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Der böse Nazi-Verdacht

Der böse Nazi-Verdacht

Seit 2011 ist in Rostock bekannt, dass die Ruderin Nadja Drygalla mit einen aktiven NPD-Mann liiert ist. Jetzt hat sie das Olympia-Team verlassen.

London/Rostock. 

Der deutsche Frauen-Achter kann nach Hause fahren. Er ist in London ausgeschieden. Aber auch im Erfolgsfall hätte er in dieser Team-Zusammensetzung nicht mehr antreten können. Die Ruderin Nadja Drygalla ist vorzeitig abgereist. Der Grund: Die Sportlerin ist die Freundin eines NPD-Funktionärs.

Um 0.38 Uhr in der Nacht zum Freitag schickte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine brisante Mail heraus. „Heute erhielt die Leitung der deutschen Olympia-Mannschaft Erkennt­nisse zum privaten Umfeld der ­Ruderin Nadja Drygalla“.

Nadja Drygalla? Nur Experten war der Name der 23-jährigen Rostockerin bekannt. Neun Stunden später drehte sich alles um die junge blonde Frau, obwohl sie London längst verlassen hatte. Freiwillig, sagt der DOSB.

Freund selbst Ruderer

Michael Vesper, DOSB-Generalsekretär, musste erklären, warum sie nicht mehr zum Olympia-Team zählte. Das Athletenprofil, das sie noch als Polizistin führte, obwohl sie das seit fast einem Jahr nicht mehr ist, war von der Internetseite gelöscht. Nadja Drygalla ist Lebenspartnerin des Rostocker NPD-Mannes Michael Fischer, der 2006 selbst bei der Junioren-WM Silber mit dem Achter geholt hatte.

Vesper hatte ein 90-minütiges Gespräch mit Drygalla geführt: „Sie hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie voll und ganz hinter den Werten der Olympischen Charta steht.“ Die 23-Jährige habe sich von der rechtsextremen Szene distanziert.Vesper sagte, der DOSB dulde unter seinen Sportlern keine Fremdenfeindlichkeit. Beim „leisesten Hinweis“ darauf wäre solch ein Sportler nicht mehr Mitglied der deutschen Mannschaft. Allerdings könne es nicht Aufgabe des Sportbundes sein, auch das Umfeld der Sportler zu prüfen.

Der Deutsche Ruderverband (DRV) schien das private Umfeld der Sportlerin nicht zu kennen oder hat es ignoriert. DRV-Präsident Siegfried Kaidel: „Hier wird der Ruf einer Person beschädigt, ohne mit ihr gesprochen zu haben“. Drygallas Essener Team-Kollegin Ronja Schütte wollte nichts sagen – anders als Goldachter-Steuermann Martin Sauer: „Wir kennen sie schon lange, sie hat uns nie erzählt, dass sie einen Freund aus der rechten Szene hat.“

Beziehung seit 2011 bekannt

In Rostock war die Beziehung zu Fischer aber seit März 2011 bekannt. Damals posierte die Polizeianwärterin neben dem Innenminister auf dem Titel der Polizeizeitung für Mecklenburg-Vorpommern. Dem Blatt gab sie ein Interview zum Engagement in der Sportfördergruppe der Polizei. ­Linke Internetplattformen outeten sie bald als Gefährtin Fischers. Das Ministerium intervenierte: „Es wurden mit ihr intensive Personalgespräche geführt“. Sie stellte den Antrag auf Entlassung.

Eine Internet-Plattform war es wohl auch, die Vesper in London aufschreckte. „Mecklenburgische Neonazifreundin bei Olympischen Spielen“, hieß es in „kombinat-fortschritt.com“ – samt Bild der „Vorzeigepolizistin“. Und: Durch ihre Liaison könnten erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue entstehen. Beim DOSB-Chef müssen die Warnlampen geblinkt haben.