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Warum die Menschen auf Ikaria so alt wie nirgendwo sonst in Europa werden

Auf Ikaria werden die Menschen so alt wie nirgendwo sonst

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Foto: Getty Images
Auf der griechischen Ägäisinsel Ikaria werden die Menschen so alt wie sonst nirgendwo in Europa. Ein Athener Arzt will herausfinden, warum das so ist. Wenig Stress, viel Bewegung, eine gesunde Ernährung und viel Sex könnten wichtige Gründe sein, glaubt der Kardiologe Christodoulos Stefanidis.

Athen. 

Tiefe Schluchten und hohe Berge, überwiegend karges Land, abgesehen von kleinen fruchtbaren Küstenebenen: Die rund 8500 Einwohner der kleinen griechischen Ägäisinsel Ikaria haben kein leichtes Leben. Aber ein besonders langes. Der Anteil der über 90-Jährigen ist hier zehnmal so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Selbst ein 100. Geburtstag ist auf Ikaria kein besonderes Ereignis. Krebs, Herzinfarkte und Demenz sind dagegen viel seltener anzutreffen als im Rest Europas.

Einer der Wissenschaftler, die klären wollen, warum die Menschen auf Ikaria so alt werden, ist Christodoulos Stefanidis, Direktor der Kardiologischen Abteilung im Athener Hippokrates-Hospital. Stefanidis glaubt, die Langlebigkeit auf das Zusammenspiel zahlreicher Ursachen zurückführen zu können: viel Bewegung, wenig Stress, gesunde Ernährung „und viel Sex“. Der Mediziner befragte 284 Männer im Alter von 65 bis 99. Acht von zehn gaben an, regelmäßig sexuell aktiv zu sein.

Die meisten gönnen sich ein Mittagsschläfchen

Aber dies ist wohl nur ein Faktor von vielen. Die bergige Insel fordert ihren Bewohnern bis ins hohe Alter viel Bewegung ab. Massentourismus gibt es hier nicht. Deshalb haben sich Traditionen erhalten, die andernorts längst verdrängt wurden. Dazu gehört eine ausgewogene Ernährung: wenig Fleisch, dafür viel Hülsenfrüchte, Wildgemüse, Früchte, Kräuter, Fisch, Oliven, Ziegenmilch und Schafskäse.

Ernährungswissenschaftler haben auf Ikaria Dutzende von Kräutern entdeckt, aus denen die Bewohner Tees zubereiten, die einen sehr hohen Anteil an Antioxidantien enthalten und so Stress entgegenwirken. Stefanidis verweist auf drei Faktoren, denen viele Insulaner ihr langes Leben verdanken: dem hohen Konsum des traditionell aufgebrühten griechischen Kaffees, der Herzkrankheiten entgegenwirke, dem Mittagsschläfchen, das sich die meisten gönnen, und den zwei Gläsern Rotwein, die sie abends genießen.

Am besten in guter Gesellschaft, sagt der Arzt. Denn zu den lebensverlängernden Traditionen gehören nach Überzeugung der Wissenschaftler auch die sozialen Strukturen.