die Landesregierung die Bedenken der Bürger bei ihren Beratungen berücksichtigen werde.

Wie wirkt Fluglärm?

Ende 2015 wurde die Lärmwirkungsstudie Norah veröffentlicht. Die repräsentative Erhebung hat einen signifikanten Zusammenhang zwischen Fluglärm und Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen sowie der geistigen und intellektuellen Entwicklung von Kindern hergestellt.

Wer entscheidet am Ende?

Die Genehmigung zur Kapazitätserweiterung muss der NRW-Verkehrsminister erteilen oder verweigern. Ressortchef Michael Groschek und sein Wirtschaftskollege Garrelt Duin (beide SPD) unterstützen den Antrag des Flughafens. Mit einer Entscheidung wird aber nicht vor der Landtagswahl im Mai 2017 gerechnet. Große Bedeutung haben mögliche Einwendungen der Bürger, die unter Lärm leiden. Die Städte können nur planungsrechtliche Bedenken ins Feld führen.