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Deshalb wählen Menschen wirklich die AfD: „Brauchen keine Werbung“

Warum Menschen die AfD wählen? Diese Frage stellen sich nicht nur die übrigen Parteien. Ein Experte gibt verblüffende Antworten.

Warum wählen Menschen die AfD? Diese Frage stellen sich nicht nur die anderen Parteien.
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Verfassungsschutz: Sächsische AfD ist "gesichert rechtsextrem"

Der sächsische Verfassungsschutz hat die AfD im Freistaat als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die juristische Prüfung hat demnach unter anderem ergeben, dass die AfD gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt und sich antisemitischer Positionen bedient.

Warum wählen Menschen die AfD? Diese Frage stellen sich die anderen Parteien und ein großer Teil der Bevölkerung. Doch es gibt viele Gründe, erklärt Constantin Wurthmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Politikwissenschaftler an der Universität Erlangen-Nürnberg und hat zuvor am Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften geforscht. Wurthmann berichtet, es gibt mehrere Gründe dafür, dass Menschen die sogenannte Alternative für Deutschland wählen.

„Ein Grund ist sicherlich, dass im Moment pausenlos über die AfD gesprochen wird. Dabei geht es aber nicht um die Inhalte, die den Menschen wichtig sind, sondern nur um die Partei als solche. Das liegt sicherlich an den hohen Umfragewerten der AfD. In Thüringen holt die Partei bereits 34 Prozent der Stimmen – und das in dem Jahr, in dem dort ein neuer Landtag gewählt werden soll.

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AfD-Wähler: „Zu blöd, um irgendetwas zu verstehen“

Hinzu kommt, dass den Menschen, die sich dafür entscheiden, die AfD zu wählen, immer nur erklärt wird, dass sie zu blöd sind, um irgendetwas zu verstehen“. Dies alles führe zu einer ungünstigen Gemengelage, die die AfD profitieren lasse.

„Die Studien zeigen uns, dass es sich bei den AfD-Sympathisanten schon längst nicht mehr um Protestwähler handelt. Das war vielleicht am Anfang so. Im Moment sehen wir aber, dass die Menschen, die die AfD wählen, das aus Überzeugung tun.“

Es ist bekannt, dass viele Menschen auch dann AfD wählen, wenn sie selbst gar nicht von deren Politik profitieren. „Der Grund dafür ist, dass diese Menschen die AfD nicht aus wirtschafts- oder sozialpolitischen Gründen wählen. Sie entscheiden sich für diese Partei wegen gesellschaftspolitischer und auch kulturpolitischer Fragen. Ein Beispiel hierfür ist die strikte Migrationspolitik.“

Studien zeigen, dass es eben nicht die sozialpolitischen Umverteilungsmaßnahmen sind, die die Menschen zur AfD führen, sondern das Gegenteil, erklärt Wurthmann. „In der AfD wird ein sogenannter Wohlfahrts-Chauvinismus betrieben. Man möchte einen Sozialstaat nur für die Leute, die einen deutschen Pass haben.“ Diese Politik bekämen die Menschen nur bei der AfD.

Migration ist immer noch das Argument

„Andere Parteien sind sich darüber im Klaren, dass sozialstaatliche Maßnahmen nicht nur für Menschen mit deutschem Pass gelten können. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu auch schon wegweisende Urteile gefällt.“ Dennoch seien die anderen Parteien sich dieses Problems bewusst, erklärt Wurthmann.

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So habe man versucht, gewisse Maßnahmen für Menschen ohne deutschen Pass nur noch in der Form von Gutscheinen auszustellen. „Man hat Angst davor, dass die Wut von solchen Wählern in diesem Themenkomplex so enorm wird, dass man der Sache nicht mehr Herr wird.“

In der Migrationspolitik werde der AfD die höchste Lösungskompetenz von allen Parteien zugeschrieben, erklärt Wurthmann. „Dabei fordern die ja auch nur, dass die Grenzen geschlossen und Menschen abgeschoben werden sollen. Das ist ja keine wirkliche Migrationspolitik. Dennoch werden sie als glaubwürdig in dem Themenbereich wahrgenommen.“

Es sei jedoch unbestritten, dass die AfD von der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 profitiert hat, erklärt der Politikwissenschaftler. Ähnliches sei auch durch die Geflüchteten aus der Ukraine seit dem russischen Angriffskrieg wahrzunehmen. „Das große Problem, was wir in Deutschland haben, ist, dass niemand mit den Menschen darüber spricht, was da eigentlich passiert.“

Die kriegt man nicht zurück

Wenn sich die Politik hinstellen würde und explizit erklären würde, wäre das ein großer Schritt gegen die AfD, so Wurthmann. Erklärt werden könnte: „Wir haben soundso viele
Menschen hier, die einen Schutzstatus haben. Das bedeutet, es ist gesetzlich so geregelt, dass die nach dem Krieg wieder nach Hause gehen sollen.

Vermutlich wollen aber auch einige hier bleiben, was für den Arbeitsmarkt sinnvoll sein kann. Wichtig ist auch den Menschen dann zu erklären, dass Menschen, die Asyl beantragt haben, in Deutschland nicht einfach arbeiten dürfen. Das sieht das Gesetz so vor. Selbst bei Menschen aus der Ukraine, die das zumindest gesetzlich dürfen, bleiben hohe sprachliche Hürden, die überwunden werden müssen. Von den Ukrainern haben trotzdem soundso viele grade eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit.“



So könne man der AfD das Wasser von den Mühlen nehmen. Das tue aber niemand. Wenn die Zahlen unaufgedröselt bleiben, kann die AfD behaupten: „Wir haben 3 Millionen Menschen im Land, die nichts machen“ und niemand kann etwas dagegenstellen.

„Was die Wissenschaft auch weiß, ist, dass die AfD-Wähler an ihrer Partei sehr festhalten. Das ist bei keiner anderen Partei so stark der Fall. Diese Menschen wollen nicht zurück.“ Deshalb ist Wurthmann überrascht, dass andere Parteien Versuche in diese Richtung unternehmen.

CDU macht Werbung für AfD

„Im jetzigen Szenario wäre es eher sinnvoll, wenn sich die Parteien die Frage stellen, wie sie die Nichtwähler zu den Wahlurnen holen können. Das hat die AfD geschafft, wie keine Partei zuvor.“ Nichtwähler seien eine der größten Strömungen gewesen, durch die die AfD profitiert habe.


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„Wenn die Sahra Wagenknecht-Partei kommt, wird sie das wahrscheinlich auch erreichen.“ Auf Bundesebene sind die Nichtwähler etwa bei 30 Prozent, berichtet Wurthmann. „Mit dieser Gruppe müssten die anderen Parteien sprechen und sich ihrer Bedürfnisse annehmen, wollen sie die AfD in die Schranken weisen.“

Dabei solle man sich nicht ständig an der AfD aufhängen, erklärt Wurthmann. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn Parteien wie die CDU sich an der Rhetorik oder den Inhalten der AfD bedienen, die Menschen lieber zum Original gehen.“ So brauche die AfD selbst gar keine Werbung für sich zu machen.

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