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Schauspieler Matthias Habich fühlt sich „wie fünfundreißig“

Schauspieler Matthias Habich fühlt sich „wie fünfundreißig“

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Dreharbeiten ZDF Foto: Jakob Studnar
Matthias Habich (75) spielt in „Gewinnerlos“ (1.Mai, 20.15 Uhr, ARD) in einer Komödie übers Altern. Er hat mit dem Altern übrigens keine Probleme.

Essen. 

Die Zuschauer mögen den Mann mit dem Gesicht, das nach gelebtem Leben aussieht: Matthias Habich (75) steht seit Jahrzehnten für Qualitätsfernsehen. Habich hat alles gespielt, war Pfarrer, Psychopath, Familienvater und immer gefragt in der Intellektuellenrolle als Professor. Nun ist er einer der alten Herrschaften im „Gewinnerlos“ (1. Mai, ARD, 20.15 Uhr). Endlich mal ne Komödie, darauf hat er lange warten müssen, wie er im Gespräch erzählt.

Hallo Herr Habich, wo erwische ich Sie gerade?

Matthias Habich: Ich sitze am Lago di Maggiore.

Drehen Sie einen Film?

Habich: Nein, ich wohne hier.

Was sehen Sie gerade?

Habich: Ich sehe Kamelien, ich sehe Palmen.

Klingt nach blühender Landschaft. Wie kann ich jetzt mit Ihnen übers Alter reden?

Habich: Müssen wir nicht. Ich bin jung. Ich fühle mich nicht anders als mit fünfunddreißig.

Wirklich?

Habich: Ja, es ist so. Gut, eine kleine Einschränkung gibt es. Man denkt nicht von morgens bis abends an Sex. . . jetzt nur noch abends.

Jetzt hören Sie aber auf. Dass junge Männer nur an Sex denken, ist das nicht ein allerletztes Klischee?

Habich: Klischees müssen ja nicht falsch sein. Aber zu Ihrer Frage: Man denkt vielleicht nicht daran, man spürt es einfach.

Lassen Sie uns lieber über Ihren Film reden. „Gewinnerlos“ gilt als Liebeserklärung ans Alter. Kann man das so sagen?

Habich: Es ist eine kitschige Formulierung. In dem Film geht es um Menschen. Ganz einfach. Dass sie älter sind, ist reiner Zufall. Es tut eigentlich nichts zur Sache. Es ist ein Film zum Schmunzeln mit überraschenden Wendungen. Er gefällt mir.

Sie sind 75 Jahre alt. Aber „alt“, das hört sich ja nicht gut an. Man spricht dann schon mal gerne beschönigend vom „Charme des Alters“. . .

Habich: Worauf wollen Sie hinaus?

Nun, Sie sagen, Sie fühlen sich wie 35, aber man sieht doch. . .

Habich: Mein Gesicht ist mein Kapital! Ich bedaure aber sehr, dass viele Ihrer Kollegen gleich von „verwittertem Gesicht“ sprechen. Verwittert. Das ärgert mich schon.

Nun, Frauen würden vielleicht zu Botox greifen.

Habich: Furchtbar. Gut, bei einigen nicht. Aber ich lasse mein Gesicht doch nicht durch ein Nervengift ausbremsen.

Neulich habe ich Sie in einem Film gesehen, da waren Sie Liebhaber einer Frau, die etwa vierzig Jahre jünger war als Sie. Der Film hieß „Der letzte Moment“.

Habich: Ich wollte das gar nicht. Eigentlich interessiere ich mich nicht für jüngere Frauen. Ich habe andere Ansprüche an meine Partnerin. Ich fand das von Anfang nicht sehr glaubwürdig. Aber meine Kollegen schon. Hat es Sie denn überzeugt?

Um ehrlich zu sein: nicht ganz. Mir war der Altersunterschied zu groß.

Habich: Ah, da ist also Eifersucht der Zuschauerin im Spiel!

Jetzt werde ich rot. Wechseln wir das Thema. Wie legen Sie Ihre Rollen eigentlich an?

Habich: Ach was. Ich lege sie gar nicht an. Das klingt viel zu technisch. Ich spiele sie einfach. Ich gehe spazieren und spüre ihnen nach. Oft wochenlang.

Sie haben alles gespielt, die großen Theaterrollen, die Helden im Film. Was wünschen Sie sich jetzt?

Habich: Ich wünsche mir mehr Komödien. Das habe ich mir eigentlich schon immer gewünscht. Aber in der Wahrnehmung gibt es schon diese Schiene: „Problemdarsteller“. Nun, das „Gewinnerlos“ ist so eine herrliche humorige Komödie. Aber Humor ist sehr schwer. Ich habe neulich Drehbücher bekommen, voller Fäkalwitze, da lachen ja höchstens achtjährige Jungen drüber.

Hätten Sie gerne etwas anderes gemacht, als Schauspieler zu sein?

Habich: Niemals! Ich bin als Schauspieler auf die Welt gekommen. Man lebt ja ein wahnsinnig spannendes Leben. Ich habe die ganze Literatur durchgekaut, also wirklich verinnerlicht. Goethe, Schiller, Shakespeare und vor allem die Sprache Kleists. Ich reise und lerne die Welt kennen. Und dann der Moment am Set. Diese eine Minute, wo der Regisseur, der Kameramann, der Beleuchter dem Schauspieler zusehen – dieser Moment macht süchtig.