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Regina Halmich kämpft mit Nackt-Aktion gegen Brustkrebs

Regina Halmich kämpft mit Nackt-Aktion gegen Brustkrebs

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Regina Halmich Foto: Marguerite Oelofse
Zwölf Jahre lang war sie Box-Weltmeisterin des Verbandes WIBF. Nach dem Ende ihrer Profikarriere hat Regina Halmich nicht die Hände in den Schoß gelegt. Die 36-jährige Karlsruherin engagiert sich, macht sich stark für Frauen und Kinder, denen Gewalt angetan wird – und jetzt für die Aufklärung über ein Frauen-Angst-Thema: Brustkrebs.

Karlsruhe. 

Sie ist gerade einmal 1,61 Meter groß, Gewichtsklasse Fliegengewicht. Eine zarte, blonde Frau, die anderen Frauen den Weg in den Boxsport ebnete. Zwölf Jahre lang war sie Box-Weltmeisterin des Verbandes WIBF – eine Königin im Ring. Nach dem Ende ihrer Profikarriere hat Regina Halmich nicht die Hände in den Schoß gelegt. Die heute 36-Jährige engagiert sich, macht sich stark für Frauen und Kinder, denen Gewalt angetan wird – und jetzt für die Aufklärung über ein Frauen-Angst-Thema: Brustkrebs.

Sie haben sich für den amerikanischen Bodypainting-Künstler Filippo Ioco ausgezogen. Er hat Sie bemalt, danach wurden Sie für die Brustkrebs-Aufklärungskampagne Pink Ribbon Deutschland fotografiert. Sie haben sich aber auch schon mal für den Playboy ausgezogen.

Regina Halmich (lacht): Ja, das ist aber ein großer Unterschied! Brustkrebs ist ein sehr wichtiges Thema für Frauen. Ich habe eine Freundin, die hatte schon zweimal Brustkrebs. Sie hat es Gott sei Dank überstanden. So etwas kann natürlich immer wiederkommen. Das sieht man ja am Fall der Sängerin Anastacia. Die Mutter meines Freundes ist an Krebs gestorben. Sie hatte Bauchspeicheldrüsen-Krebs. Wir haben sie in den letzten Monaten begleitet. Ein schlimmes Erlebnis, wenn man jemanden sieht, der stirbt, der Woche für Woche immer weniger wird. Es kommt so oft vor, dass ich in meinem Umfeld höre: Der hatte Krebs. Das ist für mich gefühlt die Volkskrankheit Nr.1.

Leider nehmen immer noch zu wenige Menschen an Krebs-Vorsorge-Untersuchungen teil.

Halmich: Das ist auch der Grund dafür, warum ich bei der Aktion von Pink Ribbon Deutschland „Hinfühlen statt Wegsehen“ mitmache. Wenn man bei Brustkrebs zur Früherkennung geht, kann man das Risiko wirklich stark minimieren. Deshalb habe ich mich noch einmal für das Bodypainting ausgezogen. Fotografiert wurde ich von der südafrikanischen Modefotografin Marguerite Oelofse zwei Tage lang in Berlin. Ich taste auf den Bildern auch meine Brust ab. Neben den Fotos wird erklärt, wie man beim Abtasten vorgehen sollte. Es ist wichtig, dass man da die Hemmschwelle überwindet und seinen Körper auch selbst kennenlernt. Um festzustellen, ob alles okay ist oder man da einen Knoten spürt. Denn viele Tumore werden auf diese Weise von Frauen selbst entdeckt. Die Fotos und die Erklärungen hierzu findet man im Internet. Es ist geplant, dass die Fotos und Erklärungen demnächst als Flyer in Frauenarzt-Praxen und Brustzentren ausliegen.

Gehen Sie regelmäßig zum Frauenarzt?

Halmich: Ja. Ich gehe auch regelmäßig zur Krebs-Vorsorge, schon seit Jahren.

War das Bodypainting einfach für Sie?

Halmich: Nein. Da habe ich ein paar Tage drüber nachgedacht. Denn es ist immer eine schmale Gratwanderung, wenn man sich auszieht. Ich wollte, dass das richtig rüberkommt. Ich wollte nicht, dass jemand sagt, die macht das jetzt, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Ich wusste, dass der Künstler, der mich bemalt, top ist, ebenso die Fotografin.

