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Männer bleiben draußen! – Die Psycho-Tricks der Supermärkte

Männer bleiben draußen! – Die Psycho-Tricks der Supermärkte

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Bedarfsgerechtere Packungsgrößen helfen, Lebensmittel zu sparen. Foto: dpa/Archiv
Wenn wir einkaufen, liegt an der Kasse oft mehr im Wagen als auf unserer Liste stand. Aber warum? Wie Supermärkte uns dazu bringen, mehr zu kaufen.

Essen. 

„Milch, Essig, Klopapier“ stand auf dem Einkaufszettel. Trotzdem ist der Einkaufswagen am Ende viel voller als geplant. Schlimm ist das nicht – das meiste braucht man ja irgendwie irgendwann. Fragt sich nur: War es unsere eigene Willensentscheidung, spontan auch Handcreme, Marmelade und Spaghetti in den Wagen zu werfen? Oder wurde unser Wille manipuliert?

Die Erkenntnis ist bitter: Zig psychologische Tricks verführen uns im Supermarkt zum Kaufen – ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Wir zeigen Ihnen, wie uns Wegeführung, Bodenbelag und Regalaufbau unbewusst beeinflussen. Natürlich arbeitet ein Geschäft selten mit allen Tricks gleichzeitig, aber viele davon erkennen Sie beim nächsten Einkauf sicher wieder.

Geruch, Musik und billige Wurst – die fiesen Tricks der Supermärkte 

Eingang: Männer hetzen ihre Frauen durch den Laden. Wenn Frauen alleine einkaufen, bleiben sie viel länger und kaufen mehr. Also müssen Männer draußen bleiben! Mit billiger Bockwurst oder einem Pommeswagen werden sie vor dem Eingang abgefangen. In großen Märkten hat die Technikabteilung direkt hinter dem Eingang den gleichen Effekt.

Geruch: Wer leckeres Essen riecht, bekommt Appetit – und kauft mehr. Deshalb sind Bäcker oder „heiße Theken“ mit Schnitzeln, Frikadellen oder Leberkäse gern am Eingang postiert. Und (siehe erster Punkt) wegen der Männer…

Temperatur: Für einen Supermarkt sind 19 Grad perfekt. Das ist unsere Wohlfühltemperatur, wenn wir in Bewegung sind (etwas weniger als Zimmertemperatur). Ist es wärmer, geraten wir schnell ins Schwitzen – bei weniger frösteln viele und wollen raus.

Musik: Wenn im Supermarkt Musik läuft, wäre eine Taktfrequenz vom 72 bpm (beats per minute/Schläge pro Minute) perfekt. So schlägt unser Herz nämlich. Die Musik regt uns nicht auf und lullt uns nicht ein. In der Weinabteilung herrscht ein anderer Ton: Hier funktioniert gediegene Klassik am besten, kombiniert mit natürlichen Materialien und Fotos aus der Toskana.

Einkaufswagen: Ein leerer Wagen sieht komisch aus. Es ist uns unangenehm, wenn sich nur eine Handvoll Teile auf dem Gitterboden verliert. Die Tricks, um mehr zu verkaufen, sind simpel: Der Wagen ist groß. Die Fläche ist nach hinten abschüssig, damit Dosen und Melonen aus dem Sichtfeld an den Rand rollen und der Wagen leerer aussieht. Die Wagen rollen leichter, wenn sie voll beladen sind.

Einkaufskörbe: Davon gibt es nie genug. Oft ist der Stapel neben dem Eingang leer – mit dem Zurückräumen der Körbe von der Kasse zum Eingang haben es viele Läden nicht eilig. Und das hat einen Grund: Mit Korb kann man weniger kaufen, und das Schleppen ist so anstrengend, dass man schnell fertig werden möchte.

Wegeführung: Die allermeisten Supermärkte führen uns zuerst an der rechten Außenwand entlang. Vom Eingang bis zur Kasse geht es gegen den Uhrzeigersinn einmal rum. Der Umsatz in „linksdrehenden“ Läden ist laut Studien tatsächlich höher – man weiß aber nicht warum. Vermutlich liegt es daran, dass wir als Rechtshänder besser ins rechte Regal greifen können.

Obst: Die Obsttheke liegt in kleinen (!) Supermärkten direkt am Eingang. Dieser erste Eindruck vom Laden ist wichtig – und muss Vertrauen schaffen. Das geht am besten mit dem Gefühl von Frische. Die Auslage wird von Leuchten erhellt, die die Farben von Obst und Gemüse knalliger und frischer erscheinen lassen. Spiegel hinter/über den Auslagen erzeugen Weite. Ein unebener Bodenbelag und natürliche Materialien wie Holz, Jute oder Flechtwerk vermitteln dem Käufer das Gefühl, über den Wochenmarkt zu schlendern.

Verlangsamung: Damit Kunden nicht an den Quergängen vorbeihetzen, locken Angebotsständer am Regal-Ende. Ist der Blick einmal am Angebot vorbei in den Gang gefallen, kann man auch gleich mal reingehen und gucken…

Abkürzungen: Abkürzungen zwischen den Regalen sind in großen Läden eher versteckt. Hier sollen nicht die Kunden durch, sondern die Mitarbeiter.

Regale: Die Regale in den Gängen sind in drei Zonen aufgeteilt: Oben liegen Dinge, für die sich der mühsame Griff nach oben lohnt, weil man sie dringend braucht. In der Mitte liegen teurere Markenartikel, die sofort ins Auge fallen und mehr Gewinn bringen als das, was unten liegt – preiswerte Eigenmarken oder Billiges wie Zucker oder Mehl.

Angebotsständer: Zwischen den Regalen stehen manchmal Tische oder Ständer mit Angeboten. Praktisch: Weil sie nicht direkt neben dem Regal mit anderen Produkten der gleichen Kategorie stehen, ist kein direkter Preisvergleich möglich.

Milch: Milch braucht jeder. Deshalb steht die Kühltheke ganz hinten im Laden. Das verlängert den Weg der Kunden und führt sie an möglichst vielen Regalen und Grabbeltischen vorbei.

Neben der Milch: Wer die Milch in den Wagen gelegt hat und sich umdreht, um in den nächsten Gang zu eilen, kommt meist nicht weit: Angebotstische versperren den Weg. Darauf stapeln sich Produkte – und was in großen Haufen herumliegt, nehmen wir als Schnäppchen wahr. Zugreifen!

Kassen: Das Beste zum Schluss: die berühmt-berüchtigte Quengelzone. „Mama, darf ich noch Kaugummi?“ Nein. Doch. Nein. Doch. Wenn Erwachsene allein einkaufen funktioniert das übrigens auch – dann macht man es quengelfrei mit sich selbst aus – und greift trotzdem schnell zu. Quasi als Belohnung für den gelungenen Einkauf.