Am 24. Februar 2022 lies Wladimir Putin seine Truppen in die Ukraine einmarschieren, umgehend verhängte die Europäische Union drastische Sanktionen gegen den Kreml. Im Gegenzug stoppte das russische Energieunternehmen Gazprom die Gas-Versorgung und hat damit allen voran Deutschland hart getroffen. Akten, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegen, offenbaren jetzt, wie stark Angela Merkel in dieses Dilemma verstrickt war.
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Angela Merkel pflegte zu Amtszeiten einen vergleichsweise engen Austausch mit Putin, welcher laut SZ-Informationen am 2. September 2015 seinen Höhepunkt fand. Auf dem Tisch der ehemaligen Kanzlerin lag ein brisantes Schreiben, welches über ein Milliardengeschäft entscheiden sollte. Der Verkauf der deutschen Gasspeicher von BASF-Tochter Wintershall an Gazprom. Im Gegenzug erhielt BASF Anteile an Gasfeldern in Westsibirien. Bei der Unterzeichnung der Verträge soll auch Putin zugegen gewesen sein.
Putin: Gas-Deal verlieh im Macht
Aus dem Kanzleramt drang die Meinung hervor, dass der Deal den deutschen Gasmarkt „deutlich verändern“ werde. Dass Gazprom somit zum direkten Vorlieferanten für Deutsche Stadtwerke, Unternehmen und Kraftwerke werden würde, schien die Merkel-Regierung nicht zu stören. Eine naive Position – und das nur ein Jahr nach der Annexion der Krim.
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„Durch Kontrolle wichtiger Gasspeicher (Befüllung, Funktionsfähigkeit) wird Gazprom für die Versorgungssicherheit der Kunden unmittelbar verantwortlich“, zitiert die SZ aus den Akten. Jene Naivität sollte sich sechs Jahre später drastisch bemerkbar machen. „Es fällt auf, dass gerade die großen, von mit Gazprom verbundenen Unternehmen betriebenen Speicher weitgehend geleert sind“, hieß es im August 2021 aus dem Wirtschaftsministerium.
Noch verheerender wurde die Lage, als sich Putin im Anschluss an die EU-Sanktionen dazu entschloss, die Gaslieferungen einzustellen. Im Sommer 2022 befand sich Deutschland in der schlimmsten Gaskrise, die Wirtschaft pfiff auf dem letzten Loch und der neue Wirtschaftsminister Robert Habeck musste in fernen Länder, beispielsweise in Saudi-Arabien oder Katar um Gas betteln.
Die Akten geben außerdem Aufschluss darüber, dass Kanzlerin Merkel die Warnungen, dass Putin das Gas künftig als Druckmittel einsetzen könnte, ignorierte. Viel größer seien die Sorgen ob der Reaktionen der Partner Polen, Ukraine und der baltischen Staaten gewesen, da diese bereits 2012 gegen das Vorhaben protestierten.