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Bürgergeld: Steigende Stromkosten – so können sich Bezieher wehren

Bezieher von Bürgergeld müssen Strom vom Regelbedarf decken. Doch der vorgesehene Satz reicht oft nicht aus. Das können Betroffene tun.

Bürgergeld-Bezieher müssen Strom vom Regelbedarf decken. Doch der reicht oft nicht aus. Das können Betroffene tun.
Bürgergeld-Bezieher müssen Strom vom Regelbedarf decken. Doch der reicht oft nicht aus. Das können Betroffene tun. Foto: IMAGO / aal.photo

Mit der Umstellung von Hartz 4 auf Bürgergeld kam auch ein neuer Regelsatz in Höhe von 502 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen. Davon müssen Bürgergeld-Bezieher monatlich verschiedene Bedarfe decken, zum Beispiel Kleidung, Lebensmittel, Mobilität oder Freizeitaktivitäten.

Die Miete und Heizkosten übernimmt zwar das jeweilige Jobcenter, der Bezieher muss allerdings die Kosten für Strom aus der eigenen Tasche zahlen. Und gerade das kann zum Problem werden, vor allem angesichts der steigenden Preise.

Bürgergeld: Strompreise übersteigen Regelsatz-Bedarf

Die Inflation lag im Januar 2023 bei 8,7 Prozent. Vor allem gab es Preissteigerungen im Energie– und Lebensmittelbereich. Die Preise für Energieprodukte lagen im Januar 2023 laut Statistischem Bundesamt trotz der Entlastungsmaßnahmen um 23,1 Prozent über den Niveau des Vorjahresmonats.

Strom verteuerte sich innerhalb eines Jahres um 25,7 Prozent, trotz Strompreisbremse. Wie das Vergleichsportal „Check 24“ mitteilte, zahlte ein Ein-Personen-Haushalt im Februar durchschnittlich 60,56 Euro monatlich für die Grundversorgung – beim günstigsten Alternativanbieter für Strom 49,14 Euro im Monat.

Doch der Regelsatz im Bürgergeld sieht für den Bedarf Strom lediglich 40,74 Euro vor. Für einen Bürgergeld-Bezieher bedeutet das eine Differenz von mindestens neun Euro, die dieser kurzfristig aus anderen Regelbedarfen ausgleichen kann. Allerdings wird durch die steigenden Lebenshaltungskosten das Geld immer knapper.

Bürgergeld: Strom kann unabweisbarer Bedarf sein

Aus diesem Grund schlägt der Sozialrechtsexperte Harald Thomé vom Selbsthilfeverein „Tacheles“ den Betroffenen vor, einen Härtefallmehrbedarf als unabweisbaren laufenden Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu beantragen.

Denn während die Strompreise immer weiter gestiegen sind, wurde der Bedarf des Bürgergelds für Strom nur um 11,8 Prozent erhöht. Wie „gegen-hartz.de“ berichtete, hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2014 angesichts der Preissteigerungen im Energiesektor geurteilt:

„Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden. Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“

Bürgergeld: Das sollten Bezieher tun

Laut Thomé muss der Gesetzgeber reagieren, indem er „zusätzliche Ansprüche auf Zuschüsse zur Sicherung des existenznotwendigen Bedarfs“ gewährt. „Entweder wird die Haushaltsenergie jetzt kurzfristig aus den Regelleistungen rausgenommen, oder die Stromkosten, die sich oberhalb der Beträge, die dafür im Regelsatz vorgesehen sind, sind im Rahmen des Härtefallmehrbedarfs zu übernehmen“, mahnt der Sozialrechtsexperte.


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Weiter meint Thomé, dass spätestens dann, wenn die Kosten mehr als 20 Euro im Monat den Betrag übersteigen, der für Haushaltsenergie im Regelsatz vorgesehen ist, dann bestehe ein Mehrbedarfsanspruch (§ 21 Abs. 6 SGB II). Der Sozialrechtsexperte mahnt, die Sozialgerichte sollten Anträge auf höhere Regelsätze nicht ablehnen, sondern ausführlich prüfen.

Für Bürgergeld-Beziehende bedeutet das, dass sie einen Härtefallmehrbedarf beantragen und die Stromnachzahlung als einmaligen Bedarf beim zuständigen Jobcenter geltend machen sollten.