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Wohnen über den Dächern der Mülheimer Innenstadt

Wohnen über den Dächern der Mülheimer Innenstadt

Tom Chaiyan hat eine Eigentumswohnung im 18. Stockwerk des Forum Towers. „Ich liebe dieses Haus“, sagt der 57-Jährige, der niemehr ausziehen möchte.

Mülheim. 

„Ich möchte hier nur raus in Eiche, mit den Füßen voran!“ Tom Chaiyan ist gerade einmal 57 Jahre alt – und weiß doch schon, wo er alt werden, wo er seinen Lebensabend verbringen will: Hoch über der Stadt, in der 18. Etage des Forum Towers, ist Chaiyan zu Hause. Das sei hervorragend so. Und das solle auch so bleiben, lässt der Wohneigentümer den Blick von seinem Balkon aus schweifen vom Styrumer Aquarius im Norden über die Camera Obscura, den Speldorfer Fernmeldeturm bis hin zur Düsseldorfer Skyline. Kann es was Schöneres geben?

500 Bewohner in 242 Wohnungen

Chaiyan hat sich geärgert, als er in einem Zeitungsbericht zur Zukunft des sozialen Wohnungsbaus in Mülheim ein Bild der Wohntürme am Hans-Böckler-Platz sah. Nur in den zwei SWB-Türmen Richtung Tourainer Ring gibt es Sozialwohnungen. Die zwei Hochhäuser gen Stadtmitte sind in Hand von Eigentümergemeinschaften. Dort, wo Chaiyan seit 1993 eine Eigentumswohnung besitzt, leben rund 500 Bewohner – in 242 Wohnungen, auf 22 Etagen. Chaiyan ist die gute Seele im Haus, seit mehr als 20 Jahren ist er dort als Facilitymanager, wie Hausmeister heute heißen, beschäftigt, Wohnung und Hausmeisterbüro trennen nur 16 Geschossdecken. Acht Stunden täglich dauert der Dienst, die übrigen 16 Stunden ist Bereitschaft.

Die Hochhäuser sind längst zur stadtbildprägenden Marke geworden. Sie spiegeln den großstädtischen Anspruch der Stadt in den 1960er/70er Jahren, als Wohnen auf hochverdichtetem Raum als das Nonplusultra der Entwicklung wachsender Städte galt. Der Sozialwohnungsbau von SWB am Hans-Böckler-Platz hat derweil eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Einst wegen seiner zentralen Lage und seiner „luxuriösen Ausstattung“ mit Schwimmbad, Sauna und Solarium in den Himmel gepriesen, zeigten sich schon in den 1980er-Jahren Tendenzen der Verwahrlosung. Einen Wohnturm rüstete die SWB zum Technischen Rathaus um, ihr Doppel-Hochhaus sanierte sie bis 2013 mit millionenschwerem Aufwand. Durch die Präsenz von SWB-Mitarbeitern im Haus, ein Conciergesystem, Videoüberwachung und die Polizeiwache sieht die SWB das Sicherheitsgefühl am Platze wieder deutlich gestärkt. SWB-Sprecherin Christina Heine spricht aktuell von Vollvermietung – „das ist wirklich kein Angstraum mehr“.

Wenn sich der Himmel rötlich einfärbt

Wenn diese Meinung in der Nachbarschaft auch heute nicht immer so geteilt wird: Es hat sich in den vergangenen Jahren einiges zum Positiven gewendet am Platz der Wohnkolosse. „Die Engelchen backen Plätzchen“, blickt Tom Chaiyan von seinem Balkon im Forum Tower am liebsten über die Ruhr Richtung Duisburger Schwerindustrie, wenn dort der Himmel sich rötlich einfärbt. Seit Ende der 1980er-Jahre wohnt er nun schon im Hochhaus, über die Zeit hat er einen großen Teil seiner Familie und tatsächlich alle seine engen Freunde von dem Wohnwert in luftiger Höhe überzeugen können. Zehn Wohnungen haben Familie und Freunde hier mittlerweile belegt. Sie kamen aus Düsseldorf, Schwalmtal oder gar aus Thailand. „Anonymität“, räumt Chaiyan mit einem Vorurteil gegen Wohnen im Hochhaus auf, „liegt nicht am Gebäude, sondern an den Menschen, die dort wohnen.“

Und im Forum Tower lasse sich prima leben. Alles sei so gut erreichbar, dass er seinen Toyota Corolla schon vor etlichen Jahren abgegeben habe. Das einzige, was ihm fehle, sei ein Kaufhaus in der Innenstadt. Vielleicht könne Woolworth im Forum ja diese Lücke schließen, wenn es „nicht zu ramschmäßig aufgemacht“ werde. Dann, so Chaiyan, sei wirklich alles perfekt.

„Ich liebe dieses Haus.“