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Donald Trump – Betonkopf mit brachialer Rhetorik

Trump – Betonkopf mit Brachial-Rhetorik

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Läuterung von Donald Trump? Weit gefehlt. Seine Rhetorik beim Thema Einwanderung könnte grobschlächtiger nicht sein. Das will er auch.

Dirk Hautkapp. 

Die Hoffnung auf eine Läuterung des Radikal-Populisten Donald Trump in der Einwanderungsfrage hat sich als irrig erwiesen. Zehn Wochen vor der Wahl in Amerika steht fest, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat zu einer humanen, realistischen und vernunftbestimmten Lösung im Umgang mit rund 11 Millionen Illegal im Land nicht fähig ist.

Sein Doppel-Auftritt – erst beim mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto, dann im Wahlkampf im grenznahen Arizona – bestätigt auf prekäre Weise das Bild, das der 70-jährige Bau-Unternehmer abgibt. Donald Trump ist ein beratungsresistenter Betonkopf, der ohne Scham binnen Stunden zwei konträre Gesichter aufsetzt. Seiner Süßholzraspelei in Mexiko folgte in Phoenix die brachiale Anti-Einwanderer-Rhetorik, mit der Trump seit 16 Monaten nach Stimmen fischt.

Am Ende siegten die gefährlichen Phantastereien

Die Vermutung, Trump würde sich angesichts dümpelnder Umfragewerte mit milderen Forderungen gemäßigten Wählerschichten öffnen, war falsch. Die Angst, bei einer Aufweichung seines politischen Markenkerns – Massenabschiebungen von Illegalen, Bau eines Grenzwalls zu Mexiko, ideologische Gewissenstests für Neuankömmlinge – die auf Krawall gebürstete Anhängerschaft zu verprellen, hat über die sachliche Notwendigkeit gesiegt, gefährliche Phantastereien endlich aufzugeben.

Dazu zählt die angekündigte Ausweisung von Millionen Mitbürgern, die illegal über die Grenze gekommen sind, zum Teil seit zehn, 20 Jahren mit ihren Familien in den USA leben, Steuern zahlen und Recht und Gesetz achten. Schon aus Praktikabilitätsgründen ist dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Dass es der amerikanischen Volkswirtschaft schweren Schaden zufügen würde, steht unter Ökonomen außer Frage. In der Landwirtschaft und in der Gastronomie arbeiten Millionen Menschen „ohne Papiere“.

Trumps Lernkurve ist erbärmlich flach

Trumps Anmerkungen erinnern frappierend an den missglückten Aufruf zur „Selbst-Deportierung“, den 2012 der damalige republikanische Präsidentschafts-Anwärter Mitt Romney an die Latino-Gemeinde richtete. Sein Motto damals: Geht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid – stellt euch dann am Ende der langen Schlange derer an, die legal in den USA ihr Glück suchen wollen – wenn ihr eine weiße Weste, kann es vielleicht klappen.

Von den über 20 Millionen Latinos im wahlfähigen Alter erhielt Romney dafür am Wahltag die schmerzhafte Antwort. Ranghohe Republikaner folgerten danach: „Wir müssen aufhören, eine dumme Partei zu sein.“ Dass Trumps Lernkurve trotzdem so erbärmlich flach ist und ein Wahlgeschenk für die Demokratin Hillary Clinton, macht beinahe sprachlos.

Keine Spur von gesundem Menschenverstand

Mit seiner Rede in Phoenix hat sich Donald Trump endgültig von den Grundüberzeugungen der Partei verabschiedet, die ihm fatalerweise eine Plattform geboten hat. Top-Republikaner hatten in der Vergangenheit wie Präsident Obama immer wieder entlang einer Linie gearbeitet: Unbescholtenen, illegalen Einwanderern soll ein Weg eröffnet werden, ihren Aufenthalt nachträglich zu legalisieren. Vorreiter dieser Bewegung war ein Mann, auf den sich die Konservativen wie auf einen Säulen-Heiligen berufen.

Ronald Reagan bewahrte vor 30 Jahren über 1,5 Millionen Illegale per Erlass vor der Abschiebung. Eine präsidiale Amnestie. Donald Trump hat die Republikaner meilenweit von dieser Praxis des gesunden Menschenverstandes entfremdet. Am Wahltag verdienen sie dafür die Quittung.