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Ex-Model berichtet über den krankhaften Magerwahn: Mit diesen Tricks vertuschen die Models ihr wahres Gewicht

Ex-Model berichtet über den krankhaften Magerwahn: Mit diesen Tricks vertuschen die Models ihr wahres Gewicht

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Jessica Bergs erzählt in Frontal21 von den Methoden der Model-Agenturen. Foto: Screenshot ZDF

Jessica Bergs hat den Sprung zum Topmodel geschafft. Mit 17 auf einem Weinfest entdeckt, wurde eroberte sie die Laufsteg. War für Dior oder Calvin Klein unterwegs, modelte für Zalando.

Doch schnell lernte sie auch die Schattenseiten des Modelgeschäfts kennen. Davon berichtet sie in „Frontal 21“ (ZDF). Bei 1,75 m Größe brauchte sie einen Hüftumfang von 87 Zentimeter, sie hatte in der Regel um die 90. 53,54 kg habe sie gewogen, erzählt die junge Frau aus der Nähe von Frankfurt am Main. Kleidergröße 32/34.

Frontal 21 im ZDF: Ex-Model packt aus über Tricks der Branche

Zu viel, wie sie vielfach zu hören bekam, etwa von ihrer Agentur. Man riet ihr ihren Umfang ihrer Oberschenkel zu reduzieren. „Traurig im Nachhinein, dass man sich davon beeindrucken lassen hat – und dem dann gefolgt ist“, sagt sie rückblickend.

Doch besonders eine Erfahrung von der Bergs in „Frontal 21“ berichtet, lässt den Zuschauer kopfschüttelnd zurück.

Denn Schutzmechanismen, die verhindern sollen, dass Designer viel zu schlanke Models auf den Laufsteg senden, werden mit dreisten Methoden umgangen. In Spanien müssen Models vor jeder Modenschau gewogen werden. Eine solche Kontrolle existiert in Deutschland nicht.

Ex-Model: „Dann wurde geschummelt“

Bergs wurde von ihrer spanischen Agentur geraten, vor dem Wiegen viel Wasser zu trinken und ausgiebig zu frühstücken. Wenn das nicht reiche, müsse tiefer in die Trickkiste gegriffen werden: zu BHs, die mit Gewichten präpariert werden. „Dann wurde geschummelt“, so das Ex-Model.

„Verarscht“ habe sie sich da gefühlt, sagt Bergs heute. „Am nächsten Morgen sitzt dann einer von der Agentur neben dir und dann ist es eben nicht mehr so, dass wir das üppige Frühstück haben dürfen. Sondern dann wird wieder geguckt: ‚Oh, was isst du denn?’“

Was sagen Modelagenturen dazu? Es sei „Leistungssport“, für den man bereit sein müsse, so Claudia Midolo von einer Hamburger Modelagentur. Die perfekten Maße seien 80-58-80. Doch welche erwachsene Frau hat solche Maße? Von Natur aus keine, gibt die Modelmacherin zu.

Gefährlicher Schlankheitswahn

Was dieser Schlankheitswahn auslösen kann, erzählt eine junge Frau, die an Essstörungen litt. Man sehe die Bilder der dünnen Models in den sozialen Netzwerken und es sehe schon „cool“ aus, berichtet sie. „Die haben dann so und so viele Likes und dann denkt man: Wie berühmt und beliebt wärst du, wenn du auch so dünn wärst.“

Doch wie sehr getrickst wird mit den Körpern der Models, verrät Gerald Kühn. Er ist professioneller Bilderbearbeiter. Die Models in Katalogen sollen „schöne Kleiderständer“ sein, gegen Kurven und alles was vom eigentlichen Werbeprodukt ablenken könnte, wird dagegen gearbeitet.

Retuschierte Fotos müssen in Deutschland, anders als in anderen Ländern, nicht gekennzeichnet werden.

Jette Joop: „Die sind alle so schön“

Auch die Designerin Jette Joop hat an der Seite ihres berühmten Vaters Wolfgang folgende Erfahrung gemacht. „Bei Fotoshootings wurde da oft gesagt: ‚Die ist viel zu fett, die hat zu kurze Beine, die hat einen Pickel. Das geht gar nicht.‘ Ich dachte immer: Die sind alle so schön. Was geht denn an der nicht?“

Sie kritisiert Designer-Kollegen, die mit zu dünnen Models eigenes Versagen überdecken: „Wenn ich ein schlechter Designer bin und einfach ein ganz langweiliges Kleid gemacht habe in Grau und mir nicht viel eingefallen ist, dann nehme ich einfach ein total großes dünnes Mädchen was überhaupt keine Kurven hat“, so Joop im Interview. „Packe ich jetzt jemanden rein, der 40 hat, ist das Statement irgendwie ganz schnell vorbei.“

Vorbei ist auch die Karriere von Jessica Bergs. Sie hat vor zwei Jahren ihre Model-Karriere beendet. Die hat Spuren hinterlassen. Wenn sie etwas isst, ertappe sie sich dabei, ein schlechtes Gewissen zu bekommen, sagte sie in „Frontal 21“.