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Hausbesuch bei kranken Arbeitslosen

Jobcenter machen Hausbesuche bei kranken Arbeitslosen

Der Ermittlungsdienst des JobCenter ARGE.jpg
Foto: WR
Die Bundesagentur für Arbeit will Blaumacher unter den Hartz-IV-Empfängern besser kontrollieren. Ab sofort soll der medizinische Dienst der Krankenkassen Hausbesuche machen – weil man den Ärzten nicht traut.

Berlin. 

Wer Hartz IV empfängt und auffällig oft krank ist, muss künftig mit verschärften Kontrollen der Jobcenter rechnen. Die Agentur für Ar­beit (BA) hat ihre Sachbearbeiter zum 1. April angewiesen, bei „begründeten Zweifeln“ die Arbeitsunfähigkeit mit Hilfe des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zu überprüfen.

Notfalls müssten Empfänger zu Hause besucht werden. Überführten Simulanten soll das Arbeitslosengeld gekürzt werden. Hintergrund ist der Null-Toleranz-Kurs der BA gegenüber so genannten Blaumachern.

Es geht um Empfänger, die eine Erkrankung vortäuschen, um im Jobcenter zu fehlen oder um ein Vorstellungsgespräch platzen zu lassen. Die Kassenärzte wehren sich indes ge­gen den Verdacht, dass sie aus Gefälligkeit Menschen krankschreiben. „Atteste und Krankschreibungen stellen die niedergelassenen Ärzte unter medizinischen Gesichtspunkten aus“, versicherte der Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler. Die BA dürfe nicht durch bürokratische Kontrollmaßnahmen „ungerechtfertigtes Misstrauen gegen die Ärzteschaft schüren“.

Die Linke befürchtet mehr ärztliche Fehlurteile

„Schnüffelei im Ärztezimmer ist inakzeptabel“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping. Die Arbeitsagentur greife in das gesetzlich besonders geschützte Verhältnis von Arzt und Patienten ein. „Es ist zu befürchten, dass die Gefahr von ärztlichen Fehlurteilen steigt, wenn Patienten von Amts wegen hinterhergeschnüffelt wird“, so Kipping. Die Linke werde „alle juristischen und politischen Hebel nutzen, um das zu kippen“.

Die BA ist seit zwei Jahren zu den verschärften Kontrollen berechtigt. Nun hat sie sich mit den Krankenkassen auf Kosten und Datenschutz geeinigt. Es gibt es keinen Hinweis darauf, dass Hartz-IV-Empfänger vermehrt mutwillig ihre Chancen auf Anstellungen verspielen. Dass es Fälle von Missbrauch gebe, sei aber in den Jobcentern unstrittig, so eine BA-Sprecherin. „Wir sagen den Vermittlern ganz klar: Lasst euch nicht von Leuten auf der Nase herumtanzen, die immer dann krank sind, wenn wir mit ihnen etwas vorhaben“, fügte sie hinzu.

Im März hatten sich laut BA 68.000 Hartz-IV-Bezieher krank gemeldet. Das ist zwar der höchste Krankenstand seit Januar 2012, fällt aber nicht aus dem Rahmen. Denn die Zahl der Erkrankungen ist in diesem Winter insgesamt deutlich gestiegen.