Veröffentlicht inPanorama

Wenn der Energieversorger auch nach der Kündigung weiter Geld sehen will

Wenn der Stromversorger nach der Kündigung weiter abrechnet

6002384657654780.jpg
Verbrauchszähler Strom Foto: Dirk Bauer
Ärgernis der Woche: Annette Heringhaus kündigt dem Versorger Extraenergie, als sie umzieht. Doch die Firma rechnet weiter noch Strom und Gas ab, als sie aus der alten Wohnung raus ist. Dabei hat sie alles richtig gemacht. Jetzt zeigt sich Extraenergie gesprächsbereit.

Ennepetal. 

Ein Umzug – dann kam der Ärger. Leserin Annette Heringhaus aus Ennepetal kämpft jetzt um 162,22 Euro und ums Prinzip. Vor knapp einem Jahr wollte sie Geld sparen und schloss einen Strom- und Gasvertrag mit dem Billiganbieter Extraenergie ab. Der Konzern, Sitz in Neuss, machte ihr ein „gutes Angebot“, sagt sie. Heringhaus sollte nach einem Jahr einen 250-Euro-Bonus bekommen. Doch dann änderte sich ihr Leben.

Die Frau aus Ennepetal zog am 30. Juli diesen Jahres innerhalb der Stadt in eine günstigere Wohnung. Heringhaus rief schon im Mai bei der Extraenergie-Hotline an. „Da hängt man zwar ein paar Minuten in der Leitung, braucht etwas Geduld, aber die waren nett“, sagt sie heute.

Damals erzählte sie der Frau an der anderen Seite der Leitung, dass sie umziehe, es in der neuen Wohnung keinen Gasanschluss gebe, sie aber den Stromvertrag gerne mitnehmen wolle. Nur Strom? Nein, das gehe nicht. Dann müsse sie kündigen. Darum der Wechsel. Doch als Heringhaus im August von Extraenergie schon längst keine Kilowattstunde mehr verbrauchte, stellte ihr die Firma wieder die übliche Rechnung. Dabei hatte Heringhaus bei der Kündigung alles richtig gemacht, zumindest so wie mit der Hotline besprochen.

Bei der Kündigung alles richtig gemacht

Eine Kündigung ist keine komplizierte Sache und klar geregelt. Für Jürgen Schröder, Jurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ist der Fall sofort klar. Heringhaus habe ein „gesetzlich verankertes Recht“, den Vertrag zu kündigen, sagt er. Da gehe es nicht um Kulanz, sondern um Paragraf 314 im Bürgerlichen Gesetzbuch, Absatz 1: „Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen“. Und Umzug sei ein wichtiger Grund, sagt der Jurist. Der käme ja auch meist zum Monatsende. Da könne einfach „sauber abgerechnet“ werden. Schröder macht eine Einschränkung. Eine Kündigung müsse „innerhalb einer angemessenen Frist“ erfolgen. Wer Monate vorher weiß, dass er umzieht, sollte sich dann schon kümmern.

Heringhaus hatte sich gekümmert. Die Frau von der Extraenergie-Hotline hatte ihr bei dem Gespräch im Mai erklärt, dass sie sofort, nachdem sie sich bei der Stadt umgemeldet hat, eine Bescheinigung schicken möge. Dann gelte ein Sonderkündigungsrecht. Das war eine Ansage, wenn auch nur telefonisch. „Bestätigt ist bestätigt“, argumentiert Jurist Schröder. Kurz nach ihrem Umzug, am 2. August, faxte Heringhaus die Ummeldung.

Extraenergie ist offenbar ein Sorgenkind

Für Schröder ist Extraenergie ein extra Fall. Der Jurist spricht von „Sorgenkind“, von „zig Problemen“. Da reiche schon ein Blick in die Internetforen: Die einen warten monatelang auf ihre Abrechnungen, die Erstattung von Guthaben oder ihre Abschlagszahlungen sind überhöht. Die anderen haben extra für eine Preisgarantie Geld gezahlt, trotzdem flattert ihnen plötzlich eine Preiserhöhung ins Haus.

Die Firma hat sich im Jahr 2008 gegründet. Als sich anfangs die Beschwerden häuften, erklärte der Newcomer, der Kundenansturm sei zu groß. Kommt die Firma einfach nur nicht hinterher, auch heute noch nicht?

Beschwerde über Mahn- und Bearbeitungsgebühren

Heringhaus hat sich das Geld für den Monat August nach vier Wochen per Rücklastschrift zurück geholt. Dann bekam sie ihre Endabrechnung. Darin gelistet: die Kosten für August – 64 Euro für Gas, 77 Euro für Strom. Und: Mahn- und Bearbeitungsgebühren. Sie beschwerte sich. Anfang Oktober bekam sie eine neue Abrechnung. Aus Sicht von Heringhaus war diese allerdings wieder falsch. Heringhaus sagt, die Firma habe ihr erneut die Gas- und Stromkosten abgezogen. Extraenergie bestreitet das.

Auf Anfrage dieser Zeitung erklärte die Firma: „Für Frau Heringhaus sind keine Kosten in Höhe von 162,22 Euro entstanden.“ Mahn- und Bearbeitungsgebühren seien schon im Oktober „storniert und das verbleibende Restguthaben überwiesen“ worden.

Der Versorger will sich noch einmal melden

„Ich kann das alles nicht nachvollziehen“, sagt Heringhaus. Sie habe „kein Guthaben“ bekommen. Extraenergie hat nun versprochen: „Wir werden Frau Heringhaus diesbezüglich noch einmal kontaktieren, um alle offenen Fragen zu klären.“ Sie darf hoffen, den Ärger bald abheften zu können.

Hat ein Kunde Ärger mit seinem Stromanbieter, sollte er zunächst mit dem Energielieferanten Kontakt aufnehmen und klar machen, was das Problem ist und was er sich wünscht. sollte das schriftlich festhalten, um später einen Nachweis zu haben. Ein Energieversorger muss in vier Wochen Stellung beziehen. Die Verbraucherzentrale NRW berät, wenn es Ärger mit Strom und Gas gibt unter: http://www.vz-nrw.de. Auch die Bundesnetzagentur bietet Hilfe unter http://www.bundesnetzagentur.de. Oder man schaltet die Schlichtungsstelle Energie ein: http://www.schlichtungsstelle-energie.de