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Lehrer verhängt Strafarbeit: Was erlaubt ist und was nicht

Lehrer verhängt Strafarbeit: Was erlaubt ist und was nicht

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1492080068A07081.jpg Foto: dpa
Nachsitzen mit Folgen: Ein Musiklehrer steht wegen Freiheitsberaubung in Neuss vor Gericht. Welche Rechte Lehrer und Eltern haben.

Neuss . 

Er soll seinen Schülern eine Strafarbeit aufgebrummt, den Ausgang des Klassenraums versperrt haben und schließlich handgreiflich gegen einen Schüler geworden sein: Ein Realschullehrer aus Kaarst (Nordrhein-Westfalen) steht seit Donnerstag wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung vor dem Amtsgericht Neuss. Der Pädagoge bestreitet die Vorwürfe.

Doch in welchem Maß dürfen Lehrer Strafen gegen Schüler verhängen? Was können Eltern tun, wenn sie die Sanktion für überzogen halten? Lehrer dürfen das Fehlverhalten von Schülern bestrafen, um ihrem Bildungsauftrag nachzukommen. Die Maßnahmen sind dabei im Schulgesetz geregelt und variieren von Bundesland zu Bundesland.

Schulgesetz regelt Disziplinierungsmaßnahmen

In Nordrhein-Westfalen beschreibt der Paragraf 53 so genannte „erzieherische Einwirkungen“ und „Ordnungsmaßnahmen“. Absatz 2 listet als mögliche Maßnahmen zum Beispiel Ermahnungen, Gruppengespräche, Briefe an die Eltern, den Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde, die zeitweise Wegnahme von Gegenständen oder eben auch Nacharbeit unter Aufsicht auf. Über letztere müssen aber zuvor die Eltern benachrichtigt werden.

Eltern können Widerspruch einlegen

Halten Eltern Reaktionen von Lehrern für ungerechtfertigt, können sie sich im ersten Schritt an die Schulleitung wenden und Beschwerde einlegen. Dann wird die Schulkonferenz darüber beraten.

Ist aus Sicht von Eltern eine Strafe des Lehrers für ihr Kind überzogen, können sie im zweiten Schritt Widerspruch beim Verwaltungsgericht dagegen einlegen. Das gilt etwa für Ordnungsmaßnahmen wie das Kehren des Schulhofes, die meist mit Vorlauf angekündigt werden. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung, das heißt die angedrohte Sanktion tritt erstmal nicht in Kraft. Richter müssen dann entscheiden, ob die Sanktion angemessen ist oder nicht.

Lehrer müssen Verhältnismäßigkeit wahren

Pädagogen sind zwar relativ frei in ihrer Wahl von Sanktionen, müssen bei allen Maßnahmen aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Beim Nachsitzen soll etwa die Zeitspanne von maximal zwei Stunden nicht überschritten werden. Längeres Nachsitzen gilt als unverhältnismäßig, wie ein Sprecher des Schulministeriums Nordrhein-Westfalens auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Einsperren, wie es im Fall in Kaarst in der Anklage heißt, dürfen Lehrer ihre Schüler aber nicht. „Arrest gibt es als Ordnungsmaßnahme nicht“, so der Sprecher. Das ist bundeslandübergreifend der Fall. Auch körperliche Strafen wie zum Beispiel eine Ohrfeige oder einen Schüler zu schubsen ist verboten.

Ein Lehrer darf einen Schüler auch nicht zur Strafe in die Ecke stellen oder ihn Kniebeugen machen lassen. Entwürdigende Maßnahmen sind nicht erlaubt.

Schlimmste Sanktion: Schulverweis

Lehrer müssen in jedem Einzelfall eigenverantwortlich entscheiden, für welche erzieherische Maßnahme sie sich bei Fehlverhalten von Schülern entscheiden. Nachsitzen gilt laut dem Sprecher des Schulministeriums als ein geeignetes Mittel, um Leistungsdefizite auszugleichen. Sie sollte thematisch so gestaltet werden, dass die Schüler während der Strafarbeit über ihr Fehlverhalten nachdenken können. „Die Maßnahme dient nicht dem Zweck, die Schüler büßen zu lassen“, sagte der Sprecher. Nur wenn erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen, kommen Ordnungsmaßnahmen in Betracht. Diese können schlimmstenfalls bis zum Schulverweis führen. (schrö/dpa)