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Spanischer Mädchenmord-Prozess: Wer tötete Asunta?

Spanischer Mädchenmord-Prozess: Wer tötete Asunta?

Ein Mann und eine Frau aus angesehenen Kreisen sind angeklagt, ihre gemeinsame Adoptivtochter getötet zu haben.

Santiago de Compostela. 

Der Prozess um den Tod der zwölfjährigen Asunta in der Pilgerstadt Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens sorgte wochenlang für Schlagzeilen. Die Geschworenen stehen nach Abschluss der Verhandlungen bei ihrem Urteilsspruch vor einer schweren Entscheidung. Die Vernehmung von mehr als 140 Zeugen und Sachverständigen ließ viele Fragen offen.

Die Leiche von Asunta war im September 2013 von Spaziergängern am Rande eines Feldwegs bei der Ortschaft Teo südlich von Santiago aufgefunden worden. Gerichtsmediziner stellten fest, dass das Mädchen mit einer großen Dosis eines Beruhigungsmittels betäubt und anschließend erstickt worden war, wahrscheinlich mit einem Kissen. Der Verdacht der Ermittler fiel rasch auf die Eltern, die das Kind im Alter von knapp einem Jahr in China adoptiert hatten. Die heute 46 Jahre alte Anwältin Rosario Porto und der Reise-Journalist Alfonso Basterra (51) hatten sich vor mehreren Jahren scheiden lassen und sich das Sorgerecht geteilt.

Der Prozess stieß in den spanischen Medien auf ein großes Interesse, weil die Angeklagten den oberen Schichten der Gesellschaft von Santiago zugerechnet wurden. Porto ist die Tochter eines angesehenen und reichen Juristen. Sie studierte in London und Paris und war längere Zeit Honorarkonsulin von Frankreich.

Nach der Anklage sollen die früheren Ehepartner die Tötung des Mädchens abgesprochen und gemeinsam organisiert haben. Der Staatsanwalt forderte für beide je 18 Jahre Haft. Die Angeklagten wiesen jede Schuld von sich. „Ich habe meine Tochter nicht getötet“, erklärte Porto, die während ihrer Vernehmung immer wieder in Tränen ausbrach. Ihr Ex-Mann sagte aus: „Wie hätte ich Asunta umbringen können? Sie war das, was ich am meisten liebte.“

Die Ex-Eheleute hüteten sich davor, sich gegenseitig zu belasten, und schilderten den früheren Partner als beispielhaften Vater und vorbildliche Mutter. Die Verteidigung forderte Freispruch für die Angeklagten. Sie hielt den Ermittlern vor, sich einseitig auf die Adoptiveltern als Verdächtige konzentriert und keine anderen Spuren verfolgt zu haben.

Die Anklage stützt sich auf eine Reihe von Indizien. Wirklich handfeste Beweise wurden nach Ansicht von Prozessbeobachtern nicht vorgelegt. Asunta, ein aufgewecktes Mädchen und eine exzellente Schülerin, war zwei Monate vor ihrem Tod zweimal in einem stark benommenen Zustand zum Klavierunterricht gekommen. Einer Schulfreundin soll sie anvertraut haben, dass man ihr daheim ein „übel schmeckendes Pülverchen“ ins Essen gegeben habe.

Medizinische Gutachter sagten aus, dass das Mädchen schon vor seinem Tod wiederholt Beruhigungsmittel verabreicht bekommen habe. Die Anklage wertete dies als Anzeichen, dass die Eltern die Tötung des Mädchens vorher „geprobt“ haben sollen. Die Angeklagten bestritten dagegen, dem Kind solche Medikamente gegeben zu haben.

Ein weiteres Indiz besteht in einem Stückchen Schnur, das neben der Leiche entdeckt worden war. Es gleicht der Schnur auf einer Rolle, die in einer Wohnung der Eltern gefunden wurde. Die Verteidigung wies darauf hin, dass Schnüre dieser Art in Galicien eine handelsübliche Ware seien.

Völlig mysteriös blieb das mögliche Tatmotiv. Während der Ermittlungen war ein Gerücht aufgekommen, wonach Asunta von ihren Großeltern ein großes Erbe übertragen bekommen haben soll. Zeitweise hieß es auch, in einem Computer des Vaters seien erotische Fotos des Mädchens entdeckt worden. Solche Spekulationen erwiesen sich jedoch rasch als unwahr.

Die einzige Erklärung der Anklage läuft darauf hinaus, dass Asunta den Eltern nach der Scheidung „im Weg“ gewesen sei. Der Anwalt der Mutter wies diese Hypothese zurück mit den Worten: „Asunta hatte nicht gestört, denn sie war ein Wunschkind. Und wenn sie gestört hätte, hätte die Mutter sie in eine Schule ins Ausland schicken können. Sie ist vermögend genug.“