Muslimische Eltern wehren sich gegen Kita-Erzieher, weil er Mann ist – und schwul
In einem Berliner Kindergarten protestieren Eltern gegen einen schwulen Erzieher
Das Misstrauen gegenüber schwulen Erziehern ist laut einer Studie ein generelles Problem
Der betroffene Erzieher lässt sich nicht unterkriegen – trotz des großen Widerstands
Berlin.
In einem Berliner Kindergarten protestieren muslimische Eltern gegen einen Erzieher, weil er ein Mann und darüber hinaus homosexuell ist. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, hätten die Eltern Probleme damit, dass der 36-Jährige sich um ihre Kinder kümmert. „Die kommen aus einer anderen Welt“, sagt die Geschäftsführerin der Kita dem Blatt.
Sie alle hätten einen muslimischen Hintergrund, stammen aus Ländern wie dem Iran oder Saudi-Arabien, in denen Homosexuelle aufgrund ihrer Sexualität ermordet oder gesteinigt werden. „Für einige von ihnen ist ein Homosexueller automatisch ein Kinderschänder“, sagt der betroffene Erzieher aus der Kita im Berliner Bezirk Reinickendorf.
Kinder mögen den schwulen Erzieher
Die Kinder selbst haben kein Problem mit ihm – im Gegenteil: Er sagt, die Kleinen würden sich sogar streiten, wenn es darum geht, wer seine Hand anfassen darf. Dass der 36-Jährige so gut bei ihnen ankommt, sei bereits bei seiner Hospitanz in der Einrichtung zu sehen gewesen, sagt die Geschäftsführerin, die anonym bleiben will.
Deshalb sei er auch eingestellt worden. „Die sexuelle Orientierung eines Menschen hat niemanden zu interessieren“, sagt sie. „Für mich zählt seine Arbeit.“ Die Eltern sehen das anders. Als sie erfuhren, dass ein Mann ihre Kinder künftig zur Toilette begleiten wird, sie wickeln, sie anziehen und sich um sie kümmern soll, hätten sie protestiert.
Eltern wollten Kita boykottieren
Dass er obendrein auch noch schwul ist, sei für sie überhaupt nicht zu akzeptieren gewesen. Laut „Tagesspiegel“ drohten sie damit, ihre Kinder nicht mehr in die Kita zu bringen, wollten Unterschriften gegen seine Einstellung sammeln. Doch die Chefin hatte ihre Entscheidung getroffen: Der schwule Erzieher kam. Die Eltern gingen samt ihrer Kinder.
Ein Mann als Erzieher? Viele Eltern haben schon damit ein Problem – ganz unabhängig davon, woher sie kommen. Dass er dann auch noch schwul ist, sorgt zusätzlich für Unbehagen, wie auch eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt. 80 Prozent der Befragten sprechen sich demnach zwar für die „Ehe für alle“ aus – ein schwuler Erzieher fänden dagegen etwa ein Viertel eher oder sehr unangenehm.
Erzieher sorgt sich um die Kinder
Die sorgenvollen Blicke der Eltern, das Gefühl, ständig überwacht zu werden – das kennt auch der 36-jähriger Erzieher aus der Kita in Reinickendorf nur allzu gut. „Wir können uns ja schon gar nicht mehr normal um die Kinder kümmern“, sagt er. „Wir nehmen denen die Chance, sich normal zu entwickeln.“ (bekö)