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Bürgergeld macht Bezieher immer ärmer – Regierung legt Karten auf den Tisch

Die Bürgergeld-Empfänger empfinden es so – und auch offizielle Zahlen belegen es: Sie können sich immer weniger leisten.

Immer weniger Kaufkraft für Bürgergeld-Empfänger.
© IMAGO / photothek

Das ist das neue Bürgergeld

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss haben Bundestag und Bundesrat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Damit kann die neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Das Bürgergeld macht die Bezieher immer ärmer – und dass, obwohl es im Januar einen Aufschlag von 53 Euro für Alleinstehende gab. Diese gefühlte Wahrheit von vielen Bürgergeld– und früheren Hartz-4-Empfängern wird nun durch statistische Zahlen untermauert. Sie können sich tatsächlich immer weniger leisten.

Auf Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Jessica Tatti musste die Bundesregierung mit offiziellen Statistiken die Karten auf den Tisch legen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Inflation führt zu einem spürbaren Kaufkraftverlust der Bürgergeld-Empfänger, der sich im laufenden Jahr 2023 noch verschärfen wird.

Bürgergeld: Kaufkraftverlust jetzt offiziell belegt

Im Vergleich Januar 2023 zu Januar 2021 ist eine regelbedarfsrelevante Preisentwicklung von 16,35 Prozent auszumachen. Das bedeutet: Alles, wofür ein Bürgergeld-Empfänger Geld bekommt, hat sich in diesem Zeitraum um über 16 Prozent verteuert. Hierzu zählen unter anderem Lebensmittel, Körperpflege-Produkte oder auch Kleidung. Es geht um das sozio-kulturelle Existenzminimum, das durch das Bürgergeld abgesichert werden soll.

Doch genau dieses Existenzminimum ist gefährdet, weil der Hartz-4- bzw. Bürgergeld-Regelsatz über die zwei Jahre trotz der zuletzt galoppierenden Inflation nicht ausreichend angepasst wurde. Die Inflation schlägt bei Empfängern dieser Sozialleistung noch mal mehr ins Gewicht, weil sie prozentual einen höheren Anteil ihres geringen Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. Die Preise in den Supermärkten schossen 2022 sogar über 20 Prozent nach oben.

Bürgergeld-Erhöhung reichte nicht aus – und Inflation verschärft das Problem

Es gab mit der Umstellung auf das Bürgergeld zwar eine deutliche Regelsatz-Erhöhung zum Jahreswechsel. Jedoch fielen die Anpassungen von Hartz 4 und Bürgergeld im Zeitraum Januar 2021 bis Januar 2023 mit einem Plus von 12,59 Prozent zu gering aus. Es bleibt eine Lücke von fast vier Prozentpunkten an Kaufkraftverlust.


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Das gilt auch, wenn man nur das Bürgergeld allein betrachtet, also den Zeitraum verkürzt. Der Regelsatz wurde im Januar 2023 um 11,8 Prozent erhöht. Das klingt zunächst nach viel. Doch der Preisanstieg im Vergleich zum Januar 2022 (da gab es die letzte Hartz-4-Erhöhung – um drei Euro!) belief sich auf 12,2 Prozent. Die immer noch hohe Inflation 2023 wird diese Lücke weiter aufreißen. Im Februar wurde eine Inflation von 8,7 Prozent ermittelt, im März waren es 7,4 Prozent.

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Linkspartei-Abgeordnete Tatti: „Arme werden immer ärmer“

Die Linkspartei-Politikerin Tatti gegenüber dieser Redaktion: „Die Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage zeigt: Mit dem Bürgergeld hat man noch weniger Kaufkraft als vorher mit Hartz 4. Auch mit dem Bürgergeld gilt: Arme werden immer ärmer“

Die Bürgergeld-Anpassung zum Jahreswechsel sei „nicht mal ein ausreichender Inflationsausgleich“ gewesen, kritisiert die Sprecherin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Linksfraktion. „Mit ihrem Nichtstun lässt die Ampel die Menschen in der Grundsicherung im Stich. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Ich fordere die Bundesregierung auf, sofort einen monatlichen Zuschlag von 150 Euro auszuzahlen und binnen dieses Jahres das Bürgergeld neu zu berechnen.“