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Jeanette Hain träumt noch heute von ihrer Jugendliebe

Jeanette Hain träumt noch heute von ihrer Jugendliebe

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Göttliche Funken _ ARD Foto: ARD Degeto/BR/Kerstin Stelter
Die Grimme-Preisträgerin gehört zur ersten Liga deutscher Schauspielerinnen. In dem ARD-Melodram „Göttliche Funken“ spielt die 45-Jährige eine Pfarrerin, die ihre Jugendliebe überraschend wieder sieht und starke Gefühle für ihn entwickelt. Die Figur, sagt sie, sei ein Teil von ihr.

Berlin. 

Jeanette Hain

(45) gehört zu den profiliertesten deutschen Schauspielerinnen. Die Grimme-Preisträgerin spielt in dem ARD-Melodram „Göttliche Funken“ (Freitag, 20.15 Uhr) eine Pfarrerin, die plötzlich ihre Jugendliebe wiedersieht. Jürgen Overkott sprach mit ihr.

Sie lassen „Göttliche Funken“ sprühen. Wie viele Nächte haben Sie gebraucht, um zu sagen, da mache ich mit?

Jeanette Hain: Dafür habe ich gar keine Nacht gebraucht. Bei den Castings war mir schon klar: Da ist eine wunderbare Regisseurin (Maria von Heland; Red.) dabei, und zwei wunderbare Kollegen, der Devid (Striesow), die Anna (Maria Mühe) und der Barry (Atsma). Wir haben uns da gefunden.

„Ich war sofort wieder 15“

Bei Ihnen ist der göttliche Funke sofort übergesprungen.

Jeanette Hain: Absolut. Liebe auf den ersten Blick.

Liebe auf den ersten Blick – kennen Sie das?

Jeanette Hain: Ja, bei meinen wenigen Lieben war das immer so. So etwas wie „jahrelang befreundet und dann plötzlich verliebt“ kenne ich nicht.

Sie treffen als Pfarrerin ihre erste Jugendliebe wieder. Mit welchen Gefühlen denken Sie an ihre eigene Jugendliebe zurück?

Jeanette Hain: Mit meiner ersten großen Liebe war ich fünf Jahre lang zusammen. Ich träume heute noch von ihm. Ich habe ihn kürzlich noch getroffen, und als ich ihn sah, war das eine unglaubliche Zeitreise. Ich war sofort wieder 15. Wir hatten uns aus den Augen verloren, aber es war eine wunderbare Zeit mit ihm, und die wohnt immer noch in mir und ist lebendig.

„Ich habe meinen ganz eigenen Glauben“

Was hat Sie an der Rolle besonders angesprochen?

Jeanette Hain: Das Wunderbare am Leben ist das Wachsen, das Sichverwurzeln. Eigene Wurzeln sind wichtig, damit man den Stürmen stand hält. Aber auch gemeinsame Wurzeln schlagen ist wichtig, in der Liebe, in der Familie. Für (meine Rolle) Lilli und (ihren Filmpartner) Matthias gilt, das war eine Liebesgeschichte, die noch nicht zu Ende erzählt ist. Wir wollen sie zu Ende erzählen und ihr auch den nötigen Raum geben. Und es ist auch wichtig, dass Lilli und Matthias das ihren (Ehe-)Partnern offenbaren. Das hat unglaublich viel mit dem Leben zu tun und mit der Liebe. Es ist gut, wenn man sich nicht versteckt. In der Freundschaft und in der Liebe ist es wichtig, ehrlich zu sein. Die Ehrlichkeit ermöglicht, die Fantasie und die Lust in der Partnerschaft wieder anzuregen. Der Film hat eine starke positive Aussage.

Das klingt sehr philosophisch…

Jeanette Hain: …fast wie eine Predigt. Die Regisseurin hat das Hohelied der Liebe (Korinther 1.13) mitgebracht. Und obwohl ich mit der Kirche nicht so viel anfangen, fand ich diese Worte inspirierend.

Hatte Ihre Familie mit Kirche nichts am Hut?

Jeanette Hain: Mein Vater nicht, meine Mutter war sehr katholisch. Ich habe aber für mich gemerkt, dass ich mit der Kirche nicht klar komme. Ich habe meinen ganz eigenen Glauben.

„Die Figur ist ein Teil von mir“

Welche Szene war für Sie am intensivsten?

Jeanette Hain: Der Moment im Treppenhaus, nachdem ich meinem Mann gestanden habe, dass ich mit Matthias ein Verhältnis habe. Und dann sind wir im Treppenhaus. Mein Mann fragt mich dann, ob ich Matthias liebe. Und in diesem Moment wird auch die unglaubliche Liebe meines Ehemanns spürbar, weil er sagt, es ist passiert, aber ich liebe dich trotzdem. Die Szene hat, vom Drehbuch her, von der Inszenierung, aber auch, wie mein Kollege spielt, eine unglaubliche, schöne Wucht.

Wirken Filmprojekte bei Ihnen über die letzte Klappe hinaus nach?

Jeanette Hain: Auf jeden Fall. Die Filme werden Teil von einem. Sie sind wie ein Zimmer, das im Seelen-Haus dazukommt. Das bleibt. Die Intensität der „Göttlichen Funken“ hat auch damit zu tun, dass die Regisseurin Maria von Heland sehr in die Tiefen geht. Deshalb ist der Film und deshalb ist auch die Figur ein Teil von mir.

Urlaub auf einer Verkehrsinsel

Sie haben betont, dass die Dreharbeiten sehr intensiv. Das klingt nach Lust, kann aber auch Last bedeuten. Brauchen Sie danach eine Erholungspause?

Jeanette Hain: Ich bin ein Mensch, der versucht, selbst auf einer Verkehrsinsel Urlaub zu machen.

Wenn Sie das schaffen: Kompliment!

Jeanette Hain: Ich versuche es wirklich. Weil ich es unglaublich liebe, im Moment zu sein. Die Hingabe an die Arbeit bedeutet ja auch, den Augenblick zu nutzen. Ich spüre aber auch, dass zum Auftanken die Natur brauche. Dann brauche ich auch richtig, richtig die Ruhe, meine Kinder und die Natur.

Sie gehen wandern.

Jeanette Hain: Ich habe ein ehemaliges Wirtshaus gekauft im Havelland. Das Haus und die Natur sind so richtig schön aus Zeit und Raum gekippt. Die Natur ist dort nicht wie in Bayern quadratzentimeterweise genutzt, sondern ist wie vor 100 Jahren. Sie hat etwas Poetisches. Man hört den Herzschlag von Jahrhunderten. Die Bäume fallen einfach um. Sterben und Wachsen liegen direkt neben einander. Das hat etwas von Unendlichkeit.