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Warum Silvia Seidel offenbar an „Anna“ zerbrochen ist

Warum Silvia Seidel offenbar an „Anna“ zerbrochen ist

Silvia Seidel ist tot. Mit nur 42 Jahren hat sich die Schauspielerin, die als Ballerina Anna in der gleichnamigen ZDF-Weihnachtsserie berühmt wurde, offenbar das Leben genommen. „Die Rolle hat mir mein Leben versaut“, soll sie einmal gesagt haben. Wie ihr ging es vielen Kinderstars.

München. 

Als Ballerina Anna Pelzer verzauberte Silvia Seidel 1987 ein Millionenpublikum vor den Fernsehgeräten. Als 18-Jährige spielte sie damals die Hauptrolle in der sechsteiligen ZDF-Weihnachtsserie „Anna“ und löste so einen wahren Ansturm auf die Ballettschulen der Republik aus. Nun ist Silvia Seidel tot. Offenbar hat sie sich mit nur 42 Jahren das Leben genommen. Ihr Tod wurde erst am Montag bekannt.

„Silvia Seidel war als Anna das Idol einer ganzen Generation junger Mädchen. In der Rolle der zielstrebigen Balletttänzerin wurde sie aufgrund ihren großen Leidenschaft für den Tanz und ihr Können bewundert“, erklärt Barbara Biermann, Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Kinder und Jugend. Der Erfolg machte der als sensibel geltenden Schauspielerin in den Folgejahren sehr zu schaffen. „Die Rolle hat mir mein Leben versaut“, klagte Seidel einst in einem Interview. Seidel war in der vergangenen Woche in ihrer Wohnung in München aufgefunden worden.

Auch Seidels Mutter hat Suizid begangen

Mit der Serie „Anna“ und dem ein Jahr später folgenden Kinofilm „Anna – Der Film“, jeweils mit Patrick Bach in der männlichen Hauptrolle, hatte die Theater- und Fernsehschauspielerin bereits in jungen Jahren den Zenit ihrer Karriere erreicht. Für den Film erhielt Seidel sogar den „Bambi“. An diese Erfolge konnte sie später nicht mehr anknüpfen. Mit dem Suizid ihrer Mutter 1992 erlitt Seidel einen Schicksalsschlag. Statt großer Filmrollen übernahm die Schauspielerin seitdem nur noch kleine Auftritte. Unter anderem war Seidel in den Serien „Soko Leipzig“, „Siska“ und „Die Rosenheim-Cops“ zu sehen. Auch privat klagte sie über Probleme. „Ich bin oft arbeitslos und weiß dann nicht, wovon ich die Miete bezahlen soll“, gab die Schauspielerin einst zu.

Zuletzt soll Seidel häufiger in einer Münchner Eckkneipe zu Gast gewesen sein. Als sie dort nicht mehr auftauchte, hatte die Wirtin die Polizei verständigt. Die Beamten fanden die Leiche von Silvia Seidel schließlich in ihrer Münchner Wohnung. „Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gibt es nicht“, berichtete ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München I. Treffend beschreibt der Titel ihres letzten Fernsehauftrittes als Judith Petersen im Forsthaus Falkenau den tragischen Lebensverlauf von Silvia Seidel: „Verloren gegangen“.

Silvia Seidel reiht sich ein in eine lange Liste von nationalen und internationalen Stars, die an ihren früh erworbenen Ruhm im Erwachsenenalter nicht mehr anknüpfen konnten. Tommy Ohrner zählt dazu. Als „Timm Thaler“ (1979) und „Manni, der Libero“ (1981) war der heute 47-Jährige schon als Jugendlicher erfolgreich. Seine späte TV-Karriere, etwa als Interims-Moderator von „Lass dich überraschen“, „Glücksrad“ oder „Verstehen Sie Spaß“, war nicht von Erfolg gekrönt. Zuletzt spielte Ohrner in „Verbotene Liebe“ und drehte einen Kinofilm. Auch für Radost Bokel (37) alias „Momo“ (1986) war nach ihrem frühen Höhenflug mit elf Jahren Schluss. In der Vergangenheit versuchte sie sich erfolglos als Sängerin, ließ sich in erotischen Posen fotografieren und belegte Platz sieben im Dschungelcamp 2011.

Einer der ersten Kinderstars, die ganz oben und ganz unten waren, ist Judy Garland. 1939 wurde sie im zarten Alter von 17 in der Rolle der Dorothy in „The Wizard of Oz“ weltberühmt, bekam sogar den damals noch vergebenen „Juvenile Oscar“. Es folgten Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch, bis Garland 1949 schließlich einen Suizidversuch unternahm. Sie überlebte.

Alkohol, Drogen und Affären

Die wohl bekanntesten Beispiele für Karrieren, die in der jüngeren Vergangenheit nach kometenhaftem Aufstieg aus der Bahn gerieten, sind die von Macaulay Culkin „Kevin allein zu Haus“ und Drew Barrymore „E.T.“. Culkin zerstritt sich mit seiner Familie, feierte exzessiv, wurde wegen Drogenbesitzes festgenommen und führte eine kurze Ehe, die er mit 17 Jahren geschlossen hatte. Noch extremer ging es für Barrymore bergab: Mit sechs Jahren wurde sie berühmt, mit neun trank sie, mit zwölf nahm sie Kokain und schrieb nach einem gescheiterten Selbstmordversuch im Alter von 15 Jahren ihre Memoiren unter dem prägnanten Titel „Little Girl Lost“. Heute allerdings zählt sie zu den bestbezahlten Stars in Hollywood.

Noch ein einstiger Kinder-Promi in der Karriereachterbahn ist Lindsay Lohan. 1998 war sie mit zwölf Jahren in „Ein Zwilling kommt selten allein“ erfolgreich, acht Jahre später stürzt sie mit Alkohol und Drogen ab, wird betrunken am Steuer entwischt, besucht Entzugskliniken, wird immer wieder straffällig und muss sogar ins Gefängnis. Shannen Doherty wurde mit elf Jahren durch ihre Rolle als Jenny Wilder in „Unsere kleine Farm“ (1981-83) bekannt, spielte dann die Brenda Walsh in „Beverly Hills 90210“ (1990-94) und flüchtete sich anschließend in Alkoholexzesse und Affären, um den Erfolg zu verarbeiten. Zuletzt nahm sie an der Fernsehshow „Dancing with the Stars“ teil, veröffentlichte ein Buch und heiratete zum dritten Mal. (Mit Material von dapd und ZDF)