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Mit „Medcrimes“ startet wieder eine schwache RTL-Serie

Mit „Medcrimes“ startet wieder eine schwache RTL-Serie

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Foto: RTL
Mit „Medcrimes“ startet der Sender erneut eine schwache Serie – RTL steckt in der Krise. Erst musste er die Führung im Gesamtmarkt abgeben, dann schrumpften die Marktanteile beim wichtigen jüngeren Publikum. Serienpiloten wie „Mecrimes“ helfen dagegen nicht.

Köln. 

RTL steckt in der Krise. Der Marktführer wankt. Erst musste der Privatsender die Führung im Gesamtmarkt an öffentlich-rechtliche Mitbewerber abgeben, jetzt schrumpfen die Marktanteile auch beim jüngeren Publikum, das die Kölner im Hinblick auf die Werbewirtschaft für besonders wichtig halten. Die Krise hat Gründe. Dem Sender fällt bei Shows nichts mehr ein. Und auch die jüngsten Serien-Piloten offenbaren kreatives Elend. Ein bedrückendes Beispiel dafür: „Medcrimes“ (20.15 Uhr).

Der Wiener Polizist Alex Steiner (Simon Böer) jagt den Mann, der seinen Bruder Tommi (Julian Mau) über den Haufen schoss. Rita Bucher (Julia Maria Köhler) gibt bei Tommis Behandlung in zarten Ansätzen die weibliche Antwort auf „Dr. House“. Dennoch steht, dramatische Zuspitzung, Tommi schließlich vor dem Exitus – es sei denn, Alex spendet eine Niere. So weit, so gut.

Vorbild sind die Hochglanz-Serien des amerikanischen Fernsehens

Der 90-Minüter mixt Krimi-Plot und Klinik-Geschichte: Ganz so originell wie der englische Titel verspricht, ist die Idee nicht. Im deutschen Fernsehen gibt es schon länger einen Mix dieser Art: „Notruf Hafenkante“ läuft seit 2006 im Vorabend-Programm des ZDF.

Aber „Medcrimes“ hat nur die Grundidee entlehnt. Regisseur Peter Ladkani, der bisher vorwiegend für Kurzfilme verantwortlich zeichnete, sowie sein Drehbuch-Duo Maja und Wolfgang Brandstetter zielen mit ihrem Projekt in eine ganz andere Richtung: Ihr offenkundiges Vorbild sind die Hochglanz-Serien des amerikanischen Fernsehens. Tatsächlich hat die Produktionsgesellschaft Mona Film für die deutsch-österreichische Koproduktion Aufwand getrieben, um den Schauplatz Wien so cool wie eine US-Metropole zu inszenieren: Großstadt-Glitzern trifft bonbonbunte Pop-Art-Kultur.

Da liegt ein Drehbuch nahe, das mit dem groben Raster von Groschenromanen spielt. Aber wer sich darauf einlässt, muss dessen Regeln verstehen. Doch was die Brandstetters abliefern, sieht so aus, so hätte ein chinesisches Computer-Programm eine amerikanische Bedienungsanleitung ins Deutsche übersetzt; das Drehbuch kommt einem spanisch vor.

Dass die eigentliche Krimi-Handlung handelsübliche Klischees schurkischer Osteuropäer aufwärmt – geschenkt. Auch geschenkt, dass sich das Beziehungsleben der Hauptfiguren überdeutlich und unterkomplex gestaltet.

Was nervt: Jede Menge handwerkliche Fehler

Was aber – je nach Stimmung des Betrachters – nervt oder unfreiwillig erheitert, sind jede Menge handwerkliche Fehler. So liefert der frisch operierte Held beim Showdown mit reichlich Handgemenge, Rolle rückwärts inklusive, eine neue Definition von Superheld, gespielt von einem Mimen, der seine Dialogsätze herunterspult wie ein automatischer Anrufbeantworter.

Es wäre eine Überraschung, wenn der krude Krimi beim Publikum ankommt. Wahrscheinlicher ist, dass sich dieses bedrückend dämliche Produkt in die Reihe anderer RTL-Flops einreiht – von „Der Mallorca-Detektiv“ bis zuletzt „Mantrailer“. Denn nur vordergründig hat RTL mit diesen Projekten Mut zu Neuem bewiesen. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich, dass das Scheitern der bisherigen Serien-Piloten beinahe programmiert war. Und zwar deshalb, weil RTL großes Kino mit den bescheidenen Mitteln des deutschen Fernsehens machen will.

Wer aber im Fernsehen Kino-Standard bieten will, muss für den englischsprachigen Markt produzieren. Dass das gelingen kann, hat zuletzt der weltweite Erfolg der Mafiaserien-Komödie „Lilyhammer“ bewiesen. Sie stammt aus Norwegen.