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Wetterchaos – Deutschland blüht auf und USA bibbern weiter

Deutschland blüht auf – USA bibbert weiter

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Foto: WAZ FotoPool
Verrückte Welt: Deutschland erlebte einen Winter, der ein Sommer war. Und auf der anderen Seite des Atlantiks findet das große Bibbern kein Ende. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den verrückten Wetter-Extremen? Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst kennt die Antwort.

Offenbach. 

Andreas Friedrich freut sich schon. Der Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach saß am Mittwochnachmittag noch im langärmligen Hemd im Büro. „Aber am Wochenende kommt der Frühling“, frohlockte der DWD-Experte, „dann kann man wieder T-Shirts tragen.“ An Rhein und Ruhr wird es bis zu 16 Grad warm, selbst im Sauerland werden zweistellige Tagestemperaturen erwartet.

Granddaddy – gute Miene zum kalten Spiel

Derweil machte Greg Novak in Gilman, US-Staat Minnesota, gute Miene zum bösen Spiel. Während Europa einen Winter erlebte, der ein Sommer war, bibbert Nordamerika bei geradezu sibirischen Temperaturen, seit Wochen schon. Für den Farmer bedeutete das: Schnee räumen, Schnee räumen, Schnee räumen. Bis ihm eine Idee kam. Novak türmte kurzerhand die weißen Massen auf zu einem gigantischen Schneemann, 15 Meter hoch, genannt „Granddaddy“. Auch wenn einige Zeitgenossen das Treiben von Mr. Novak belächelten – letztlich hatte er das bessere Ende für sich. Inzwischen lockt „Granddaddy“ Touristen in den kleinen Ort im Mittleren Westen der USA.

Minnesota gilt derzeit als kältester Bundesstaat der USA. In der Nacht zum Mittwoch stürzte das Thermometer an der Grenze zu Kanada auf minus 33 Grad – ein neuer Kälterekord für den Monat März.

Selbst der US-Süden friert

Die Kälte hat weite Teile des Landes erfasst. Selbst Atlanta, US-Staat Georgia, tief im Süden, zittert am Donnerstag bei lausigen fünf Grad plus. Erst die nächsten Tage bringen Milderung.

Warum fiel der Winter in Europa aus, während Nordamerika mit einem Doppelpack Frost heimgesucht wurde? Wetterforscher Friedrich verweist auf die Großwetterlage. Bis Weihnachten hatte sich ein Tiefdrucksystem im Dreieck Kanada, Grönland und Island festgesetzt. Weil Tiefs sich gegen den Uhrzeigersinn bewegen, hatte die Lage der Schlechtwetterzone fatale Folgen: Sie schaufelte aus Nordwest Eis-Luft nach Nordamerika, während Europa in einer Südwest-Drift lag und mit ungewöhnlicher Wärme versorgt wurde.

Der Westen Europas erlebte einen extrem nassen Winter

Doch vielerorts entpuppte sich ein extrem warmer Winter auch als extrem nasser Winter. So wurde der Westen Europas, von Portugal bis Großbritannien, regelrecht geflutet. Deutschland indes blieb verschont. So bilanzierte der DWD vor Kurzem zum Ende des meteorologischen Winters: „Trotz der regen Tiefdrucktätigkeit über Westeuropa war es bei uns insgesamt sonnenscheinreich, erheblich zu trocken und extrem mild.“ Unterm Strich erlebte Deutschland den viertwärmsten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881.

Wie der nächste Winter wird? Dazu Friedrich: „Wenn ich das wüsste, würde ich den Nobelpreis erhalten.“ Der Fachmann sieht eher eine Art Natur-Lotto am Werk: „Das Wetter folgt dem Chaos-Prinzip der Atmosphäre.“