Kleine Beziehungslügen – in der Familie von Therapeutin Elli haben alle ihr Geheimnis. Die ARD-Komödie „Alle unter eine Tanne“ lüftet sie charmant.
Frankfurt.
Weihnachten ist ein Familienfest und muss dementsprechend behandelt werden: mit allergrößter Vorsicht, damit nicht schon die Stille Nacht im höchst unheiligen Radau verendet. Aus der jahreszeitlich bedingten besonders tiefen Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit schöpfen zahlreiche Komödien ihre Kraft, und eine der wirklich ansehnlichen wird heute Abend unter dem Titel „Alle unter einer Tanne“ (Freitag, ARD, 20.15 Uhr) serviert. Verzapft wurde sie von Regisseur Oliver Schmitz und dem Drehbuch-Duo Lo Malinke und Philipp Müller.
Das mit der „Tanne“ im Titel musste wohl sein, damit man gleich weiß, dass hier was mit Weihnachten läuft, aber passender wäre wohl „Nichts als die Wahrheit“ gewesen.
Nichts ist am Ende so, wie es anfangs scheint
So heißt nämlich der neue Bestseller der berühmten Paartherapeutin Elli Berger-Voigt (Gaby Dohm). Mit guten Ratschlägen für die kaputten Beziehungen anderer Leute ist Elli ganz groß, vor der eigenen Tür wurde allerdings schon längere Zeit nicht mehr gekehrt. Die Ehe ist ziemlich unappetitlich in die Brüche gegangen. Elli pflegt eine Affäre mit dem wesentlich jüngeren Fahrlehrer (Claes Kasper Bang), Ehemann Robert (Michael Gwisdek) wiederum mit seiner ebenfalls jüngeren Sprechstundenhilfe – und das alles bereits seit drei Jahren. Die Kinder sind aus dem Haus und haben das gar nicht mitbekommen, unter anderem, weil man ihnen zum gemeinsamen Weihnachtsfest immer noch das Glitzerbild einer intakten Familie vorgaukelt.
Wenn man sich allerdings nicht an das eigene Motto mit der „Wahrheit“ hält, geht das natürlich irgendwann schief. An diesem Fest lassen sich die beiden neuen Partner nämlich nicht mehr wie gewohnt abschieben. Fahrlehrer Micha und Sprechstundenhilfe Chrissie (Johanna Gastdorf) haben sich einquartiert und fordern lautstark ein Ende des Versteckspiels.
Beim Gänsedinner fliegt alles auf
Das verspricht natürlich munter zu werden, man ahnt das früh, zumal die drei Kinder ebenfalls das Gebot mit der Wahrheit nicht so ganz ernst nehmen. Sohn Tobias (Bernhard Piesk) ist nicht wie erhofft ein erfolgreicher Komponist geworden, sondern produziert Werbespots für Klopapier, Tochter Susanna (Susanna Simon) ist pleite, das Nesthäkchen Leonie (Anna Julia Kapfelsperger) schwanger, weiß aber nicht, von wem, und von all diesen Verirrungen hat man den Eltern nie was erzählt.
Beim Gänsedinner fliegt alles auf. Wie erwartet, brennt der Baum, natürlich auch im wortwörtlichen Sinn, wie sich das für eine anständige Komödie gehört. Danach wird es leider etwas besinnlich, sogar ein bisschen moralisch, und auch das soll ja zu Weihnachten in den besten Familien vorkommen, aber ins Schleudern kommt die Geschichte durch die Vollbremsung nicht.
Stille Nacht im Gangnam-Style
Zum Ausklang trifft sich die ganze Bande im gewohnt frechen Tempo im Asia-Imbiss, wo man die Stille Nacht im Gangnam Style durchtanzt, und alles könnte vielleicht doch noch gut werden.
Fazit. Hut ab, ein gelungener Weihnachtsfilm ohne Rührseligkeitsgewürz, dafür mit einer ausgezeichneten Schauspielerriege (Gaby Dohm, Michael Gwisdek), witzigen Dialogen und lakonischem Witz. Lediglich ein kleiner Hänger kurz vor dem letzten Akt verhindert die volle Punktzahl.