Sie engagieren sich auch für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit der Aktion „Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns“. Dafür sind Sie gerade ausgezeichnet worden.

Halmich: Der DOSB ruft seit 2008 Kampfsportvereine auf, Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen anzubieten. Die dort tätigen Trainer wissen, in welchen Situationen Frauen angegriffen werden, wer als Opfer infrage kommt. Da werden verschiedene Situationen geprobt, die Frauen im Alltag zustoßen können. Ihnen soll mit den angebotenen Kursen beigebracht werden, sich zu verteidigen. Die Kurse findet man auf der Internetseite des DOSB.

Sie setzten sich bei Projekten stark für Frauen ein.

Halmich: Ja, Frauen und Kinder. Ich fühle mich mit Frauen solidarisch. Es gibt Frauen, die nicht ganz so selbstbewusst sind wie ich. Ich glaube, es ist wichtig, auch Schwächere zu unterstützen. Frauen sind noch nicht überall gleichberechtigt. Außerdem sind sie Männern körperlich unterlegen. Bei der Aktion „Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns“ geht es hauptsächlich darum, darauf hinzuweisen. Die Hemmschwelle, in für sie gefährlichen Situationen auch zuzuschlagen, gibt es hauptsächlich bei Frauen. Das hat auch mit der Erziehung zu tun. Man hat gelernt, das darfst Du nicht, das tut man nicht als Mädchen. Frauen müssen diese Hemmschwellen bei Gefahr überwinden. Aber da ist es nicht mit einem Selbstverteidigungskurs getan. Das muss man ständig trainieren, um es im Zweifelsfall auch abrufen zu können. Nicht zuletzt macht die Ausstrahlung einer Frau viel aus. Ich habe festgestellt, dass Frauen, die regelmäßig Kampfsport machen, mit einer anderen Haltung durch die Straßen gehen und dann auch nicht so schnell Opfer werden.

Sie sind als Expertin auch für das Fitness-Unternehmen „Fitness First“ tätig, haben dafür auch mehrere Trainingsprogramme ausgearbeitet, die auch Teile des Trainingsprogramms des Boxsports enthalten.

Halmich: Ja. Es gibt kein vielseitigeres Ganzkörper-Training als den Boxsport.

Sie sind das Gesicht des weiblichen Boxsportes. Seit 2012 ist Frauen-Boxen eine olympische Disziplin. Sind Frauen als Boxerinnen beim Leistungssport heute genauso anerkannt wie Männer?

Halmich: Nein. Frauen-Boxen hat seine Daseinsberechtigung. Aber die Frauen werden da weiterhin kämpfen müssen um die Gleichstellung. Da gibt es leider immer noch Unterschiede. Mit dem Publikum gibt es da kein Problem. Die Leute schätzen Leistung, unterscheiden nicht zwischen Männlein und Weiblein. Das Publikum weiß, dass es gute und schlechte Kämpfe gibt. Aber Boxen war die letzte Männerbastion. Da sieht mancher Macho eine Frau nicht gerne.

Der Boxsport hat Ihnen eine Nasen-Operation bei einem Düsseldorfer Schönheitschirurgen beschert, zu der Sie aber stehen.

Halmich (lacht): Die Nase wurde vor zwei Jahren gemacht. Sie war zweimal gebrochen. Das sieht dann nicht mehr so toll aus. Ich wollte meine Nase zurück, so wie sie einmal war. Die OP dauerte sechs Stunden, das war nichts Einfaches. Der Arzt hat schon häufiger Boxer operiert. Eigentlich finde ich es sonst aber gut, wenn man in Würde altert und sich so nimmt, wie man ist.

Gibt es für Sie neue Projekte in diesem Jahr?

Halmich: Ich werde eine eigene Fitness-Kollektion bei Adidas machen. Es geht darum, dass auch die Box-Mode ein wenig chicer wird. Ich finde, es sollte auch noch chicere Box-Shorts, T-Shirts und Trainingsanzüge auch für Frauen geben.