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Der See und die Seligkeit

Der See und die Seligkeit

Petschnitzen. 

„Christian, der Orca braucht auch noch ein bisschen Luft…“ Kerstin Bernitt lässt den Blick prüfend über die aufblasbare Flotte der Familie gleiten und hat Recht: Der Plastik-Wal sieht ein wenig schrumpelig aus. Ihr Mann macht sich gleich ans Werk und pumpt den Orca ins pralle Leben zurück. Die Kinder warten schon zappelig, denn sie wollen endlich ins Wasser, in den See, Antonia und Elisa haben diese aus Lebensfreude gespeiste Energie, die Kinder im Urlaub so schnell nicht müde werden lässt. Endlich ist alles parat und Antonia schnappt sich den Wal und Elisa das grün-schwarze Krokodil, sie lassen die Seeungeheuer zu Wasser, jagen hinterher und sind ganz in ihrem Element.

Die Eltern wissen nur zu gut, dass ihre beiden Töchter eigentlich Nixen sind, die das Tauchen und Planschen mehr lieben als Pommes und Zitroneneis, deshalb haben sie sich in diesem Jahr für Kärnten entschieden, für den Flecken Petschnitzen, der sich nah und ein wenig oberhalb des Faaker Sees an einen Hügel schmiegt, Privatstrand unten inklusive.

Der Vater stürzt jetzt hinterher in den See und er tobt und tollt mit den Kindern, übt Handstand unter Wasser, wirft Elisa durch die Luft, die dann auftaucht und vor Vergnügen juchzt. Kerstin beobachtet das Treiben von einem Steg aus, mahnt die Kinder im Scherz: „Nicht so doll. Morgen hat Papa wieder Rücken“ und schaut doch glücklich, weil das Leben gerade ein großer ruhiger See ist, auf den die Sonne scheint.

Christian krault zurück ans Ufer, setzt sich auch auf den Steg, lässt sich von der Luft trocknen und ist so entspannt, wie er es sich zu Beginn des Urlaubs nur erhoffen konnte. „Uns geht’s richtig gut hier. Wir haben früher im Sommer immer zwei Wochen Urlaub gemacht und dann festgestellt, dass die Zeit nicht wirklich reicht. Drei Wochen sind einfach nötig. Da geht es auch um das Körpergefühl. Erst wenn die Entspannung einsetzt, merkst du, wie verkrampft du vorher warst.“

Kerstin nickt: „Meine Arbeit allein stresst mich nicht so. Aber dadurch, dass Christian so viel weg ist, bleibt ja alles an mir hängen, mit den Kindern, mit Versicherungen, Arztbesuche.“ Ihr Mann ergänzt: „Ich arbeite wirklich viel, aber auch gerne. Eigentlich also positiver Stress. Aber ich merke schon eine Veränderung im Urlaub, etwa, wie ich mit den Mädchen umgehe. Ich werde viel geduldiger, plötzlich macht es mir mehr Spaß, mit ihnen tausend Sachen zu spielen, zu Hause bin ich manchmal einfach zu erschöpft.“ Kerstin lächelt dazu. „Es ist so schön zu sehen, wie du hier mit den Kindern herumalberst…“

Aus diesen Erkenntnissen haben sie Konsequenzen gezogen. „Wir mieten lieber ein kleines Ferienhaus als ein Hotelzimmer. Denn dort gibt es wieder Frühstückszeiten und andere feste Termine. Beim idealen Urlaub aber ist nach drei Tagen der Wochentag unwichtig. Und dann verschwindet auch die Uhr…“

Irgendwann also abends in Petschnitzen auf dem Mikl-Hof. Nach dem Grillen sitzt die Gastfamilie ums Lagerfeuer. Christian trinkt ein Bier, Kerstin einen Weißwein, die Kinder sind noch lange nicht platt und toben zwischen Stall und Weide mit den anderen. Der Gastwirt Hansi Mikl erzählt von seiner Urahnin Zala Mikl, die 1478 von den Türken bei der Belagerung Villachs geraubt wurde und erst sieben Jahre später aus einem Harem entkam. Mit schönem Happyend natürlich. Eine Geschichte wie ein Märchen für diese eine Nacht.

Seligkeit breitet sich aus auf dem Hof, um das Feuer. Urlaubs-Seligkeit am Faaker See.