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Schauspieler Jochen Busse: „Ich habe alte Schule am Leib“

Schauspieler Jochen Busse: „Ich habe alte Schule am Leib“

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1491A400157EACB8.jpg Foto: dpa
Schauspieler Jochen Busse erzählt über seine vierte Ehe, was er mit Özil gemein hat und warum er immer noch mit Handkuss punkten kann.

Berlin. 

Jochen Busse kennt keinen Ruhestand. Schon das Wort bereitet ihm Unwohlsein. Der Schauspieler und Kabarettist („7 Tage, 7 Köpfe“) tritt auch mit 75 Jahren noch auf der Bühne auf. Zur Zeit spielt Busse die Hauptrolle in „Der Pantoffel-Panther“ in Berlin, wo er mit seiner 25 Jahre jüngeren vierten Ehefrau und deren Zwillingen wohnt. Im Gespräch mit Tina Molin erzählt Jochen Busse, warum seine ersten drei Ehen gescheitert sind, was er mit Mesut Özil gemeinsam hat und weshalb er sterben möchte wie Udo Jürgens.

Eine Premiere während der Fußball-Europameisterschaft. Ganz schön mutig. Oder sind Sie kein Fußballfan?

Jochen Busse: Ich bin durchaus fußballaffin, schließlich habe ich zwei zwölfjährige Jungs. Da muss ich schon mitgucken und etwas davon verstehen.

Sie sprechen von den Kindern Ihrer Lebensgefährtin?

Frau. Ich heirate immer meine Partnerinnen, da bin ich altmodisch. Aber ich bin insgesamt altmodisch.

Wie äußert sich das?

Ich habe die sogenannte alte Schule am Leib. Ich stehe auf, wenn eine Dame aufsteht oder an den Tisch kommt. Ich öffne die Tür, helfe in den Mantel. Ich sage zu fremden Damen „gnädige Frau“ und küsse Hände von verheirateten Frauen. Und das konsequent.

Wie sind die Reaktionen auf Ihre Galanterie?

Sie werden es nicht glauben, aber die Damen finden es großartig. Sie merken, dass es eine Reverenz ist, eine Art, Respekt zu zollen. Die jungen Männer merken übrigens, dass da etwas ankommt, was sie nicht draufhaben, und bemühen sich ebenfalls.

Hat Ihr 21-jähriger Sohn das Gentleman-Gen geerbt?

Nein, der ist ein ganz anderer Typ. Über zwei Meter groß, verschlossen und er will Journalist werden.

Wollte Ihr Sohn denn nie auf die Bühne?

Nein. Er hat als Kind geweint, wenn mich im Zug jemand erkannt hat. Das mochte er nicht, wenn so eine Horde auf mich zugekommen ist. Er ist einfach ein zarter, sensibler Junge.

Sie haben vor neun Jahren noch einmal geheiratet. Zum vierten Mal.

Meine erste Frau war sehr ambitioniert, das war schwer zu vereinbaren. Die zweite Ehe ist daran gescheitert, dass meine Frau neben mir das Gefühl hatte, sie zählt nicht genug, und sich anderswo Bestätigung gesucht hat. Das dritte Mal, mit der Mutter meines Sohnes, war ich nicht fair genug zu sagen, dass es keine Liebe ist. Die alte Schule: Wer ein Kind in die Welt setzt, kommt dafür auf. Das habe ich gemacht, sogar ein Häuschen im Grünen gekauft – und alles war falsch. Den Jungen habe ich dadurch auch nicht mehr. Er ist mir sukzessive entglitten.

In „Der Pantoffel-Panther“ spielen Sie einen Mann, der die Pleite seiner Firma vor seiner Frau verheimlicht. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Rollen heute aus?

Man muss die Qualität erhalten und Regeln haben: nicht den großen Erotiker. Das geht nur bis Mitte 50. Mit 75 glaubt einem keiner mehr, dass man bei jungen Mädchen ankommt. Außerdem denunziere ich nicht und gönne jedem Kollegen einen Lacher. Ich bin nicht Inge Meysel, ich möchte, dass jeder seinen großen Moment hat. Ich bin eher wie Mesut Özil. Ich mache die Vorlage, die anderen versenken.

Ist diese Entspanntheit mit dem Alter gekommen?

Nein, ich war immer schon der „Betriebspsychologe“. Auch beim Drehen mache ich immer gute Laune und lobe gerne. Ich übe auch mit den anderen, bis das Timing und die Pointe stimmen. Wenn es dann funktioniert, freue ich mich total.

Wollten Sie immer Schauspieler werden?

Immer. Ich kann auch nichts anderes. Ich habe in meinem Leben nie etwas gelernt – außer Text.

Sie haben schon einiges gespielt, Sexfilmchen eingeschlossen.

Dafür musste man damals jemand sein, ich hatte gerade den ZDF-Dreiteiler „11 Uhr 20“ mit Joachim Fuchsberger gedreht. Heute will ich nicht mehr jung sein. Mit einer „Tatort“-Kommissarin im Bett, was sie da heute alles zeigen muss, das hat es damals nicht gegeben.

Die damaligen Erotikfilme waren prüder als heutige „Tatorte“?

Total. Man durfte doch damals nicht mal ein Schamhaar sehen.

Denken Sie über Rente nach?

Nein, Theater kann ich immer machen und außerdem spiele ich in der RTL-Serie „Nicht totzukriegen“ mit.

Sie wollen auf der Bühne sterben?

Das arme Publikum! Auf der Bühne will ich auf gar keinen Fall sterben, aber kurz danach. So wie Fritz Muliar, der kam nach einem Theatererfolg nach Hause, ging ins Bett und war tot. Oder Udo Jürgens. Du gehst mit jemandem, den du lieb hast, spazieren, und dann ist es vorbei.

Denken Sie viel über den Tod nach?

Jeden Tag. Aber nie belastend. Ich könnte jederzeit abtreten. So lebe ich inzwischen.