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Was Salafisten, Dschihadisten und Islamisten unterscheidet

Was Salafisten, Dschihadisten und Islamisten unterscheidet

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Islamischer Aktionstag gegen Hass und Gewalt Foto: dpa
Sicherheitsbehörden haben bei einer NRW-weiten Großrazzia neun Männer festgenommen. Die mutmaßlichen Salafisten sollen Terror-Milizen in Syrien unterstützt haben. Doch was ist eigentlich ein Salafist und was unterscheidet ihn von Islamisten und Dschihadisten? Wir geben einige Antworten.

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Deutsche Sicherheitsbehörden haben am Mittwoch mehrere Terror-Verdächtige festgenommen. Sie sollen die Terror-Miliz Islamischer Staat unterstützt haben. Doch wer sind diese Männer? Sind sie Salafisten, Dschihadisten oder Islamisten? Und wofür stehen die Terror-Organisationen, mit denen sie in Verbindung gebracht werden? Einige Antworten rund um das Thema islamistischer Terrorismus.

Was sind Salafisten?

Der Salafismus ist eine fundamentalistische Strömung des Islam. Salafisten wollen die Gründungszeit des Islam wieder aufleben lassen. Daher kommt auch der Name „Salafismus“. Das Wort „Salaf“ ist arabisch und bedeutet „der Vorfahr“ oder „der Ahn“. Salafisten folgen also den Vorfahren. Sie sehen sich somit als Verfechter eines, aus ihrer Sicht, ursprünglichen Islams. Aus westlicher Sicht würde man wohl eher von einem „Steinzeit-Islam“ sprechen. So lehnen Salafisten die demokratische Grundordnung in Deutschland ab.

Allerdings sind nicht alle Salafisten eine Gefahr. Es gibt auch Salafisten, die ihre strenge Ideologie zuhause leben, aber nicht den Anspruch haben, andere zu missionieren. Laut dem Bundesinnenministerium ist „die Mehrzahl der salafistischen Einrichtungen in Deutschland dem nicht gewaltbereiten Salafismus zuzurechnen“. Doch auch wenn nicht jeder Salafist gleichzeitig ein Terror-Verdächtiger ist, so sind laut Innenministerium fast alle gewaltbereiten Muslime Salafisten.

Was sind Islamisten?

Islamisten sind Muslime, die einen Staat nach ihrer Auffassung vom Islam organisieren wollen. Er ist die Grundlage ihrer politischen Überzeugungen. Sie wollen die säkularen, also nicht-religiösen, bzw. die nicht-islamischen Verhältnisse überwinden. Viele Islamisten wollen außerdem die Scharia als allgemeingültiges Gesetz einführen. Konzepte wie Pluralismus, Individualität oder Menschenrechte lehnen Islamisten ab. Aktuelle Beispiele für islamistische Bewegungen sind etwa die ägyptische Muslimbruderschaft oder die tunesische Partei Ennahda. Einige Experten rechnen auch die türkische Regierungspartei AKP dem Islamismus zu. Nicht alle Islamisten sind gewaltbereit.

Ob Demokratie und Islam sich vereinbaren lassen, ist unter Islamisten umstritten. Eine Denkrichtung des Islamismus betrachtet die Demokratie als eine dem Islam naheliegende Staatsform. Zu dieser Denkrichtung gehört auch die tunesische Ennahda-Partei. Sie hat die Niederlage bei der Parlamentswahl im Oktober als demokratische Entscheidung akzeptiert.

Was sind Dschihadisten?

Auch Dschihadisten wollen, wie Islamisten, die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen verändern. Ein Kernmerkmal dieser Gruppe ist allerdings, dass sie Gewalt einsetzen, um ihre Ideologie durchzusetzen. Bekannte dschihadistische Organisationen sind die Terror-Netzwerke Al-Qaida oder der Islamische Staat (IS). Sie glauben an eine fundamentalistische Auslegung des Islam. Die Mitglieder dieser Organisationen sind also islamistische Dschihadisten mit salafistischer Ideologie.

Dschihad bedeutet nicht „Heiliger Krieg“ 

Was ist der Dschihad?

Dschihad wird fälschlicherweise oft mit „Heiliger Krieg“ übersetzt. Die Begriffe lassen sich allerdings nicht gleichsetzen. Dschihad bedeutet „Anstrengung auf dem Wege Gottes“ und meint einen Krieg gegen die Feinde des Islam. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Dschihad: den defensiven und den aggressiven. Ein defensiver Dschihad kann ausgerufen werden, wenn ein muslimisches Land von nicht-Muslimen angegriffen wird. Dem aggressiven Dschihad liegt der Gedanke zugrunde, dass die Welt erst dann perfekt ist, wenn alle Menschen Muslime sind.

Allerdings ist der Dschihad eigentlich ein historisches Konzept und spielte laut Islamwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders seit dem Mittelalter für die Muslime keine sonderlich große Rolle mehr: „Streng genommen könnte außerdem nur ein Kalif den Dschihad ausrufen. Und wie wir wissen, gibt es keinen Kalifen mehr.“ Gewaltbereite Islamisten würden sich allerdings nicht darum kümmern, sagt Schneiders. „Und wenn sie, wie IS, Geld und Macht haben, gibt es auch Menschen die ihnen folgen.“

Die am Mittwoch festgenommen Terror-Verdächtigen sollen „Ahrar al-Sham“ und „Junud al-Sham“ unterstützt haben. Wer sind diese Gruppen?

Dabei handelt es sich um salafistische Gruppen, die im syrischen Bürgerkrieg gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad kämpfen. Ideologisch unterscheiden sie sich kaum vom IS (Islamischer Staat), der ebenfalls in Syrien kämpft. Diese Gruppen sind allerdings untereinander verfeindet und kämpfen um Macht und Einfluss.

Allerdings kann es laut Islamwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders auch zu Allianzen zwischen den einzelnen Gruppen kommen. „Aktuell stehen diese Gruppen unter Druck. Sie kämpfen nicht nur gegen das Assad-Regime, sondern auch gegen die von den USA geführte Anti-IS-Allianz und die Freie Syrische Armee.“

Welche Rolle spielen deutsche Dschihadisten bei Organisationen wie dem IS?

„Leute wie der ehemalige Rapper Deso Dogg alias Denis Cuspert sind in der Hierarchie des IS mittlerweile aufgerückt“, erklärt Islamwissenschaftler Schneiders. Demnach spielen deutschsprachige Dschihadisten eine entscheidende Rolle für den IS. Durch Auftritte in Propagandavideos können Cuspert oder der österreichische Terrorist Mohamed Mahmoud neue Kämpfer im deutschen Sprachraum rekrutieren.

Aus demselben Grund sind auch salafistische Konvertiten wie Pierre Vogel wichtig. „Er weiß, wie man die Jugendlichen ansprechen muss“, erklärt Schneiders. Vogel spreche, im Gegensatz zu den Imamen in der Moschee, deren Sprache. Auch für die Kinder von Einwanderern seien Vogels Reden oft der erste Schritt hin zur Radikalisierung. „Viele Kinder arabischer oder türkischer Einwanderer sprechen längst besser Deutsch als die Sprache ihrer Eltern.“