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Was geschah mit dem polnischen Lkw-Fahrer während der Tat?

Was geschah mit dem polnischen Lkw-Fahrer während der Tat?

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Völlig zerstört ist die Front eines LKW am 20.12.2016 in Berlin. Bei einem möglichen Anschlag war ein Unbekannter am Montag (19.12.) mit einem Lastwagen auf einen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren. Foto: Britta Pedersen/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Foto: dpa
Der Lkw-Fahrer Lukasz U. soll laut Ermittlern während des Anschlags noch gelebt haben. Hat er vielleicht sogar Schlimmeres verhindert?

Berlin/Warschau. 

Er musste sein Leben lassen, doch womöglich hat er Leben gerettet und noch Schlimmeres verhindert: Der 37-jährige polnische Fahrer des gekaperten Lkw, Lukasz U..

Seine Obduktion ergab laut Ermittlern, dass er bis zum Attentat gelebt hat. Das würde bedeuten, dass er in der Fahrerkabine saß, als ein Terrorist, mutmaßlich Anis Amri, am Montagabend mit seinem Lkw auf die Menschen am Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche zuraste.

Pole griff offenbar ins Lenkrad

„Es muss einen Kampf gegeben haben“, zitiert die „Bild“-Zeitung einen Beamten. Offenbar zückte der Terrorist ein Messer und stach mehrfach zu, weil der Pole ins Lenkrad griff, um Menschenleben zu schützen. Als der Lkw schließlich zum Stehen kam, war U. tot, vom Attentäter erschossen. U. hinterlässt seine Frau und einen 17-jährigen Sohn. U’s Vater musste nach der Nachricht vom Tod seines Sohnes ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Für seine Familie werde nichts mehr wie es war, schreibt Speditionsbesitzer Ariel Zurawski, zu dessen Firma der Lkw gehört, auf der Facebook-Seite des Unternehmens. Auch Zurawski verlor mehr als bloß seinen Angestellten: Der Fahrer war sein Cousin.

Vermutlich gab es einen Kampf

„Ein doppelter Verlust“, sagte Zurawski am Mittwoch Reportern in Polen. „Das, was passiert ist, hat uns bis an unsere Grenzen erschüttert.“ Sein Cousin sei ein gewissenhafter Mensch gewesen. „Ich hätte meine Hand für ihn ins Feuer gelegt.“

Den Speditionsbesitzer plagen Sorgen, sein Cousin könnte womöglich als Komplize betrachtet werden. „Es war mit Sicherheit zu sehen, dass er gekämpft hatte“, sagt Zurawski, der das Opfer auf einem Foto identifizieren musste. Er habe das Bild zunächst gar nicht sehen wollen. „Es war drastisch.“ Der Angreifer müsse seinen Cousin beim Einsteigen ins Fahrerhaus überrumpelt haben, mutmaßt der Spediteur. Denn dieser sei mit 120 Kilogramm ein stattlicher Mann.

„Erstes Opfer der abscheulichen Gewalttat“

Dass der Pole ein Terroropfer ist, steht auch für die polnische Presse außer Frage. Lukasz sei „brutal ermordet“ worden, berichtet das Fernsehen. „Der Wagen wurde gekidnappt“, schreibt das Boulevardblatt „Fakt“. Polens Regierungschefin Beata Szydlo bezeichnete Lukasz als „das erste Opfer der abscheulichen Gewalttat“.

(mün/dpa)