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Hat Guttenberg auch seinen Lebenslauf poliert?

Hat Guttenberg auch seinen Lebenslauf poliert?

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Der Verteidigungsminister soll nicht nur bei der Doktorarbeit geschummelt haben. Auch sein Lebenslauf ist laut Medienberichten mindestens „aufgehübscht“.

Essen. 

Fast täglich gibt es neue Vorwürfe in der Schummel-Affäre um Guttenbergs Doktorarbeit: Weitere Plagiats-Hinweise tauchen auf. Auf zwei Dritteln der 400 Seiten von Guttenbergs Doktorarbeit sollen Kopien aufgetaucht sein, meldet die Website „Guttenplag.wiki.com“. Der Spiegel enthüllte zudem, dass Guttenberg für seine 2006 vorgelegte Doktorarbeit den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in Anspruch genommen haben soll.

Nun soll der adlige Politiker auch seinen Lebenslauf aufgehübscht haben. Von „beruflichen Stationen in Frankfurt und New York“ schreibt Guttenberg auf seiner Internetseite, auch eine Tätigkeit als „freier Journalist bei der Tageszeitung Die Welt (bis 2002)“ listet er auf. Das aber sei „ganz offensichtlich übertrieben“, deckte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung auf. Es habe sich um mehrwöchige Studentenpraktika in Frankfurt und New York gehandelt. Und die Arbeit als Journalist habe sich während eines Zeitraums von sechs Monaten in „acht kleineren Beiträgen“ erschöpft, von denen vier mit anderen Autoren gemeinsam verfasst worden seien.

Als Jurist hat Guttenberg sein Studium mit „Prädikatsexamen“ abgeschlossen, wie der tabellarische Lebenslauf auf seiner Homepage vermerkt. Doch damit ist lediglich das erste Staatsexamen gemeint. In Deutschland gilt Guttenberg damit nicht als „Volljurist“, wozu ein Referendariat sowie ein zweites Staatsexamen nötig sind. Mit einer Doktorarbeit, so spekuliert die FAS, habe Guttenberg diesen Makel womöglich tilgen oder überspielen wollen.

Auch seine Tätigkeiten als „Geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH“ sowie als Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG seien laut FAS weniger anspruchsvoll gewesen, als es den öffentlichen Anschein hat. Beides habe gleichwohl als Beleg für seine Fähigkeiten auf wirtschaftlichem Gebiet gegolten.

In der freien Wirtschaft käme Guttenberg mit seinen Angaben im Lebenslauf kaum durch, glaubt der Mülheimer Managementberater Claus-Peter Barfeld. Er kennt sich aus mit geschönten Lebensläufen. „Es kommt vor, dass manipulierte Zeugnisse eingereicht werden“, sagt der Personalexperte. Für den Bewerber bringe das meistens wenig, „immer mehr Arbeitgeber lassen sich inzwischen die Originale vorlegen“. Viele seien misstrauisch, da es durch die mittlerweile üblichen Bewerbungen per E-Mail einfacher sei, Unterlagen zu manipulieren.

Ohne Reue schummeln

Zeugnisse brauchte zu Guttenberg hingegen gar nicht, um sein „Curriculum vitae“, seinen Lebenslauf, dem Wahlvolk zu präsentierten. Referenzen auch nicht. Was er angab, passte zu seinem stilvollen, selbstsicheren Auftritt auch auf internationalem Parkett.

Im Management reicht es nicht, wenn der Lebenslauf und das vom potenziellen Arbeitgeber geforderte Profil scheinbar perfekt passen. „Wenn wir der Meinung sind, dass wir einen geeigneten Kandidaten gefunden haben, erkundigen wir uns häufig bei den früheren Arbeitgebern“, sagt der Personalberater, der für Unternehmen Fach- und Führungskräfte sucht. In der freien Wirtschaft wäre zu Guttenberg mit diesem Lebenslauf wohl kaum durchgekommen, resümiert der Experte.

Auch die Wissenschaft kennt das „Phänomen Guttenberg“. Vermutlich hat die Psychologin Amy Brunell von der Ohio State University den Namen des Verteidigungsministers noch nie gehört, doch könnten ihre Ergebnisse zum Verständnis seines Verhaltens beitragen. In ihrer Studie untersuchte sie den Aufstiegswillen narzisstischer Persönlichkeiten, also selbstverliebter Menschen mit ausgeprägtem Selbstwertgefühl.

Studenten mit narzisstischer Veranlagung seien eher geneigt, bei Prüfungen zu fälschen oder zu pfuschen, zeigte sie in ihrer Studie mit 200 Testpersonen. „Narzissten wollen von anderen bewundert werden, sie müssen ihr übersteigertes Selbstwertgefühl be­wahren“, schreibt sie in dem Fachblatt „Personality and Individual Differences“.

Um zu bekommen, was sie wollen, schieben sie moralische Bedenken zuweilen beiseite, so Brunell – und hätten nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei. „Ohne Reue schummeln sie sich nach oben.“