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„Kluftinger“ Herbert Knaup findet, „der Dialekt verbindet“

„Kluftinger“ Herbert Knaup findet, „der Dialekt verbindet“

Mit Kult-Kommissar Kluftinger kehrt Herbert Knaup zurück in seine Jugend. Der Schauspieler wuchs im Allgäu dort – dort wo der ARD-Krimi spielt. Im Interview erinnert sich der 57-Jährige an seine WG in Sonthofen und Abenteuer in der Großstadt München. Zugleich weiß er, warum der Dialekt Menschen zusammenbringen kann.

München. 

Herbert Knaup

ist zum dritten Mal als Kult-Kommissar „Kluftinger“ (ARD, Donnerstag, 20.15 Uhr) zu sehen. Was den Allgäu-Krimi so glaubwürdig macht: der 57-jährige Schauspieler stammt aus der Region.

Sie sind nach dem Wehrdienst aus dem kleinen Sonthofen nach München. Galt bei Ihnen die Devise: Stadtluft macht frei?

Herbert Knaup: (lacht) Ja, das lag damals irgendwie bei mir an, raus aus diesem engen Alpen-Gefüge – obwohl ich eine schöne Jugendzeit hatte. Ich lebte damals in einer Art WG, ich durfte schon früh aus dem Elternhaus raus, mit 16. Meine Eltern mussten keinen Unterhalt mehr bezahlen, ich habe mir selbst was einfallen lassen, wie Geld verdienen kann. In dieser WG – es war eher eine Kommune – haben wir Musik gemacht, das war schon etwas freigeistig in der Hippie- Zeit. In dieser Zeit entstand bei mir auch die Idee, auf der Bühne etwas zu machen. Ich habe in München die Aufnahmeprüfung an der Otto- Falckenberg-Schule gemacht und bestanden – das war für mich der entscheidende Weg, den Beruf des Schauspielers zu ergreifen.

„Das war das erste Beziehungsabenteuer“

Wie fühlten sich die ersten Monate in München an?

Knaup: Ich hatte einen Vorteil, weil meine älteren Geschwister dort lebten; ich hatte eine Anlaufstelle, um eine eigene Wohnung zu suchen. Ich war damals mit meiner ersten Freundin zusammen, das war Ellen von Unwerth. Wir fanden zwei Zimmer, und das war ganz schön eng, unten war ein Orgelbauer. Aber es war die erste eigene Wohnung, und dann noch in der bayerischen Großstadt schlechthin, das war schön, das war das erste Beziehungsabenteuer.

Mit Kluftinger kehren Sie in die Region Ihrer Jugend zurück. Wie lange haben Sie gebraucht, um das Allgäu wieder zu lieben?

Knaup: Das geht schnell bei mir. Ich habe ja immer schon eine Verbindung zum Allgäu gehabt, bin dort verwurzelt. Es ist immer eine Art Heimkommen, ein Heimspiel, wo man mit der Sprache sofort umgehen kann. In jeden Windungen meines Körpers steckt das Allgäu, es wird wahrscheinlich von Generation zu Generation übertragen. Jedenfalls passiert es innerhalb von Sekunden, dass ich mich dort zurechtfinde. Ich kann mit diesem Menschenschlag umgehen, und ich schätze den Humor dieser Menschen sehr.

„Man ist vertrauter miteinander“

Hat der Dialekt eine emotionale Qualität?

Knaup: Ich kann mich auf alle Arten von Allgäuern einstellen. Man verfällt in den Dialekt, weil man merkt, der Andere versteht einen besser. Man taucht tiefer miteinander, und der Andere öffnet sich mehr. Der Dialekt verbindet. Er gibt dem Anderen das Gefühl, Mensch, der kommt vom gleichen Stamm. Man ist vertrauter miteinander, und man traut sich mehr. Gerade den Allgäuer, der eher ein Einigler ist, kann man durch den Dialekt aus sich herauslocken.

Sie sind jetzt zum dritten Mal als Kluftinger zu sehen. Wie hat sich Ihr Verhältnis zu ihm verändert?

Knaup: Ich verstehe ihn mehr und mehr. Ich spüre mehr, was Kluftinger eigentlich will. Das macht großen Spaß: dieses Grummelige, dieses Skeptische, dieser Jähzon, auch seine Vorurteile. Mir macht es Spaß, seine Qualitäten mehr und mehr aus mir herauszumeißeln.

Ich habe mir den Spaß gemacht und den Film auch mal im Schnelldurchlauf gesehen. Was mich überrascht hat: Kluftinger isst permanent. Ist das ein Gegenentwurf zu Ihnen?

Knaup: Absolut. Ich habe eine Hauptmahlzeit am Tag. Ich esse meistens mittags viel, abends esse ich kaum was, weil ich nicht mit schweren Magen schlafen, auch mein Gewicht halten und auch in Form bleiben will. Ja, bei Kluftinger ist das was anderes. Er definiert sich über die Nahrungsaufnahme, und er schützt sich auch damit. Durch sein Körpervolumen kann er Stress abhalten.

„Ich formuliere das, was mich stresst“

Wie gehen Sie mit Stress um?

Knaup: Ich baue Stress durch Bewegung ab – und durch Sprechen. Ich formuliere das, was mich stresst. Und wichtig ist auch für mich, die Aufgaben, die sich mir stellen, schnell zu lösen und umzusetzen. Von Reinfressen halte ich eher nichts. Ich lasse mich aber auch nicht stressen. Selbst wenn ich einen Berg von Aufgaben habe, sage ich immer: Ich kann es immer nur so machen, wie ich es machen kann. Im Alltag bin ich nicht perfektionistisch, bei den Rollen schon eher.

Müssen wir uns um Kluftinger Sorgen machen?

Knaup: Wieso?

Er wirkt wie ein Herzinfarkt- Kandidat.

Knaup: Ja, schon, aber er bewegt sich noch. Sie haben natürlich schon recht: Eigentlich müsste man für ihn ein Parcours entwickeln, damit er wenigstens ein paar Trainingseinheiten pro Tag hat. Kluftinger ist schon ein bisschen gefährdet, er steht kurz vor der Schnappatmung.

Haben Sie für Kluftinger eine eigene Körpersprache entwickelt?

Knaup: Ja, sie schießt mir so in den Körper rein. Der Gang, beispielsweise. Kluftinger erinnert mit seinem Hin und Her ein bisschen an Elefanten. Aber: Kluftinger hat trotzdem noch eine Körperlichkeit. Er hat noch eine Dynamik in sich, die 100 Meter kriegt er noch hin. Das ist immer gut für Überraschungsmomente. Kluftinger hat für mich etwas von einem Dachs, der auch behäbig wirkt, aber wenn drauf ankommt, sehr wuselig sein kann. Wenn er sich auf den Schlips getreten fühlt oder wenn Not am Mann hat, kann Kluftinger zupacken und durchgreifen.