Starke Schauspieler, starke Gefühle, selbst das Wetter ist ehrlich. „Liebe am Fjord“ ist eine der stärksten Reihen der ARD, wenn es darum geht, zwischenmenschliche Beziehungen in Szene zu setzen. Und es macht Spaß, Christian Brückner, Hannelore Elsner und Hildegard Schmahl dabei zuzusehen.
München.
Der Titel „Liebe am Fjord“ sollte uns nicht in die Irre führen: Vom albernen Rührstück ist diese anspruchsvolle Serie so weit entfernt wie Goethe von Pilcher. Wie im Kammerspiel werden hier vielmehr Emotionen, Glück und Leid, Trauer und Jubel, vor malerischer, nie aufdringlicher Kulisse dramatisch verdichtet.
Das Erste hat viel Lob dafür kassiert, und auch das aktuelle Angebot bewegt sich auf gewohnt hohem Niveau. „Zwei Sommer“ läuft zum Auftakt des Doppelpacks am Freitag, 25. Oktober (20.15 Uhr, ARD).
Die Geschichte wird klug erzählt
Drei Personen, drei starke Schauspieler, mehr braucht es nicht, um eine wahre, schmerzvolle Geschichte klug zu erzählen. Johanna und Sigrun sind zwei Freundinnen, die sich seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Während Sigrun als Ärztin in der großen Stadt Karriere gemacht hat, ist Johanna nie vom Heimatdorf losgekommen. Die Ehe ist früh gescheitert, vom Sohn hat sie sich entfremdet. Und dann wird Sigrun pensioniert und kehrt zurück ins Dorf.
Mit dabei ist Erik, den sie erst vor kurzem geheiratet hat, ein kluger, charmanter, nobler Mann, den alle im Dorf gleich gerne haben. Die Drei unternehmen viel miteinander, Johanna und Erik lernen sich kennen, schätzen – und lieben. Es ist die große Stärke von Matthias Tiefenbacher, dem Regisseur, dass er diese unheilvolle Entwicklung nicht mit dem Hammer in die Handlung schlägt.
Die Liebe fällt nicht vom Himmel, das tut sie nur selten, sie wächst. Wenn man sich trifft, im Garten einen Kaffee trinkt, gemeinsam der Musik lauscht, sich beim Picknick Gedichte vorliest. Vorsicht Kitschgefahr! Doch stilsicher umkurvt das Ensemble alle Klippen.
Christian Brückner (Erik) ist eben doch mehr als die Stimme aller TV-Bierreklamen, Hildegard Schmahl (Sigrun) verliert Liebe und Freundschaft mit größter Wahrhaftigkeit, auch Hannelore Elsner (Johanna) verzichtet dankenswerterweise auf bedeutungsschwangeres Geraune.
Auch der zweite Teil mit Esther Schweins lohnt sich
Alles ordnet sich dem Haupterzählungsstrang unter, der Fischer Magnus, der vom Schmerz des Verlustes erzählt, die Kellnerin Berit, die Liebe auch außerhalb einer Ehe für möglich hält, und selbst das Wetter ist ehrlich. Oft ist es grau am Fjord, manchmal regnet es sogar, malerisch braucht nicht immer den blauen Himmel, und Liebe ist ja auch Leidenschaft, gar Lust, wie man hier in einer heißen Sexszene erlebt.
Ein wenig ängstlich fragt man sich, wie das wohl enden wird mit diesem Trio. Einer wird dran glauben müssen, in solch einer Verstrickung werden keine Gefangenen gemacht, und verzuckerte Kompromisse scheiden aus.
Auch das gelingt mühelos und weckt größte Erwartungen für Teil 7 der Reihe. „Sog der Gezeiten“ läuft am 1. November, 20.15 Uhr, im Ersten und präsentiert uns Esther Schweins als erfolgreiche Architektin in einer Geschichte, die weit mehr vom Tempo lebt und dennoch der gelassenen Grundidee der „Liebe am Fjord“ treu bleibt.