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Kinderhilfe-Chef nicht verwundert über Missbrauchsverdacht an Charité

Kinderhilfe-Chef nicht verwundert über Missbrauchsverdacht an Charité

Der Vorsitzende des Vereins Deutsche Kinderhilfe, Georg Ehrmann, hat sich über den Missbrauchsverdacht gegen einen Pfleger der Berliner Charité nicht überrascht geäußert. Er gehe davon aus, dass es bundesweit noch viel mehr solcher Fälle gebe, sagte der Kinderhilfe-Chef am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd.

Berlin (dapd). Der Vorsitzende des Vereins Deutsche Kinderhilfe, Georg Ehrmann, hat sich über den Missbrauchsverdacht gegen einen Pfleger der Berliner Charité nicht überrascht geäußert. Er gehe davon aus, dass es bundesweit noch viel mehr solcher Fälle gebe, sagte der Kinderhilfe-Chef am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd. Zur Begründung verwies Ehrmann auf Expertenauffassungen, wonach zwei Prozent der männlichen Erwachsenen pädophile Neigungen haben und bevorzugt dort arbeiten, wo es Kinder gibt. Der Pfleger soll sich vergangene Woche an einer 16-Jährigen vergangen haben, die wegen einer akuten Erkrankung in der Rettungsstelle der Kinderklinik am Campus Virchow aufgenommen worden war.

In der von den Ereignissen am Canisius-Kolleg ins Rollen gebrachten Missbrauchsdebatte sei es vor allem um Kirche und Schulen gegangen. Aber auch in Kindertagesstätten, Sportverbänden, Freizeiteinrichtungen und eben Kliniken und Krankenhäusern gebe es die direkte Gefahr pädokrimineller Übergriffe, fügte Ehrmann hinzu. „Überall wo Kinder sind, muss besser hingesehen und aufgepasst werden“, forderte er.

Gesetzliche Regelungen gefordert

Zugleich kritisierte Ehrmann, dass es mehr als eine Woche gedauert habe, bis Ermittlungen in dem aktuellen Missbrauchsfall an der Charité eingeleitet worden seien. Nach Auffassung des Kinderhilfe-Chefs müsse es für Krankenhäuser, so wie von den Kirchen jüngst eingeführt, eine gesetzliche Verpflichtung geben, bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten. Sollte es zutreffen, dass der unter Verdacht stehende Pfleger bereits in der Vergangenheit aufgefallen sei, müsse sich die Charité jetzt „unangenehme Fragen gefallen lassen“, sagte Ehrmann.

Der Vereinschef sieht aber auch den Gesetzgeber in der Pflicht. An allen „Risiko-Orten“ für Kinder müsse es verbindliche Vorgaben zu ihrem Schutz geben. Als Beispiele nannte Ehrmann neben der Pflicht, das erweiterte Führungszeugnis abzufordern, das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, mit dem sichergestellt werden könne, dass ein Pfleger oder ein Betreuer Situationen wie jetzt in der Charité nicht ausnutzen kann.

dapd